Lohnt Bausparen trotz Draghi? Bausparer kommen häufiger und früher zu Wohneigentum, so eine Studie. Im europäischen Vergleich ist Deutschland beim Wohnungsbau nur Mittelmaß. Das liegt auch an ausbleibenden Reformen, sagt die LBS.
Deutschland im Wohnungsbau nur durchschnittlich
Bremst Draghi das Bausparen aus?
Mittwoch, 18.10.2017
Bausparen ist nach wie vor ein effizientes Mittel zur Vermögensbildung – vor allem dann, wenn man möglichst früh damit beginnt. Wer bauspart, erwirbt in der Regel nicht nur eher Wohneigentum, sondern macht das auch zwei bis fünf Jahre früher als jemand, der es nicht tut. Diesen oft nur vermuteten Zusammenhang zwischen Immobilienerwerb und frühem Bausparen belegt jetzt eine Studie des Instituts empirica und LBS research.
„Es lohnt sich also, frühzeitig mit dem langfristig orientierten Bausparen als Grundlage eines erfolgreichen Vermögensaufbaus zu beginnen“, lautet das Fazit der Autoren. Zudem immunisiere das im Vergleich zu anderen Sparformen weniger liquide Bausparen gegen die Versuchungen eines hedonistischen Konsumlebens. Gerade auch für jüngere Menschen sei die Wohnungsbauprämie ein wichtiger Anreiz zum Sparen.
Nullzins als Sparbremse
Allerdings bremse die EZB-Nullzinspolitik das langfristig angelegte, regelmäßige Sparen aus, beklagt der Verband der Privaten Bausparkassen: „Der sicherheitsorientierte Sparer geht dank Herrn Draghi momentan fast leer aus. Kein Wunder, dass sich viele zurückhalten, die sonst durchaus bereit wären, monatlich 50, 100 oder 150 Euro auf die Seite zu legen.“ Das erkläre den kontinuierlichen Rückgang neu abgeschlossener Bausparverträge – allein im letzten Jahr um 18 Prozent verglichen mit 2015.
Delle im Wohnungsbau?
Hängt die nachlassende Lust am Bausparen mit der rückläufigen Zahl an Baugenehmigungen zusammen? Laut Destatis sank diese Kennziffer für Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern von Januar bis Juli 2017 um fast sieben Prozent, verglichen mit dem gleichen Zeitraum in 2016. Diese Delle widerspricht allerdings dem steigenden Trend im Wohnungsbau seit 2010. Allein im letzten Jahr wurden knapp 20 Prozent mehr Baugenehmigungen erteilt als im Jahr 2015. In Zahlen waren das laut Destatis 316.588 neue Wohnungen. Das ist zwar vor dem Hintergrund der angespannten Lage am Wohnungsmarkt erfreulich. Der tatsächliche Neubaubedarf wird allerdings auf bis 400.000 Wohnungen pro Jahr geschätzt – es fehlt also noch reichlich. Bleibt zu hoffen, dass der „Ausrutscher“ der ersten Jahreshälfte ein einmaliger bleibt.
Deutschland hop – Schweden top
Zumal Deutschland im Wohnungsbau sowieso noch Luft nach oben hat, wie die LBS feststellt. Deutlich macht das die Fertigstellungsquote im europäischen Vergleich. Viele Jahre war Deutschland mit einer Quote von unter zwei Wohnungen pro tausend Einwohnern das Schlusslicht in Europa. Heute hat es mit 3,2 Wohnungen einen Platz im Mittelfeld erobert. Aber da geht noch mehr: „So lag 2016 die Wohnungsbauintensität in Polen und Belgien fast um ein Drittel, in Frankreich und Schweden um fast zwei Drittel und in der Schweiz und Norwegen um das Doppelte höher als hierzulande. Drei Wohnungen pro tausend Einwohner und mehr seien eher als ‚normal‘ einzustufen, so die Experten.
Erfolgreiche Reformen ermöglichen die hohe schwedische Quote von erwarteten 6,5 Wohnungen für dieses Jahr: Die Genehmigungsverfahren wurden beschleunigt, regionale Auflagen zurückgestutzt und der Mietwohnungsmarkt sei schrittweise dereguliert worden. Das habe die Anreize für den Wohnungsbau deutlich verbessert.
Hierzulande hingegen bremsen zu viele „Stolpersteine“ den Wohnungsbau aus: „Dazu gehören hohe Baukosten aufgrund vieler Vorschriften und Auflagen, eine zurückhaltende Baulandausweisung und eine in der Bevölkerung fehlende Akzeptanz für die Entwicklung neuer großer Wohngebiete. Für private Erwerber komme hinzu, dass sie sich aufgrund gestiegener Preise in Ballungsräumen häufig kein Wohneigentum mehr leisten können. Gleichzeitig habe sich der Staat aus der Wohneigentumsförderung zurückgezogen und Belastungen, etwa bei der Grunderwerbsteuer, erhöht“, so die Experten.