Vertragsverletzung! Der EuGH entscheidet: die Mindest- und Höchstsätze der Honorar- und Gebührenordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) sind mit EU-Recht nicht vereinbar!
HOAI mit EU-Recht nicht vereinbar!
Europäischer Gerichtshof kippt verbindliche Sätze
Donnerstag, 04.07.2019
Nach Auffassung des höchsten Europäischen Gerichts verstoßen die HOAI gegen die Dienstleistungsrichtlinie und die Niederlassungsfreiheit in den Mitgliedsstaaten der EU. Die Bundesregierung ist nun aufgefordert, die Sätze unverzüglich anzupassen und die Pflicht zur Beachtung verbindlicher Mindest- und Höchstsätze abzuschaffen. Keine Partei eines nach dem EuGH-Urteil geschlossenen Planungsvertrages kann sich nunmehr noch auf die HOAI berufen, um eine Unter- oder Überschreitung des Honorarrahmens einzufordern.
Jörg Thiele, Präsident des VBI, äußert sich enttäuscht über diese Entscheidung. Den inhaltsstarken Argumenten der Bundesregierung sei kaum Beachtung geschenkt worden, sondern vielmehr sei man den ungeschminkt marktliberalen Ausführungen im Schlussantrag des Generalanwalts gefolgt. Präsident Thiele ist kein Fall bekannt, wonach ein ausländischer Ingenieur oder Architekt gerade wegen der verbindlichen Mindest- und Höchstsätze der HOAI einen Bogen um den deutschen Markt gemacht hätte.
Aber: Alle übrigen Regelungen der HOAI sind nicht von der Entscheidung des EuGH betroffen. Der VBI wird sich daher gemeinsam mit den anderen Organisationen der Ingenieure und Architekten dafür einsetzen, dass die HOAI in diesem Sinne als Orientierung für die Parteien von Bau-Planungsverträgen im Sinne des Verbraucherschutzes und der Qualitätssicherung weitgehend erhalten bleibt.
Bundesingenieurkammer fordert: Qualität erhalten!
Auch die Bundesingenieurkammer beklagt das Urteil: „Es ist sehr bedauerlich, dass der EuGH den Preisrahmen, den die HOAI vorgibt, gekippt hat. Denn der Ausgang des Verfahrens ist weder im Sinne der Planerinnen und Planer noch im Sinne des Verbraucherschutzes“, so der Kommentar des Präsidenten der Bundesingenieurkammer, Dipl.-Ing. Hans-Ullrich Kammeyer, dazu. „Es ist allgemein bekannt, dass für einen zu niedrigen Preis keine hinreichende Qualität geliefert werden kann – das gilt auch für Ingenieurleistungen.“
Aber alles Lamentieren helfe nicht. „Jetzt muss es darum gehen, den Verbrauchern Sicherheit und den planenden Berufen in Deutschland eine verlässliche und handhabbare Grundlage an die Hand zu geben. Aus diesem Grund werden wir nun gemeinsam mit den zuständigen Ressorts der Bundesregierung an einer Lösung arbeiten“, so Kammeyer weiter. Denkbar wäre ein Ansatz analog dem der Steuerberater, wonach statt eines Mindestsatzes von einem Regelsatz auszugehen ist und ein Angemessenheitsvorbehalt im Hinblick auf die zu erbringende Leistung gilt. „Natürlich ist das Modell kein vollwertiger Ersatz für die Mindestsätze. Aber es könnte helfen, Preisdumping, das am Ende allen schadet, zu verhindern. Denn eins ist ganz klar: Qualität hat ihren Preis. Wer beim Planen spart, zahlt hinterher beim Bauen drauf!“, erklärte der Präsident der Bundesingenieurkammer abschließend.