Die Wohnungsnot in deutschen Großstädten wird immer größer, der bezahlbare Wohnraum dafür immer kleiner. Lösungen müssen her. Eine denkbare Maßnahme ist der Einsatz von Kleinhebeanlagen. Durch sie lässt sich zusätzlicher Wohnraum schaffen – doch was ist beim Einbau zu beachten?
Mit Hebeanlagen zusätzlichen Wohnraum schaffen
Freitag, 17.07.2020
Für zusätzlichen Wohnraum werden immer häufiger Räume beispielsweise auch unterhalb der Entwässerungs- oder Rückstauebene umgebaut. Um die qualifiziert zu entwässern, sind aber Kleinhebeanlagen zwingend notwendig, die mit einer Förderhöhe von vier bis sieben Metern (je nach Dimension) das Schwarz- und Grauwasser zur nächstgelegenen Entwässerungsleitung transportieren (Abb. 1).
Im Hinblick auf die hohe Bedeutung, die der Betriebssicherheit solcher Anlagen zukommt, sollten im Vorfeld aber auf jeden Fall eine präzise Bedarfsermittlung sowie eine qualifizierte Auslegung der Kleinhebeanlagen stehen. Ob die Anlage selbst dann konventionell beispielsweise an das WC montiert oder in eine Vorwand integriert wird, ist eher nachrangig: Die Produktbreite umfasst mittlerweile sogar Keramik-WCs mit integrierter Hebeanlage oder Vorwandelemente mit Hebeanlagen (Abb. 2), die bis hin zur Verkleidung werksseitig bereits komplett vormontiert sind.
Vielseitige Einsatzmöglichkeiten
Die Wohnungsnot in Ballungszentren wie Hamburg, Berlin oder München ist zu einer zentralen Herausforderung für die Politik geworden. Ein wichtiger Lösungsansatz ist dabei die Nachverdichtung von Wohnraum, vor allem durch die Aufstockung von Gebäuden oder die Umwidmung von bislang anders genutzten Räumen im Tiefparterre oder Keller. Freizeitaktive Eigenheimbesitzer wiederum möchten vielleicht in diesen Räumen einen kleinen Wellnessbereich oder eine Bar einrichten, wenn beispielsweise nach der Heizungssanierung der ehemals für die Öltanks genutzte Raum frei wird.
So verschieden diese Anwendungen im Detail auch sind: In jedem Fall bleibt die Herausforderung, für Einrichtungen wie eine neue Küche oder ein zusätzliches Bad die entsprechende Entwässerung sicherzustellen. Als probate Problemlöser bei fehlendem Gefälle zu den bauseitigen Entwässerungsleitungen haben sich dafür Kleinhebeanlagen etabliert, die aufgrund ihrer Konstruktionsvielfalt mittlerweile alle gängigen Anwendungen abdecken. Die DIN EN 12050 „Abwasserhebeanlagen für die Gebäude- und Grundstücksentwässerung“ grenzt sie in Teil 3 dabei als „Hebeanlagen zur begrenzten Verwendung“ von Fäkalienhebeanlagen (DIN EN 12050, Teil 1) und Abwasserhebeanlagen für fäkalienfreies Abwasser (DIN EN 12050, Teil 2) ab – und weist so eindeutig auf die zielgerichtete Funktionalität solcher Anlagen hin. Aber wie definieren sich diese Einsatzgrenzen in der Praxis?
Kleinhebeanlagen richtig auswählen
Die DIN EN 12050-3 beschränkt den Einsatz von Kleinhebeanlagen auf einen Raum und auf die Entwässerung von maximal vier verschiedenen Sanitärobjekten: ein WC, ein Waschtisch, eine Dusche und ein Bidet (Abb. 3). Der Grund dafür liegt in der spezifischen Konstruktion der Kleinhebeanlagen, denn die integrierte Pumpe fördert das zulaufende Abwasser direkt ab. Ein Sammeln des Abwassers in einem Behälter oder Tank, wie bei einer Hebeanlage für die Hausentwässerung nach DIN EN 12050-1, findet also nicht statt. Daher dürfen an eine Fäkalien-Kleinhebeanlage zur begrenzten Verwendung weder eine Waschmaschine noch eine Badewanne mit deren vergleichsweise hohen, schwallartig einlaufenden Abwassermengen angeschlossen werden.
Auch Geschirrspüler und eine Küchenspüle dürfen gemäß DIN EN 12050-3 nicht über eine Anlage dieser Bauart entwässert werden, weil sie weder für hohe Zulaufmengen noch für Dauerbetrieb oder für hohe Wassertemperaturen ausgelegt sind. Für die Entwässerung von Grauwasser in Küchen und Hauswirtschaftsräumen sind stattdessen Schmutzwasserpumpen einzusetzen. Zu solchen Pumpen gibt es allerdings inzwischen eine vergleichsweise neue Alternative: universelle Kleinhebeanlagen wie die „Sanivite+“ (Hersteller: SFA Sanibroy), die für den erweiterten Einsatz zur Entwässerung von Küchenspülen und Spülmaschinen, Waschmaschinen und Badewannen ausgelegt sind.
Übrigens: Dass die DIN EN 12050-3 den Einsatz von Kleinhebeanlagen auf die Entwässerung von Sanitärobjekten in nur einem Raum beschränkt, hat ebenfalls gute Gründe. Die gleichzeitigen Zulaufmengen werden so bereits nutzungsbedingt limitiert. Außerdem wird ein eventueller Ausfall der Kleinhebeanlage, zum Beispiel durch Verstopfung, vom Nutzer unmittelbar registriert, so dass es zu keinem weiteren Zulauf kommt. Vielfach lassen sich Kleinhebeanlagen zusätzlich mit einem akustischen Alarmgeber bei Störungen ausstatten (Abb. 4).
Des Weiteren gibt die Norm vor, dass in der Wohneinheit dem Nutzer eine Ausweichmöglichkeit zur Verfügung stehen muss, wenn es zu einem Störfall der Anlage kommen sollte. Die Konsequenz: Hat der Mieter einer Wohnung nur ein WC zur Verfügung, darf es nicht über eine Kleinhebeanlage entwässert werden. Bei Störungen muss der Mieter auf ein anderes WC ausweichen können – eine Bestimmung, die in der Praxis oft außer Acht gelassen wird. Der Einsatzzweck von Kleinhebeanlagen zielt damit vornehmlich auf den Einbau eines Zweitbades oder eines Gäste-WCs ab, also Räume untergeordneter Nutzung.
Praxistipp: Im Gespräch mit dem Bauherrn ist vor der Installation einer Kleinhebeanlage festzustellen, welche und wie viele Sanitärobjekte entwässert werden sollen und ob nur Grauwasser oder auch Schwarzwasser anfällt. Von dieser Bedarfserfassung ausgehend, ist eine in Funktion und Leistung geeignete Kleinhebeanlage auszuwählen.
Kleinhebeanlage richtig positionieren
Kleinhebeanlagen sollten immer frei zugänglich sein. Zum einen, um mögliche Verstopfungen durch unsachgemäße Nutzung einfach beseitigen zu können. Zum anderen sind Kleinhebeanlagen, wie auch herkömmliche Hebeanlagen nach DIN EN 12056-4, in regelmäßigen Intervallen zu warten – am besten durch den entsprechend qualifizierten Fachhandwerker.
Wünscht der Bauherr, dass die Kleinhebeanlage zum Beispiel in einem hochwertig ausgestatteten Bad in einer Vorwand „versteckt“ wird, sollten nur dafür vorgesehene Bauarten installiert werden, die einen leichten Zugriff für Wartungsarbeiten erlauben. Hierzu gehören beispielsweise die Kleinhebeanlagen „Sanipack Pro UP“ und „Saniwall Pro UP“ von SFA Sanibroy. Eine entsprechende Revisionsöffnung ist in der Vorwand vorzusehen. Eine weitere Alternative dazu sind Kompakt-WCs mit integrierter Kleinhebeanlage (Abb. 5).
Der typische Anwendungsfall ist in der Praxis aber die Installation einer Kleinhebeanlage in unmittelbarer Verbindung zur WC-Keramik (Abb. 6). Bei der Entwässerung von Schwarzwasser muss diese Positionierung eingehalten werden, um das Versotten der Anlage zu verhindern. Ist die Leitungsstrecke zu lang, kommt ansonsten als erstes Abwasser mit wenig Feststoffen in der Kleinhebeanlage an. Der Pumpvorgang startet automatisch und fördert dieses Wasser aus dem Sammelbehälter heraus, während das Abwasser mit hohem Feststoffanteil die Fäkalienhebeanlage erst zeitverzögert erreicht. Es ist also keine hinreichende Durchmischung mehr möglich, Reste verbleiben in der Anlage und führen zur Verschlammung.
Von der Position der Kleinhebeanlage ausgehend, sind dann die Zuleitungen der weiteren Sanitärobjekte sowie die Druckleitung mit Anschluss an die Sammelleitung zu dimensionieren.
Praxistipp: Die Fäkalienhebelanlage sollte direkt, ohne Bögen, an das WC angeschlossen werden. Die maximale Rohrleitungstrecke beträgt 50 cm.
Rohrleitungen richtig auslegen und installieren
Wer ein zusätzliches Bad im Bestand plant, muss sich über die Dimensionierung der Fall- und Grundrohre in der Regel keine Gedanken machen. Ist die Gebäudeentwässerung regelkonform nach DIN 1986-4:2019-08 ausgelegt, kann darüber problemlos ein weiteres Bad entwässert werden.
Für den Zulauf von einem Waschtisch oder einer Dusche in die Kleinhebeanlage ist standardmäßig ein Rohr in DN 40 vorzusehen. Besondere Aufmerksamkeit verlangt hingegen der Anschluss der Kleinhebeanlage an die Sammel- oder Grundleitung (Abb. 7). Das geschieht über die sogenannte Druckleitung, durch die das Abwasser über das Höhenniveau der Rückstauebene gepumpt wird. Zu beachten ist bei der Auslegung und Installation von Druckleitungen:
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Mindestnennweite der Druckleitung gemäß DIN EN 12056-4, Tabelle 2, wählen – für Fäkalienhebeanlagen ohne Schneidwerk mindestens DN 80, bei Anlagen mit Schneidwerk mindestens DN 25 bis DN 32 – beziehungsweise die Herstellerangaben beachten,
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Rohrleitungssystem mit einer Druckfestigkeit des 1,5-fachen Pumpendrucks installieren,
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nur wenige Umlenkungen vorsehen, am besten keine Winkel, sondern Rohrbögen verwenden,
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keine Verbundrohrsysteme installieren, bei denen die Formstücke den Querschnitt reduzieren und
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die Druckleitung an die belüftete Freispiegelentwässerung nur mit Rückstauschleife anschließen.
Werden diese Punkte bei der Installation beachtet, wird zudem die Lebensdauer der Pumpenanlage deutlich verlängert.
Ein Absperrventil für Hebeanlagen zur begrenzten Verwendung ist bei Druckleitungen < DN 80 gemäß DIN EN 12050-3 zwar nicht erforderlich. Mit Blick auf die Wartung ist es jedoch empfehlenswert, Kleinhebeanlagen mit eingebautem Rückflussverhinderer auszuwählen und dahinter zusätzlich eine Absperrung der Druckleitung zu installieren. Übrigens: Fachhandwerker sollten den Bauherrn auf die notwendige Wartung der Kleinhebeanlage hinweisen und als Dienstleistung anbieten. Die meisten Hersteller verknüpfen außerdem ihre Garantie mit der Verpflichtung einer regelmäßigen Wartung.
Praxistipp: Zur Selbstreinigung der Druckleitung sollte die Fließgeschwindigkeit abhängig vom Rohrdurchmesser 0,7 m/s bis 2,5 m/s betragen. In der Regel geben die Hersteller den passenden Wert vor. Er basiert auf der manometrischen Förderhöhe, die mit Pumpen in Kleinhebeanlagen in der Regel bei 0,4 bar erreicht werden muss. Die manometrische Förderhöhe ist die Addition der geodätischen Höhe, die die Pumpe überwinden muss, und der Druckverluste der Rohrleitung.
Auf Qualität und Komfort achten
Aus Sicht der Nutzer ist die Geräuschentwicklung einer Kleinhebeanlage in Aktion ein wichtiges Komfortmerkmal. Ideal sind Werte unter 50 dB(A). Zum Vergleich: Die Geräuschemission eines Kühlschranks beträgt ungefähr 50 dB(A), Hintergrundgeräusche in einer ruhigen Wohnung entsprechen etwa 45 dB(A).
Damit die Feststoffe wirksam zerteilt werden, ist außerdem auf die Qualität des Schneidwerks zu achten. Insbesondere die Konstruktion der Messer und des Fangkorbes sind hier qualitätsentscheidend (Abb. 8). Unabhängig davon sind Entwässerungsanlagen gemäß DIN 1986-3 „Regeln für Betrieb und Wartung“ bestimmungsgemäß zu betreiben und die regionalen Abwassersatzungen zu beachten. Daraus folgt für den Betrieb: Das Einbringen von Fremdstoffen in das Abwassersystem – ob mit oder ohne Hebeanlage – ist generell zu vermeiden. Und für die Wartung gilt: Der Betreiber muss die Hebeanlage einer monatlichen Sichtkontrolle unterziehen und dabei die Funktion über zwei Schaltspiele hinweg prüfen.
Fazit:
Kleinhebeanlagen nach DIN EN 12050-3 sind zwar ausdrücklich nur „zur begrenzten Verwendung“ klassifiziert – aber in der Praxis oft die einzige Möglichkeit, um im Bestand schnell und wirtschaftlich zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Durch die Breite an Ausführungen gibt es dabei mittlerweile jedoch kaum mehr einen Anwendungsfall, der sich durch die anschlussfertigen Kompaktanlagen nicht mit überschaubarem Installationsaufwand lösen ließe. Vor der Auswahl der geeigneten Kleinhebeanlage sollte aber eine präzise Bedarfsermittlung gemeinsam mit dem Bauherrn stehen. Für den dauerhaft störungsfreien Betrieb ist außerdem eine regelmäßige Wartung zu empfehlen.
Praxistipp: Bei aller Qualität des Schneidwerks: Außer Fäkalien und Toilettenpapier dürfen keine anderen Feststoffe über das WC entsorgt werden. Besonders Hygieneartikel und Feuchttücher sind absolut tabu. Darauf sollte der Nutzer hingewiesen werden. In Gäste-WCs ist ein entsprechender Warnaufkleber, beispielsweise auf dem Spülkasten, zu empfehlen. Außerdem sollte die Spartaste am Spülkasten außer Betrieb genommen werden. Spülrandlose WCs mit kleinen Spülmengen sind nicht zu empfehlen.
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