Rost- und Kalkablagerungen in Trinkwasserleitungen schädigen die Rohrstruktur auf Dauer und machen eine Instandsetzung notwendig.
Rohrsanierung besser als Austausch?
Montag, 22.03.2021
Ein Komplettaustausch inklusive aufgestemmter Wände ist jedoch eine erhebliche finanzielle Belastung für die Eigentümer und bedeutet wochenlange Einschränkungen für Mieter
Als Lösung, sagt die Risan GmbH aus Starnberg, „bietet sich deswegen die Innensanierung an, bei der das Rohr mit einem Luft-Sand-Gemisch freigeblasen und anschließend mit einer Kunststoffbeschichtung versiegelt wird.“ Eine bekannte und nicht neue, in der Fachwelt aber gleichermaßen umstrittene Methode. Und das hat, ein kleiner Exkurs, vor allem vier Gründe:
Zum einen dürfen gemäß Trinkwasserverordnung (TrinkwV) nur solche Werkstoffe in Kontakt mit Trinkwasser kommen, die auf ihre Unbedenklichkeit geprüft und dann entsprechend zertifiziert sind, beispielsweise vom Deutschen Verein des Gas- und Wassersfachs, also des DVGW. Man erinnere sich nur an die langwierigen Bemühungen, bis es in Deutschland und Österreich die ersten Zulassungen für ein Mehrschichtverbundrohr mit hauchfeinem Edelstahl-Innenrohr gab, um Trinkwasser-Installationen werkstoffrein von der Rolle bis zur letzten Zapfstelle in Edelstahl ausführen zu können…
Zum zweiten, monieren Kritiker an der Rohrinnensanierung, ist das Prozedere zweifelhaft. Denn niemand könne garantieren oder nachweisen, dass die Innenbeschichtung im gesamten Rohrleitungsnetz in hinreichender Stärke ankommt. Ein typisches Beispiel dafür sind Stichleitungen mit endständiger Zapfstelle, bei denen selbst eine im Vergleich zur Innenbeschichtung simple thermische Desinfektion mit mehr als 70 °C Auslauftemperatur über mindestens drei Minuten Dauer nur mit sehr hohem (energetischen) Aufwand erzielt werden kann. Mit einem weitaus weniger viskosen Kunststoff, eingeblasen und verteilt per Druckluft, aber soll ein vergleichbarer Prozess – dann jedoch sogar radial gleichmäßig verteilend, auf Geraden wie in Bögen und T-Stücken – auf einmal im gesamten Rohrleitungsnetz möglich sein?
Als drittes Argument wird die zwangsläufige Verengung des Rohrquerschnitts ins Feld geführt. Die führt – ursprünglich bedarfsgerecht ausgelegt – zur Einschränkung beim Versorgungskomfort oder zumindest zu (unzulässig) hohen Fließgeschwindigkeiten.
Das vierte Argument gegen Rohrsanierungen in Trinkwasser-Installationen durch nachträgliche Innenbeschichtung betrifft schließlich die Langzeitstabilität der Maßnahme. Wie sicher verbindet sich dauerhaft das Beschichtungs- mit dem Rohrmaterial oder gibt es sehr schnell Abplatzungen, Krater oder Ablösungen, in und unter denen sich dann wohlfeil nesterweise Legionellen vermehren können?
Nur Fachbetrieb zugelassen
Fragen über Fragen. Und Fragen, die man bei der Risan GmbH natürlich kennt. Und die deswegen bei der Vorstellung „ihres“ Verfahrens auch explizit darauf verweist, dass „es bisher kaum explizite Rechtsgrundlagen gab, wie dieses Verfahren durchzuführen ist und wie das Beschichtungsmaterial beschaffen sein sollte. Um unsachgemäßen Sanierungen und Verunreinigungen des Trinkwassers durch ungeeignete Materialien vorzubeugen, ist die Rohrinnensanierung daher ab 2021 ausschließlich Fachbetrieben erlaubt, die die Vorgaben bezüglich Material und Verfahren der neuen gesetzlichen Bewertungsgrundlage des Umweltbundesamtes erfüllen.“
Die Risan GmbH jedoch habe diese Konformitätsbestätigung als bisher einziger Anbieter (Stand: Dez. 2020) bereits erhalten. Das Beschichtungsmaterial wurde von Risan speziell für den Einsatz in Trinkwasserrohren entwickelt, sodass gesundheitsschädliche Absonderungen ausgeschlossen sind. „In durchschnittlich 70 Prozent aller Wasserleitungen hat sich eine Rost- und Kalkschicht abgelagert, die die Rohrstruktur schädigt“, erklärt Thomas Moriggl, Geschäftsführer der Risan GmbH. Um den Komplettaustausch der Leitungen aufgrund der einleitend beschriebenen Begleitumstände zu vermeiden, biete sich „eine Instandsetzung der Leitung in Form einer Rohrinnensanierung mit Kunststoff an, denn die Kosten betragen oft gerade einmal die Hälfte eines kompletten Austausches. Jedoch gibt es zahlreiche Arten von Beschichtungsmaterialien mit unterschiedlicher Qualität – und nicht alle sind gesundheitlich unbedenklich. Hinzu kommt, dass die staatlichen Richtlinien bisher eher Empfehlungen gleichkamen. Dies verunsicherte die Branche genauso wie die betroffenen Endverbraucher“, so Moriggl weiter.
Neben der Materialqualität hänge das Resultat einer Rohrsanierung nämlich auch von der professionellen Einbringung des Materials in die Leitung ab. Daher setze die Risan GmbH bei ihrem System auf ein selbst entwickeltes Harz in Kombination mit erprobten Maschinen, die eine professionelle Sanierung innerhalb kürzester Zeit gewährleisten.
Spezielles Harz im Einsatz
Der wesentliche Unterschied beim Risan-System sei der Ausgangspunkt, so Thomas Moriggl: „Früher haben Rohrsanierer die Harzhersteller um ein Produkt für den Einsatz in Trinkwasserleitungen gebeten, das sich dann in der Praxis aber nicht hundertprozentig dafür eignete. Wir … haben gemeinsam mit Harzherstellern und den Zertifizierungsstellen ein Beschichtungsmaterial entwickelt, das speziell auf die Anforderungen an den Kontakt mit Trinkwasser optimiert ist.“ Die eigene Rezeptur sorge dabei für eine besonders leitungsverträgliche Mischung und garantiere Langzeitbeständigkeit auch bei hohen Wassertemperaturen.
Zu Beginn der Sanierung blasen die Techniker von Risan zuerst Heißluft durch das wasserfreie Leitungsnetz, damit die Ablagerungen im Rohr trocknen und porös werden. Im Anschluss werden die gelockerten Bestandteile mit einem speziellen Luft-Sand-Gemisch entgegen der Fließrichtung in die Heizzentrale des Gebäudes geblasen. Dort werden Sand und Ablagerungen abgesaugt. Regelmäßige Druckproben mit Luft sollen dabei sicherstellen, ob das Netz während und nach der Sandstrahlung (noch) dicht ist. Moriggl: „So können wir evtl. Leckstellen identifizieren, die sozusagen nur noch durch Rost zugedeckt sind und die wir bei der Reinigung freilegen.“
Wenn die Leitungen innen wieder sauber sind, wird das Harz im flüssigen Zustand durch die Leitung geblasen und mit Heißluft ausgehärtet. Dadurch sei das Rohrnetz auch langfristig vor neuen Ablagerungen und vor Korrosion geschützt. Durch die physikalisch bedingte gleichmäßige Ausbreitung der Luft nach allen Seiten werde die nahtlose und gleichmäßige Beschichtung sichergestellt. Unterschiedliche Gebäudegrößen vom Einfamilienhaus bis hin zum städtischen Krankenhaus könne Risan dank dieser flexiblen Technik problemlos sanieren, wirbt der Anbieter.
Konformitätsbescheinigung nach UBA
Zur Materialqualität des Kunststoffs stellt Risan abschließend fest: „Zum März 2019 wurde die bis dahin bestehende Beschichtungsleitlinie in ein Gesetz umgewandelt und angepasst. Dadurch legt das Umweltbundesamt (UBA) eine Bewertungsgrundlage fest, die ganz genau definiert, welche Eigenschaften und welche Grenzen in Bezug auf das Beschichtungsmaterial einzuhalten sind“, so Moriggl. Aktuell laufe die Übergangsfrist bis März 2021.
Ab dem Zeitpunkt dürfe dann kein Trinkwasserrohr mehr innenbeschichtet werden, ohne dass eine Konformitätsbestätigung gemäß Bewertungsgrundlage des UBA beim entsprechenden Betrieb vorliege: „Dank der bereits bestehenden hohen Qualitätskontrolle bei Risan erfüllte das Unternehmen … alle geforderten Standards und hat die Konformitätsbescheinigung für Trinkwasser gemäß KTW-BWGL des UBA frühzeitig erhalten. Wir sehen diese Entwicklung positiv, denn das bringt Rechtssicherheit in die Branche.“
Doch noch mal nachgefragt…
So weit, so gut im Text – aber da dem (Trinkwasser)Kundigen doch der eine oder andere Zweifel bleibt, hat die Redaktion ein paar Fragen zusammengestellt und beim Anbieter nochmals explizit nachgefasst:
Das Harz wird im flüssigen Zustand durch die Leitung geblasen und mit Heißluft ausgehärtet. Wie stellen sie eine gleichmäßige Verteilung und eine mit in etwa derselben thermischen Temperaturkurve ablaufende thermische Aushärtung dieses Harzes im gesamten Rohrleitungsnetz sicher?
„Die gleichmäßige Verteilung im Rohr erfolgt aufgrund der physikalisch gleichmäßigen Ausbreitung der Luft im Rohr. Die Luft breitet sich nach allen Seiten hin gleichmäßig aus. So können wir eine gleichmäßige und nahtlose Beschichtung garantieren. Die thermische Aushärtung wird mittels Thermometern an jeden Wasserauslass und am Ende des Steigstranges überwacht (Lufteintritts- und -austrittsstelle). So können die Lufttemperatur und evtl. Differenzen laufend überwacht und korrigiert werden.“
Wie stellen sie sicher, dass Installationskomponenten wie Strömungsteiler o.ä. nicht durch die Innenbeschichtung in Mitleidenschaft gezogen werden?
„Installationskomponenten wie Schieber, Schrägsitzventile und dergleichen werden nicht beschichtet. Diese werden mittels Bypass umgangen, um deren Funktion nicht zu beeinträchtigen. Je nach Material und Zustand werden diese Komponenten im Zuge der Sanierung erneuert, sprich ausgetauscht.“
Wie belastbar ist der eingesetzte Kunststoff im Hinblick auf regelmäßige chemische und/oder thermische Desinfektionen des Rohrleitungsnetzes?
„Das Risan-Beschichtungsmaterial ist für alle chemischen und thermischen Einsatzbereiche im Rahmen des ordnungsgemäßen Betreibens der Anlage bedenkenlos belastbar.“
Trinkwasser-Installationen sind in der Regel auf eine Nutzungsdauer von „50 Jahren + x“ ausgelegt. Welche Langzeitstabilität ordnen Sie einer derart innensanierten Trinkwasseranlage zu?
„Die Rohrinnensanierung für Trinkwasserleitungen mit Epoxidharz existiert seit 1985, also seit ca. 35 Jahren. Langzeitsimulationen bestätigen, dass die Innenbeschichtung durchaus eine Beständigkeit von mehreren Jahrzehnten hat, vorausgesetzt das Beschichtungsmaterial, sowie die Verarbeitung erfolgen fach- und zeitgemäß. Auf jeden Fall wird durch die Innenbeschichtung die Lebensdauer der Installation beträchtlich verlängert.“
Wie zuverlässig ist die Anhaftung des Kunststoffmaterials an der Rohrinnenwandung im Hinblick auf Haarrisse, beispielsweise durch Druckschläge oder Versprödung, und dem damit verbundenen Risiko der Bildung von Legionellen-Nestern?
„Haarrisse oder auch Nadelstichkorrosion werden durch die Innenbeschichtung versiegelt. Durch die glattere Oberfläche der Beschichtung wird zum einen die Fließgeschwindigkeit etwas erhöht, zum anderen können durch die gleichmäßige und vor allem nahtlose Beschichtung Legionellen-Nester unter Umständen vermindert werden.“
Der Anbieter
Die Risan GmbH ist nach eigenen Angaben spezialisiert auf die Rohrinnensanierung von Trinkwasserleitungen. Unter Einsatz moderner Technik und eines selbst entwickelten Beschichtungsmaterials werden marode Leitungen ohne großen Aufwand dauerhaft saniert und geschützt, heißt es. Das System eigne sich für jede Art von Liegenschaft; vom Einfamilienhaus über Wohnanlagen bis hin zu Krankenhäusern, Hotels, Schulen, Altersheimen und anderen öffentlichen oder gewerblichen Einrichtungen. Material und Verfahren entsprächen den Vorgaben des Umweltbundesamtes gemäß der neuen Bewertungsgrundlage mit Gültigkeit ab 2019. Risan saniere seit 1992 Trinkwasserleitungen in Deutschland, Österreich, Schweiz und Italien.
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