Kupfer ist vor einigen Monaten als Werkstoff für den Einsatz in Trinkwasser-Installationen in die Schlagzeilen geraten: In Dorsten-Holsterhausen gab es in Altanlagen plötzlich Korrosionsfälle, die sich keiner so richtig erklären konnte (oder wollte). Dann folgte das Versorgungsgebiet Düsseldorf-Mettmann. Die Stadtwerke der närrischen Landesmetropole rieten dort vom Einsatz blanken Kupferrohres für neue Trinkwasser-Installationen ab. Grund genug, im Gespräch mit Fachleuten bei KME – als einem der größten Hersteller solcher Rohrleitungssysteme – das Thema mal grundlegend zu diskutieren…
Kupfer – universell und langzeitsicher für Trinkwasser-Installationen – Ein Gespräch bei KME
Dienstag, 07.11.2017
Der Hintergrund der für die Kupferrohr-Hersteller aktuell unseligsten Entwicklung im nordrhein-westfälischen: Mit dem Verweis auf das Minimierungsgebot in der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) wollten die Stadtwerke Düsseldorf die Zugabe von Phosphat und Silikat ins Trinkwasser einstellen. Der Inhibitor diente bislang der Verminderung möglicher Erosionen in den Leitungen des Trinkwassernetzes. „Eine Vielzahl von Untersuchungen brachte als Ergebnis, dass die Voraussetzungen im Rohwasser inzwischen kein zusätzliches Silikat mehr erfordern“, ist unter www.sanitaerjournal.de zu lesen. Das mag sein, mit dem augenscheinlich frisch erwachten Interesse am Minimierungsgebot. Für die bestehenden Kupferrohr-Installationen kommt das erfahrungsgemäß aber nicht wirklich gut. Denn eine veränderte Wasserzusammensetzung kann bekanntermaßen bei noch nicht oder nicht ausreichend ausgebildeter Deckschicht Korrosion auslösen – und damit zuerst ein kleines Loch, dann vielleicht mehrere und am Ende eben ein solides Problem wie (möglicherweise) in Dorsten-Holsterhausen. Nichts Genaues hört man da nicht; aber seit sich die Rohwasser-Qualität „rückverändert“ hat, gibt es auch keine neuen Schäden. Das Deutsche Kupferinstitut (DKI), in persona Geschäftsführer Dr. Klassert, äußert sich diplomatisch: „Die Anzahl der Schadensfälle ist nach Veränderung der Wasserbeschaffenheit wieder auf normal niedrigem Niveau. Die Ursachen für den temporären Anstieg bleiben bei einigen infrage kommenden Einflüssen weiterhin unklar.“
Wem die ganze Diskussion auf jeden Fall gehörig aufgestoßen ist, das sind sämtliche Hersteller von edlen Kupferrohren. Wie KME in Osnabrück, eine der führenden Marken auf dem heimischen Markt.
Herr Frank Dettmer (Anm. d. Red.: bei KME für das Objektgeschäft „Hausinstallationsrohre und -systeme“ verantwortlich), wie stellt sich die Marktsituation für KME vor dem Hintergrund der Ereignisse im Ruhrgebiet eigentlich generell dar?
Vorweg muss man erst einmal festhalten, dass Kupfer als Rohrwerkstoff eine sehr hohe Reputation hat. Es gibt auch heute noch kaum einen Fachhandwerker ohne Kupferfittings auf dem Werkstattwagen! Die Qualität des Werkstoffs und der daraus hergestellten Rohrleitungssysteme ist also gesetzt. Insofern machen uns eher die Preisschwankungen beim Werkstoff zu schaffen als die unerfreulichen, letztlich aber zugleich nur regionalen Ereignisse wie in Düsseldorf.
Volker Knost (KME-Verkaufsleiter Deutschland): Hinzu kommt, dass der Großhandel die Einfachheit und Klarheit der Kupfer-Rohrleitungssysteme schätzt. Sie sind durch den hohen Rohstoffpreis und nach wie vor hohen Marktanteil ein wichtiger Umsatzträger im Handel. Kupferrohre sind universell und gleichzeitig systemungebunden einsetzbar, was man von Rohrleitungssystemen aus anderen Werkstoffen nicht unbedingt sagen kann…
Trotzdem bleibt ja immer etwas hängen, beim installierenden Fachhandwerk oder verunsicherten Endkunden bzw. Investoren.
Dr. Dirk Rode (Technischer Leiter bei KME): Das stimmt sicherlich und nimmt uns in die Pflicht, noch intensiver als bisher neben den technischen beispielsweise auch die ökologischen Vorteile von Kupfer in der Hausinstallation darzustellen. Denn Fakt ist: Der Werkstoff ist in fast allen Gebäuden und Wässern völlig problemlos im Einsatz, einfach und sicher in der Verarbeitung – und darüber hinaus nach der Nutzungsdauer von 50 oder 100 und mehr Jahren auch absolut sortenrein wiederverwendbar. Das ist unter dem Aspekt der Ressourcenschonung absolut vorbildlich und von manch anderem Rohrwerkstoff definitiv nicht zu leisten! Dieser Gedanke muss nur noch viel stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt werden.
Wichtige Unterstützung bekommen wir dabei im Übrigen durch die Planungsmethode BIM (Building Information Modeling), die ein Bauprodukt über den gesamten Lebenszyklus hinweg betrachtet – und da ist Kupfer auf jeden Fall deutlich im Vorteil.
Das ist aber ja irgendwie „Zukunftsmusik“. Der Handwerker hingegen muss sich jedoch im Sinne seines Kunden im Hier und Jetzt für ein Rohrleitungssystem und einen Werkstoff entscheiden…
Dr. Rode: Das kann er auch ruhigen Gewissens und 100prozentig, denn von der Gewährleistungsvereinbarung mit dem ZVSHK über die unveränderlich guten Langzeiteigenschaften des Werkstoffs bis hin zur Geruchs- und Geschmacksneutralität spricht alles für Trinkwasser-Installationen aus Kupfer. Das unterstreicht nicht zuletzt der Blick in die so genannte UBA-Positivliste. Zur Dokumentation der Unbedenklichkeit von Kupfer in Kontakt mit Trinkwasser reicht da eine Seite völlig aus. Für die Beschreibung der Anforderungen an Kunst-stoff-Rohrleitungssysteme sind hingegen rund 40 Seiten in der KTW Leitlinie der UBA notwendig, mit unzähligen Hinweisen und Anforderungen. Einen besseren Qualitätsausweis gibt es eigentlich nicht.
Volker Knost: ...und ganz konkret aus der Praxis gesprochen muss bei Kupfer-Installationen auch kein Handwerker Schwierigkeiten bei der Erweiterung oder Reparatur von bestehenden Installationen befürchten. Gegebenenfalls wird noch gelötet, in der Regel aber gepresst – und unabhängig vom Alter oder den Umwelteinflüssen, denen sie ausgesetzt waren, passen die Kupferrohre zusammen. Bei anderen Werkstoffen ist das ganz und gar nicht selbstverständlich, denn da sind unterschiedlichste Systeme mit ihren Dimensionen und Werkstoffzusammensetzungen zu beachten. Insofern sollte sich bei der Erstinstallation niemand von der vermeintlich leichteren Verarbeitung blenden lassen, sondern eine Trinkwasser-Installation mit all ihren Einflüssen und Veränderungen immer auch in der Langzeitbetrachtung sehen.
Sie sprechen die leichtere Verarbeitbarkeit an – für mich verbunden mit dem Stichwort „Verlegung von der Rolle“; das gibt es aber mittlerweile ja auch in Kupfer…
Frank Dettmer: Das ist richtig, beispielsweise mit unserem Kunststoff ummantelten „Wicu“-Rohr in den Dimensionen 6 x 1,0 bis 22 x 1,0 mm. Dieses Rohr kommt auch gut im Markt an. Vom Grundsatz her ist aber Kupferrohr generell immer noch sehr konservativ besetzt; Innovationen setzen sich nur in sehr langen Zyklen durch. Das hat Vorteile, denn damit ist einerseits eine ausgesprochen belastbare Kontinuität in der Marktabdeckung gewährleistet. Andererseits müssen wir deswegen aber gleichzeitig die große Zahl der Nachfolger, die als zweite oder dritte Generation in den Handwerksunternehmen in die Verantwortung kommt, mehr denn je davon überzeugen, dass Kupfer nur wegen langer Innovationszyklen nicht gleich „old fashioned“ ist.
Meine Herren – einen herzlichen Dank für dieses ebenso offene wie informative Gespräch. Und viel Erfolg dabei, einem bewährten Werkstoff im Sinne langzeitsicherer, hygienisch einwandfreier Trinkwasser-Installationen auch in Zukunft seine Position im Wettbewerb zu sichern!
[Das Gespräch führte Eckhard Martin]
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