SHK-Systemtechnik

Wasserstoff in der Haustechnik? Technisch geht‘s.

Mittwoch, 05.06.2024

Das Bild zeigt einen Lehrsaal mit Dozenten.
Quelle: Kupferverband e.V.
Die RuhrUni Bochum hat sehr genau geforscht und untersucht, wie sich Kupferrohre (und andere Werkstoffe) unter H2-Einfluss verhalten. Das Ergebnis der Studie präsentierte Jens Jürgensen mit dem Ergebnis: Kupfer eignet sich.

Das Handwerk freut sich

Ganz besonders freuen kann sich über diese Botschaft das SHK-Handwerk, für das die Bedeutung der Wasserstoffintegration immer wichtiger werde, so Andreas Braun, Vertreter des Zentralverbands Sanitär Heizung Klima (ZVSHK): „Die Nutzung von Wasserstoff in der häuslichen Gasversorgung eröffnet dem Handwerk vielfältige Chancen. Wir stehen jedoch auch vor Herausforderungen, die es gemeinsam zu bewältigen gilt. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Industrie und Handwerk ist dabei entscheidend.“ Und eben das Wissen, das man augenscheinlich auch weiterhin auf die am Markt eingeführten Kupfer-Rohrleitungssysteme mit Gas-Zulassung setzen kann, wenn denn die entsprechenden Zulassungen für den Einsatz in H2-Netzen vorliegen.

Bislang ist in Deutschland nur eine Beimischung von zehn Prozent Wasserstoff im Erdgasnetz zugelassen. Eine Erhöhung auf 20 Prozent wird derzeit in verschiedenen Feldtests untersucht. Gas-Brennwertgeräte der neuesten Generation sind bereits heute dafür zertifiziert. Sogar eine Nutzung von 100 Prozent Wasserstoff für die Wärmeversorgung ist möglich: Erste darauf ausgelegte Heizgeräte befinden sich in der Testphase. Um diese Geräte einzusetzen, müssten jedoch Gasnetze für den Transport von reinem Wasserstoff freigegeben sein. Das ist aktuell nicht der Fall – die Katze beißt sich an dieser Stelle also selber in den Schwanz ... Oder um die Bildwelt der Tiere weiter zu strapazieren: Was kommt zuerst, die Henne oder das Ei?

Das Handwerk ist auf jeden Fall gerüstet. „Bei uns laufen bereits eine Vielzahl von Projekten zum Wasserstoffeinsatz. Eine Umrüstung auf Wasserstoff ist danach im Gasverteilnetz betriebssicher möglich. Eine Vielzahl weiterer, innovativer Projekte für klimaneutrale Wärme ist auf dem Weg,“ so Braun. „Damit die diesbezüglichen Maßnahmen der Gaswirtschaft, der Heizungsindustrie und des Fachhandwerks möglich sind, fordern wir von der Bundesregierung gleichwohl Rahmenbedingungen, welche die Nachfrage nach klimaneutralen Gasen unterstützen.“

Das Bild zeigt Andreas Braun vom ZVSHK.
Quelle: Kupferverband e.V.
Andreas Braun vom ZVSHK: „Aus Sicht des Handwerks stecken in dem Thema Wasserstoff in der häuslichen Gasversorgung gleichermaßen Chancen wie Herausfor­derungen!“

Wasserstoff funktioniert im Testbetrieb

Beim „H2-Mix Projekt“ in Erftstadt wurde von der GVG Rhein-Erft und Rheinische NETZGesellschaft (RNG) gemeinsam mit dem TÜV Rheinland bereits untersucht, ob und wie eine zumindest 20-prozentige H2-Beimischung in der Praxis als Energieträger zur Wärmeversorgung in bestehenden Gebäuden, also auch über vorhandene Verteilnetze funktioniert.

Mario Reimbold von der TÜV Rheinland Energy GmbH: „Alle beteiligten 100 Kundenanlagen sind mit der Wasserstoffbeimischung über zwei Heizperioden hinweg im vollautomatischen Betrieb einwandfrei gelaufen. Es hat weder Probleme bei der Verbrennung noch Undichtigkeiten in den Leitungen oder den Armaturen gegeben. Da Wasserstoff im Vergleich zu Erdgas rückstandslos verbrennt, haben sich außerdem die Abgaswerte (CO2, CO, NOx) der Kundenanlagen deutlich verbessert.“

Dennoch wurde das Projekt nicht fortgesetzt. Die Gründe: noch nicht wirtschaftlich und nicht wirklich klimaschonend, weil kein „grüner“ Wasserstoff zur Verfügung stand. Außerdem, so Reimbold, sei die Energiebilanz im Vergleich zur Wärmepumpe schlechter.

Das Bild zeigt ein Endgerät für die dezentrale Wärmeversorgung mit Wasserstoff.
Quelle: Eckhard Martin
Die Endgeräte für die dezentrale Wärmeversorgung mit Wasserstoff sind, zumindest in Testanlagen, schon da. Und auch die entsprechenden Instal­lationssysteme für die Versorgung, wie Kupfer-Rohrleitungen in Pressver­bindungstechnik.

Fazit

Der Einsatz von Wasserstoff als Energieträger ist in naher Zukunft eher unwahrscheinlich, da laut Bundesnetzagentur selbst eine Beimischung von Wasserstoff im Gasnetz im großen Stil nicht zu erwarten steht. Eine Prüfung oder Ertüchtigung der Gasnetze für den Wasserstofftransport in Wohngebieten steht damit aktuell nicht auf der Agenda. Sollte sich das ändern, haben aber zumindest die Kupfer-Leute ihre Hausaufgaben gemacht. Dr. Klaus Ockenfeld vom Kupferverband: „Einer von vielen Aspekten zur erfolgreichen Umsetzung der nationalen Wasserstoff-Strategie ist die Sicherstellung der Materialverträglichkeit entlang der gesamten Gas-Kontakt-Infrastruktur. Denn zur Beurteilung des Materialverhaltens unter Wasserstoffeinfluss ist es unumgänglich, die grundlegenden Mechanismen der Wasserstoffaufnahme, die Wirkung von Wasserstoff auf die mechanischen Eigenschaften sowie die dedizierte Wasserstoffanalyse und Wasserstoff spezifische Werkstoffprüfung zu verstehen und anzuwenden.“ Und genau das ist mit der aktuellen Studie erledigt. Jetzt bleibt nur noch abzuwarten, in welche Richtung sich der Energiemix der Zukunft fernab von Ideologien und regierungsbehörden-internen Influencern tatsächlich entwickelt – und wie bedeutsam dann die bereits vorhandenen, leitungsgebundene Versorgungsoptionen für Wasserstoff werden.

Von Eckhard Martin
Chefredaktion SanitärJournal

Sie haben eine Frage zu diesem Artikel? Dann stellen Sie der Redaktion hier Ihre Fachfrage!

Abonnieren Sie unseren Newsletter

Möchten Sie die aktuellen Artikel per E-Mail erhalten?

Einloggen

Login / Benutzername ungültig oder nicht bestätigt

Passwort vergessen?

Registrieren

Sie haben noch kein Konto?
Dann registrieren Sie sich jetzt kostenfrei!
Jetzt registrieren

 

Expertenfragen

„Frag‘ doch einfach mal – einen Experten!": Nach diesem Motto können Sie als Nutzer der TGA contentbase hier ganz unkompliziert Fachleute aus der Gebäudetechnik-Branche sowie die Redaktion der Fachzeitschriften HeizungsJournal, SanitärJournal, KlimaJournal, Integrale Planung und @work zu Ihren Praxisproblemen befragen.

Sie wollen unseren Experten eine Frage stellen und sind schon Nutzer der TGA contentbase?
Dann loggen Sie sich hier einfach ein!

Einloggen
Sie haben noch kein Konto?
Dann registrieren Sie sich jetzt kostenfrei!
Registrieren