Gute Werbung ist idealerweise emotional. Damit sie möglichst subtil und direkt auf das Unterbewusstsein der Zielgruppe trifft. Bei der „Generation Y“ also beispielsweise auf den Nestbau- und Familiengründungsreflex. Denn die Angehörigen der Kohorte befinden sich aktuell nun mal in dieser Lebensphase, und nicht wenige von ihnen wissen, wie eine gesunde work-life-balance aussieht. Also zwar schon berufliche Selbstverwirklichung (idealerweise für beide Partner übrigens!), aber gleichzeitig genug Freiraum für die Familie.
Das dachte sich wohl auch e-on. Der Energieversorger. Und textete in der Anzeige im Wirtschaftsteil der überregionalen Qualitätspresse zum entsprechenden Fotomotiv: „Mit gespeicherter Sonnenenergie die Gutenachtgeschichte vorlesen.“ Und verweist dazu auf seine Solarspeicher.
Wieviel Watt die altmodische Nachttischlampe (Bild 1) beim Gutenachtgeschichtevorlesen just durchnudelt, soll hier nicht das Thema sein. Sondern der irgendwie kaum zu unterdrückende gedankliche Nachsatz „Mit gespeicherter Sonnenenergie die Gutenachtgeschichte vorlesen – bevor aufgrund von zu viel Erneuerbaren Energien am Energiemix hierzulande endgültig die Lichter ausgehen…“. DAS hat e-on bestimmt nicht gemeint. Wirklich nicht. Und auch nicht gedacht!! Noch nicht mal heimlich.
Schließlich wusste e-on auch nicht, in was für einem Umfeld die Anzeige platziert wird (Bild 2). Denn die absolut auf die Kernaussage reduzierte Schlagzeile bezieht sich hier wirklich nur auf Noch-Yahoo-Chefin Marissa Mayer. Die sei nämlich, sagen die Autoren des Beitrags, auf ganzer Linie gescheitert. Als ehemalige Hoffnungsträgerin. Als sie dereinst von Google kam, die Lichtgestalt. Womit wir auch hier wieder beim Energiethema wären, und bei der Emotionalität…
Diese Emotionalität hatte es ja vor ein paar Wochen auch beim Discounter gegeben. Als Lidl ausgesprochen selbstbewusst auf dem Prospekt links die originale Fanta für richtig Flocken bewarb, und im direkten Preisvergleich die eigene gelbe Limo für deutlich billiger. Ich berichtete an dieser Stelle darüber.
Und jetzt – Überraschung: neutralisiert, nix mehr mit direktem Marken-, geschweige denn Preis-Vergleich (Bild 3). Da war wohl jemand an der Markenfront wenig amused über die überschaubare Kreativität der Discount-Werber.
Jetzt muss ich nur noch mal nachfassen, ob das „Victory- V“ mittlerweile auch an der Abholtheke unseres Sanitär-Fachgroßhandels wieder über die Eigen- oder No-Name-Produkte im Direktvergleich triumphiert. Denn vom Discounter lernen, heißt bekanntlich noch lange nicht unbedingt siegen lernen…