Mit Einführung der Muster Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) seit Ende 2017 in den Landesbauordnungen gelten mittlerweile in vier Bundesländern die neuen Schallschutzanforderungen der DIN 4109. Und zwar nicht mehr aus dem Jahre 1989, sondern dem Stand der Technik angepasst von 2016 beziehungsweise 2018.
Erhöhte Schallschutzanforderungen nach DIN 4109
Donnerstag, 09.08.2018
In Abstimmung mit dem Bauherrn können über die VDI-Richtlinie 4100:2012-10 Kennwerte vereinbart werden, die den Bedürfnissen nach noch höherem Schallschutz entsprechen – und die mit der aktuellen Bautechnik ohne größeren Mehraufwand erbracht werden können. Bei der Auswahl von Vorwandsystemen sind dazu beispielsweise die entsprechenden Herstellerangaben zu den Schalldämm- beziehungsweise Schallschutzwerten der diversen Systeme sowie die zugehörigen Einbauvorschriften zu beachten.
Lärm kann krank machen, denn evolutionsbedingt schüttet der Körper bei plötzlichen oder lauten Geräuschen besonders viele Stresshormone aus. Das greift vor allem das Herz und die Blutgefäße an. Dabei ist es nicht allein der Straßenlärm, von dem sich jeder zweite Bundesbürger belästigt fühlt (Quelle: Umweltbundesamt). Mindestens ebenso belastend sind die vielen kleinen, alltäglichen Geräuschquellen, die als „störend“ wahrgenommen werden – und dann das Wohlbefinden beeinträchtigen. Der bewusste, aktive Besuch in einem vergleichsweise lauten Konzert oder in einer Diskothek ist so zum Beispiel auch „angenehm“, der tropfende Wasserhahn hingegen „nervt“: „Deshalb ist Lärm schwer mit Schallpegel gleichzusetzen. Es ist eher so dieser Störeffekt“, beschreibt Dr. Dorothee Twardella vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in einem Interview des Bayerischen Rundfunks den Effekt.
Damit Lärm in Wohnungen keine gesundheitlichen Schäden verursacht, sind in der DIN 4109:2016 „Schallschutz im Hochbau“ bauaufsichtlich verbindliche Mindestanforderungen festgelegt. Allerdings macht die Norm kaum Angaben zu erhöhten Anforderungen an den Schallschutz, die mit den gängigen Baumaterialien und -verfahren erreicht werden können. Der erhöhte Schallschutz ist aber ein zentrales Qualitätsmerkmal des sogenannten Komfort-Wohnens, mit dem höherwertige Immobilien gerne beworben werden. Mit der VDI 4100:2012-10 „Schallschutz im Hochbau – Wohnungen – Beurteilung und Vorschläge für erhöhten Schallschutz“ steht hier ein weiterhin aktuelles Werk zur Verfügung, mit dem erhöhte Anforderungen an den Schallschutz praxisgerecht umgesetzt werden können – wenn es zwischen dem Bauherrn und dem Auftragnehmer entsprechend vereinbart wird!
Die VDI 4100:2012-10 richtet sich dabei sowohl an Planer und Architekten wie an ausführende Firmen, Bauherrn und Eigentümer, aber auch Nutzer und Betreiber oder Verwalter „von Gebäuden mit Wohnungen und wohnungsähnlichen Räumen mit den darin befindlichen Anlagen der Technischen Gebäudeausrüstung (TGA-Anlagen).“ Ihr Ziel ist „der Schallschutz im Wohnungsbau, da Wohnungen den Menschen zur Entspannung und zum Ausruhen dienen sollen und die Privat- und Intimsphäre des eigenen Bereichs gewährleistet sein soll.“ Ebenso wichtig ist der Schallschutz aus Sicht der Verfasser auch in Gebäuden, die wohnungsgleich oder wohnungs-ähnlich genutzt werden, zum Beispiel Altenwohnheime, Studentenwohnheime, Gebäude für betreutes Wohnen und Pflegeheime.“
Für Einfamilien-Doppelhäuser und Einfamilien-Reihenhäuser werden deutlich höhere Schallschutzwerte verlangt als bei Mehrfamilienhäusern. Die Gründe liegen sowohl an der höheren Erwartungshaltung bezüglich der Wahrnehmung von Geräuschen aus benachbarten Häusern als auch in dem Anspruch auf eine höhere Vertraulichkeit.
• SSt I: Angehobene Sprache ist aus fremden Nachbarräumen im Allgemeinen kaum zu verstehen. Unzumutbare Belästigungen aus gebäudetechnischen Anlagen werden im Allgemeinen vermieden.
• SSt II: Angehobene Sprache aus fremden Räumen ist in der Regel wahrzunehmen, aber nicht zu verstehen. Geräusche aus gebäudetechnischen Anlagen sind im Allgemeinen nicht störend.
• SSt III: Angehobene Sprache aus fremden Nachbarräumen ist nicht zu verstehen. Geräusche aus gebäudetechnischen Anlagen sind nicht oder nur selten störend.
Diese Schallschutzstufen gelten für Geräusche aus fremden Wohnungen gegenüber schutzbedürftigen Räumen. Zu diesen zählt die VDI 4100 alle Aufenthaltsräume ab 8 m² Fläche – also auch entsprechend große Badezimmer. Damit soll das Schutzziel nach mehr Vertraulichkeit und Intimität erreicht werden.
Über die Schallschutzstufen für Geräusche aus fremden Wohnungen können nach VDI 4100 darüber hinaus Schallschutz-Anforderungen an den eigenen Bereich vereinbart werden. Hier nennt das Regelwerk die beiden Schallschutzstufen SSt EB I und SSt EB II. Dabei ist allerdings vorab sorgfältig zu prüfen, ob solche Festlegungen bei dem geplanten Grundriss oder der gegebenen Anordnung von Räumen überhaupt erreicht werden können. In der VDI 4100 heißt es dazu: „Bei `offener Bauweise´ lassen sich die Empfehlungen … im Allgemeinen nicht erreichen.“
Schallschutznachweis gefordert
Die Schallschutzstufen SSt I bis SSt III können in der Regel je nach Anforderung mit der aktuellen Bautechnik oder mit nur geringem Mehraufwand erbracht werden – zum Beispiel durch entsprechende Vorwandsysteme. Für diese Systeme wurden bereits von den Herstellern schallschutztechnische Prüfungen durchgeführt und die Ergebnisse zur Verfügung gestellt. Sie basieren auf praxistypischen Musteraufbauten wie zum Beispiel eine halbhohe Installationswand vor einer Massivwand mit einer flächenbezogenen Masse von 220 kg/m². Der Planer hat damit eine Arbeitsgrundlage für den schalltechnischen Eignungsnachweis, den er im Rahmen der Ausführungsplanung über die am Bau vorgesehene Installationswand zu erstellen und dem Fachhandwerker zu übergeben hat (siehe unten). Je nach Aufbau und verwendetem Vorwandsystem unterscheiden sich die übertragenen Schallpegel.
Über Gebäudekonstruktion und Grundriss kann aber schon in der Planung auf erhöhten Schallschutz Einfluss genommen werden. Schutzbedürftige Räume sollten beispielsweise generell nicht unmittelbar an Wänden mit Geräuschquellen liegen, Bäder und Küchen außerdem möglichst übereinander angeordnet werden.
Die VDI 4100:2012-10 macht keine Angaben zu den Nutzergeräuschen, die ebenfalls für das Bad typisch sind. Dazu gehören beispielsweise das Öffnen und Schließen eines WC-Deckels oder das Abstellen eines Zahnputzbechers auf dem Waschtisch bzw. der halbhohen Vorwand. Ein Grund dafür ist, dass die Geräusche nur schlecht reproduzierbar sind und von der jeweiligen Bausituation abhängen. Im Allgemeinen geht man davon aus, „dass diese Geräusche – bei bestimmungsgemäßer Nutzung – durch Verwendung üblicher Maßnahmen zur Körperschalldämmung bei der Montage von Sanitärausstattungsgegenständen und Schränken so weit wie möglich gemindert werden.“
Systeme entscheidend
Zur Verwendung üblicher Maßnahmen zur Körperschalldämmung gehören in diesem Zusammenhang natürlich auch die Montagevorgaben, die seitens der Hersteller zu den schallschutzgeprüften Vorwandsystemen gemacht werden. So muss zum Beispiel die Vorwandkonstruktion immer auf dem Rohfußboden erfolgen und gegenüber dem schwimmenden Estrich schalltechnisch entkoppelt sein. Bei Rohrbefestigungen oder Wandscheiben ist gleichfalls auf eine entsprechende Schallentkopplung zu achten. Rohrleitungen sollten darüber hinaus bei Vorwandinstallationen idealerweise immer an der Vorwand und nicht am Mauerwerk befestigt werden.
Aus schalltechnischer Sicht stellen bei der Sanierung im Bestand und im Neubau die Vorwandsysteme im Trockenbauverfahren eine optimale Lösung dar. Gerade der Vorteil des erheblich geringeren Gewichtes ist für Gebäude im Bestand auch von statischer Seite von Vorteil.
Der schalltechnische Eignungsnachweis
Fachplaner haben die Pflicht, einen schalltechnischen Eignungsnachweis zur am Bau vorhandenen Installationswand zu erstellen und dem Fachhandwerker zu übergeben. Solche Eignungsnachweise sind zum Beispiel erforderlich für
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Vorwand-Installationssysteme im Nass- und Trockenbauverfahren sowie
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Inwand-Installationssysteme innerhalb von Metallständerwerken.
Unter Berücksichtigung der Prüfzeugnisse zu den installierten Produkten und den am Bauwerk vorhandenen Installationswänden erstellt der Fachplaner den schalltechnischen Eignungsnachweis. Bei Abweichungen von dem geprüften Aufbau kann der Fachplaner auf Basis des Prüfzeugnisses und der angegebenen Werte entsprechende Umrechnungen erstellen. Sicherheit bei der Planungshaftung ist demzufolge nur zu erreichen, wenn Produkte ohne schalltechnische Prüfzeugnisse nicht mehr ausgeschrieben werden. www.viega.de
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