Rechtlich geforderte Probenahmen auf der Suche nach Legionellen sind überflüssig, Duschen mit aerosoler Vernebelung ist nicht riskant, und die Legionellen-Grenzwerte sind pure Willkür: Steht der SHK-Branche eine „Legionellen-Reformation“ ins Haus, wie sie aktuell Dr. Elisabeth Meyer, Gastärztin der Charité Berlin voranzutreiben scheint? Fakt ist: Die Probleme mit Legionellen treten ständig auf und nahezu überall. Gerne in Krankenhäusern, aktuell in einem in Mühlheim. Die genaue Quelle des aktuellen Legionellose-Ausbruchs dort ist aber noch unklar.
Kühne Thesen zur Legionellen-Prävention
Legionellose in Mülheimer Krankenhaus
Montag, 06.11.2017
Dass sich im Luther-Jahr (Möchtegern-)Reformatoren mit (steilen) Thesen aller Art versuchen, war zu erwarten. Was aber den erstaunten Leser der Fachpublikation Krankenhaushygiene up2date jüngst zum Thema Legionellose und deren Prävention erwartete, hat tatsächlich durchaus „reformatorische“ Brisanz. Die wichtigsten der dort von Dr. med. Elisabeth Meyer (Charité Berlin) formulierten Thesen lauten nämlich:
- Es gibt keine Korrelation zwischen Legionellen-Konzentration im (Trink-)Wasser und Infektionsrisiko.
- Von daher sei der Grenzwert von 100 KBE/100 ml Wasser nach Trinkwasserverordnung (TrinkwV) für technische Maßnahmen willkürlich und nicht zu begründen.
- Zudem gäbe es keine ausreichenden Hinweise, dass Duschen besonders riskant sei – wegen der dabei zu geringen Aerosol-Bildung.
- Und zu guter Letzt: Die von der TrinkwV geforderten regelmäßigen Probenahmen seien nicht nur überflüssig, sondern auch viel zu teuer. Alleine die geschätzten jährlichen Kosten für Untersuchungen und Befilterungen lägen in Deutschland bei 500 Millionen Euro.
Das SanitärJournal nimmt diese hochinteressanten Thesen noch genauer unter die Lupe. Lassen wir sie zunächst einmal einfach so stehen. Stattdessen: ein Fall aus der Praxis; nahezu zeitgleich.
Legionellose trotz regelmäßiger Beprobung
Nicht gänzlich überflüssig waren nämlich die regelmäßigen Probenahmen im Evangelischen Krankenhaus Mülheim. Das steht gerade wegen eines Legionellose-Ausbruchs Anfang September in den Schlagzeilen. Die routinemäßigen Untersuchungen im Februar/März des Jahres ergaben Überschreitungen der Maßnahmewerte mit einer Legionellen-Konzentration von 300 bzw. 500 KBE in den Häusern A und C des Klinikums. Nach einer thermischen Desinfektion waren die Werte wieder unauffällig. Die damaligen Proben im Haus B, in dem die aktuelle Legionellose ausbrach, waren gänzlich unauffällig, wie die Redaktion auf Nachfrage erfuhr.
Anfang September wurde aber bei einem Patienten mit verdächtigen Symptomen per Schnelltest Legionellose diagnostiziert. Insgesamt erkrankten 18 Patienten an der gefährlichen Lungenentzündung. 14 davon infizierten sich nachweislich nosokomial – also im Krankenhaus – mit den Erregern. Als Quelle unter Verdacht: die Trinkwasserinstallation in Haus B! Nach der genauen Ausbruchsquelle wird noch gesucht.
Vier der Erkrankten verstarben. Ob tatsächlich an Legionellose, lässt sich nicht mehr klären – die Verstorbenen wurden zwischenzeitlich eingeäschert. Als Sofortmaßnahme ließ die Krankenhaus-Leitung aber im gesamten Komplex Duschfilter nachrüsten, im Haus B zusätzlich endständige Wasserhahnfilter. Die monatlichen Kosten dafür liegen bei rund 60.000 Euro.
Seitdem ist die Inkubationszeit für Legionellose verstrichen. Da weitere Erkrankungen nicht mehr auftraten, ist die Infektionsquelle wohl (erstmal) eingedämmt. Sowohl Krankenhaus als auch Gesundheitsamt sehen den Ausbruch als beendet an. Ende gut – alles gut? Das SanitärJournal wird weiter berichten – über interessante Details und offene Fragen…