Die figawa fordert in einer Stellungnahme eine differenzierte Betrachtung von PFAS-Verbindungen im geplanten EU-weiten Verbot:
Mögliches PFAS-Verbot gefährdet Energie- und Wasserversorgung!
Mittwoch, 03.01.2024
„Als technisch-wissenschaftlicher Verband mit mehr als 275 Mitgliedsunternehmen, insbesondere Hersteller und Dienstleistungsanbieter aus den Bereichen Gas, Liquid Fuels und Wasser, evaluieren wir derzeit die Auswirkungen eines generellen Verbots von per- und polyfluorierten Alkylverbindungen (PFAS). Klar ist bereits zum jetzigen Zeitpunkt, dass die Auswirkungen eines uneingeschränkten PFAS-Verbots für die öffentliche, private und industrielle Verteilung von Trink- und Brauchwasser, für die Aufbereitung von Trinkwasser, Abwasser, Brauchwasser und Schwimmbeckenwasser sowie für die Wassermessung & -sensoringtechnologien für ganz Europa verheerend sind.
Grundsätzlich unterstützen wir die europäische Initiative zur Beschränkung der Verwendung von PFAS-haltigen Materialien und erkennen die ökologischen Probleme an, die sich durch den kaum kontrollierbaren und exzessiv zu nennenden Einsatz von PFAS bei Verbrauchsmaterialien für private Anwender (Outdoor-Kleidung etc.) oder Verpackungen und bei Anwendungen, bei denen es zu einer direkten Freisetzung in die Umwelt kommt (Feuerwehrschäume, Skiwachs, Schmiermittel etc.), ergeben.
Als Vertreter von professionellen Anwendungen mit höchsten Qualitätsanforderungen in kritischen Bereichen unserer Gesellschaft plädieren wir aber für einen angemessenen, ausgewogenen und risikobasierten Regulierungsansatz, der den Gesundheits- und Umweltschutz in der EU verbessert und nicht riskiert.
Im derzeitigen Verfahren fehlt daher aus unserer Sicht eine Differenzierung zwischen problematischen Verbindungen und den unkritischen Fluorpolymeren, die für die genannten Bereiche (teilw. Teil der kritischen Infrastruktur) unerlässlich sind.
Wir fordern deshalb eine Herausnahme von Fluorpolymeren für bestimmte Anwendungen aus dem gegenwärtigen Beschränkungsverfahren unter REACH oder eine befristete Ausnahmeregelung mit ausreichender Laufzeit für eine technologische Anpassung.
Im Namen unserer Mitgliedsunternehmen möchten wir im Folgenden Erkenntnisse und Argumente für eine Ausnahme der Fluorpolymere für die Verwendung in den genannten Bereichen vom generellen Verbot darstellen:
Fluorpolymere
Fluorpolymere sind Hochleistungskunststoffe, die sich durch hohe Temperatur- und Chemikalienbeständigkeit auszeichnen. Sie wirken reibungsvermindernd, dichtend, wasserabweisend und verhindern das Anhaften von Substanzen. Bespiele sind der am weitesten verbreitete Fluorkunststoff PTFE (Polytetrafluorethen, unter dem Handelsnamen „Teflon“ bekannt), FKM („Fluorkautschuk“) oder auch PVDF (Polyvinylidenfluorid).
Es existieren zahlreiche Konzepte, die die Freisetzung von gefährlichen PFAS-Stoffen in die Umwelt sicher verhindern. Dies betrifft die Verhinderung der Freisetzung bei der Produktion, die Rücknahme bei professionellen Anwendungen und die Minimierung des Einsatzes von PFAS-haltigen Materialien auf relevante Bereiche.
1. Öffentliche, private und industrielle Verteilung von Trink- und Brauchwasser
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Öffentliche sowie private und industrielle Wasserversorgungssysteme sind in der Regel für eine lange Lebensdauer (mindestens mehrere Jahrzehnte) ausgelegt und der Zugang für Wartung und Reparatur ist begrenzt (z. B. bei unterirdischen öffentlichen Wasserversorgungssystemen und Wandinstallationen). Daher müssen insbesondere Bauteile, die hohen mechanischen Anforderungen wie Gleiten oder Dichten genügen müssen, lange Zeit ohne Wartung störungsfrei funktionieren. Die inhärente Stabilität von Fluorpolymeren verhindert außerdem sicher, dass schädliche Stoffe in das Trinkwasser migrieren können.
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Beispiele für den Einsatz von Fluorpolymeren sind Wellendichtungen und O-Ringe, wie sie in Armaturen, Pumpen, Rohrleitungen und Wasserhähnen eingesetzt werden, um das Austreten von Wasser zu verhindern.
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Die üblicherweise verwendeten Werkstoffe für diese Bauteile sind Fluorpolymere wie zum Beispiel FKM, PTFE und PFA. Langfristig könnte die Verwendung von Ersatzprodukten nur in bestimmten Bereichen möglich sein, würde aber größere Konstruktionsänderungen erfordern. Die Versorgung mit Ersatz- und Wartungsteilen für bestehende, in Betrieb befindliche Netze ist möglicherweise nicht umsetzbar und kann zu einem teuren Austausch weit vor dem Ende der Lebensdauer führen.
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Die große Anzahl der betroffenen Netze mit dieser Technologie würde außerdem immense Investitionen erfordern. Insgesamt könnte dies die öffentliche und industrielle Wasserversorgung gefährden, und der Nutzen für die Umwelt ist marginal, da für Materialien, die mit Trinkwasser in Berührung kommen, bereits hohe Standards gelten.
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Die sichere und leckagefreie Versorgung mit Wasser ist von immenser Bedeutung. Die bekannten Technologien haben sich als energieeffizient und betriebssicher erwiesen, sind jedoch direkt auf die Verwendung von Fluorpolymeren angewiesen. Diese werden von professionellem Personal verwendet, demontiert und entsorgt.
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Beim Einsatz von hochreaktiven Desinfektions- und Oxidationsmitteln wie Chlor, Chlordioxid oder Ozon werden Fluorpolymere in Dichtungen, Schlauchleitungen, Auskleidungen oder als Werkstoff für weitere Komponenten mit hohen Anforderungen an die chemische Beständigkeit eingesetzt. Andere Werkstoffe werden durch die chemische Korrosion schnell angegriffen, und ein sicherer Betrieb von Desinfektions- und Oxidationsanlagen wäre derzeit ohne die Fluorpolymere kaum möglich. Aber auch bei physikalischen Verfahren wie der UV-Desinfektion oder Membranfiltration werden diese Hochleistungskunststoffe eingesetzt, da sie beständig gegen hochdosierte UV-Strahlung und im Falle der Membranen beispielsweise gegenüber aggressiven Abwässern sind.
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Während im Jahr 2015 insgesamt circa 52.000 t PFAS in der EU verbraucht wurden, so beläuft sich der geschätzte Jahresbedarf des gesamten Wasserdesinfektions- und Oxidationsbehandlungssektors inklusive Ersatzteile auf weniger als 5 t pro Jahr.
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Die Wasseraufbereitung schützt Mensch und Umwelt jeden Tag. Die bekannten Verfahren haben sich als energieeffizient und betriebssicher erwiesen, sind jedoch direkt auf die Verwendung von Fluorpolymeren angewiesen. Diese werden von professionellem Personal verwendet, demontiert und entsorgt.
3. Wassermessung & -sensoring
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Auch Mess- und Regelsysteme sind auf Fluorpolymere angewiesen. Die europaweit verwendeten Mengen für Komponenten wie ionenspezifische Membranen oder Membranen in Sensoren machen zwar nur einige Dutzend Kilogramm pro Jahr aus, sind aber für die Spezifität dieser Technologie unerlässlich. Die Überwachung von öffentlichen, privaten und industriellen Wasserversorgungssystemen durch Sensoren ist für effiziente, sichere und zuverlässige Prozesse unerlässlich.
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Im Bereich der Sensoren werden sehr kleine Membranen verbaut, die für die Spezifität dieser Technologie unerlässlich sind.
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Insgesamt werden zwar nur einige Dutzend Kilogramm für die Mess-, Regel- und Sensoringtechnologien in Europa pro Jahr verbraucht. Die Überwachung von Desinfektion und Oxidation sowie der Verteilung ist für effiziente, sichere und zuverlässige Prozesse unerlässlich.
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Die Lieferung von Ersatz- und Wartungsteilen für bestehende, in Betrieb befindliche Anlagen der öffentlichen, privaten und industriellen Verteilung von Trink- und Brauchwasser, der Wasseraufbereitung sowie der Wassermessung und -sensoringtechnologien ist nach derzeitigem Kenntnisstand voraussichtlich nicht möglich und kann deshalb einen vollständigen Austausch von eigentlich makellosen Anlagen nötig machen. Die große Zahl der betroffenen Anlagen würde immense Kosten bei Industrie und öffentlicher Hand verursachen.
Gefährden würde dies insgesamt:
- die öffentliche, private und industrielle Wasserverteilung,
- die öffentliche Wasserversorgung,
- die Kläranlagen,
- die Wasseraufbereitung im industriellen Bereich,
- den Betrieb von Schwimmbädern.
Auch darf in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben, dass ein Ausfall dieser Technologien mit dem Verlust von mehreren tausend Arbeitsplätzen in einem mehrheitlich mittelständig geprägten Bereich verbunden wäre. Durch das Einstellen von Produktlinien, die auf eine Verwendung von Fluorpolymeren angewiesen sind, käme es zu einem beispiellosen Verlust von Knowhow im Bereich der vielfach gerühmten Umwelttechnologien in Deutschland.
Wir fordern daher die Herausnahme von Fluorpolymeren für bestimmte Anwendungen aus dem gegenwärtigen Beschränkungsverfahren unter REACH oder eine befristete Ausnahmeregelung mit ausreichender Laufzeit für eine technologische Anpassung.“
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