Die vielen Synergieeffekte der sozialen Gemeinschaft wie gegenseitige Unterstützung bei Kinderbetreuung, Nachbarschaftshilfe oder Handwerksleistungen begeistert viele junge Familien, aber auch ältere Menschen für das gemeinschaftliche Wohnen. Innerstädtische Wohnumfeld-Verbesserungen finden nun häufig ihre Verwirklichung in Verbindung mit Baugemeinschaften. Ein gelungenes Beispiel hierfür ist das Projekt „Buntes Haus“ aus Bad Salzuflen.
Bauen im Team ist im Trend
„Buntes Haus“ – gesund modern und gemeinschaftlich
Montag, 15.04.2019
Im Fokus bei diesem Bauvorhaben standen Familienwohnen und Mehrgenerationenwohnen – aber auch gesundes Bauen und Wohnen mit einem der ältesten Baustoffe der Welt – Holz.
Realisierung von Wohnraum als Baugruppe
Viele Menschen wollen möglichst stadtnah und zugleich in aktiver Nachbarschaft wohnen. Aber: Wer im Herzen der deutschen Städte lebt, zahlt extreme Miet- oder Kaufpreise, Wohnraum ist knapp und Grundstücke teuer – Tendenz weiter steigend. Da verwundert es nicht, dass sich alternative Wohnformen zunehmend durchsetzen. Besonders beliebt: gemeinschaftliches Wohnen im Team für alle Altersgruppen.
Die Grundidee gibt es schon lange. Schon zu Beginn der 1980er-Jahre wurden in Dänemark ausgeklügelte Konzepte für Wohnsiedlungen mit Baugemeinschaften realisiert. Auch in Österreich oder den Niederlanden ist man mit Konzepten dieser Art aktiv und viele Schritte weiter – und das zudem sehr erfolgreich. In Deutschland geht es allerdings jetzt rasant voran.
Planung mit Weitblick
Im Vergleich zum klassischen Bauen setzt die Beteiligung an einer Baugemeinschaft ein größeres Maß an eigenem Engagement, Zeitaufwand und auch mehr Geduld voraus.
Die Interessen der einzelnen Eigentümer werden durch das Wohnungseigentumsgesetz und den Verwaltervertrag konkretisiert. Die Gemeinschaft erhält so die erforderliche feste Struktur mit rechtlich genau festgelegten Regelungen. Die Darlehensverträge und sonstigen Kreditverträge mit den finanzierenden Banken, Bausparkassen und Versicherungen schließt jeder Bauherr beispielsweise nur für seinen Anteil an den Kaufpreis- und Baukosten ab. So lassen sich Gemeinschaften für alle Einkommensschichten verwirklichen.
Baugemeinschaften sind auf diese Weise in der Lage, auch Nischen im Wohnungsmarkt zu füllen. Hierzu zählen Generationenmodelle und Bauen für individuelle Gruppen ebenso wie flexible Wohnformen, ökologisches Bauen und genossenschaftliches Bauen. Städte fördern inzwischen die neuen Wohngemeinschaften. Berlin bezeichnet sich bereits als die Hauptstadt der Wohnprojekte. Hier wurde 2008 die von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung beauftragte Netzwerkagentur „GenerationenWohnen“ gegründet. netzwerk-generationen.de
Das Prinzip einer Baugemeinschaft ist simpel. Man vernetzt sich, gründet eine passende Rechts-Form, beispielsweise die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), kauft als solche das zu bebauende Gelände – und los geht es. Klingt einfach – ist es aber nicht. „Bei der Vielzahl der Interessen in einer Gruppe entstehen häufig Reibungspunkte, mit denen man vorher nicht unbedingt rechnet“, so die Netzwerk-Agentur.
Je früher also die Vereinbarungen zu möglichen strittigen – vor allem auch finanziellen – Fragen getroffen werden, umso geringer sind Konflikte und Reibungsverluste in der Zukunft. Geklärt werden müssen die Aufteilung der Bau- und Grundstückskosten, die Modalitäten der Zahlungsabwicklung, Sondernutzungsrechte und dergleichen mehr. Der Erfolg einer Baugemeinschaft ist dabei wesentlich abhängig von einer guten Moderation und Teamarbeit.
Gemeinsam stark – Beispiel „Buntes Haus“
Für eine Baugruppe in Bad Salzuflen, die ihr Gebäude „Buntes Haus“ nennt, sind mit genauso einer Gruppen-Dynamik auf einem Lücken-Grundstück neun individuell gestaltete Mietwohnungen mit 47 bis 109 Quadratmetern entstanden.
In dem von der Gruppe zusammen mit Architekt und Bauherr geplanten Gebäude gibt es gemeinschaftlich genutzte Räume, eine straßenseitige Terrasse für alle, offene Gartenflächen und sogar eine kleine Einheit für Gäste, die mit bis zu vier Personen hier übernachten können. Die kreativen Teamplayer treffen sich alle zwei Wochen, um auch über zukünftige Aktivitäten zu beraten, beispielsweise die Einrichtung eines Car-Sharings mit einem PKW. „Wir konnten bereits in der Planungsphase enorm viel Einfluss ausüben“, berichtet einer der Initiatoren. „Das war uns wichtig: Vor allem die Lage, die Größe, der Zuschnitt, die Ausstattung und natürlich die bauliche Qualität. Hinzu kamen Details wie Farbgestaltung, Fensterformen und Freiflächengestaltung.“
Alles wurde gemeinsam entschieden. Der beauftragte Architekt Heinrich Hinsenhofen brachte die vielen Vorstellungen von Anfang an unter einen Hut. In puncto Qualität standen auf der Zutatenliste der zukünftigen Bewohner an erster Stelle: wohngesundes Bauen, Langlebigkeit und Nachhaltigkeit. Auch die Kosten mussten in einem sinnvollen Rahmen bleiben.
So entschied man sich schließlich für die nachhaltige Holzrahmenbauweise und damit für Zukunftsfähigkeit und Energieeffizienz. Verantwortlich für den Holzbau ist die ZimmerMeisterHaus-Manufaktur Schulze aus Lage.
Das ebene Baulücken-Grundstück wurde maximal ausgenutzt. Die hier verwendete elementierte Holzsystembauweise ermöglicht zukünftig jederzeit veränderbare Räume und Raumnutzungen. Die Ein- bis Zwei-Personen-Wohnungen sind beispielsweise mit alternativen Anschlüssen für Kücheneinrichtung ausgestattet. Einige Wände im Wohn- und Schlafbereich können nach Mieterwechsel demontiert werden. Dabei ist die Barrierefreiheit durchgängig und somit ist für zukünftige Ideen noch vieles möglich.
Moderner Holzrahmenbau: ökologisch und gesund
Die ökologische Holzbauweise punktet hier als Plus-Energie-Gebäude im Passivhaus-Standard. Markantes Merkmal des Gebäudes ist die hochwärme-gedämmte Gebäudehülle aus heimischen Hölzern wie Fichte und Tanne. Dabei legten die Beteiligten Wert auf ein qualifiziertes Konzept für Brandschutz, Wärmeschutz und Schallschutz, das zudem durch besondere Ausführung in Bezug auf Reinigung und Instandsetzung realisiert wurde. Die gesamte Baukonstruktion über dem Kellergeschoß aus Beton ließ man in der Manufaktur Schulze vorfertigen und auf der Baustelle binnen drei Wochen montieren. Es handelt sich um eine Holzmischbauweise mit Außenwänden in Holztafelbauweise, kombiniert mit Wänden und Decken aus Brettsperrholz als massive tragende Innenbauteile für maximale statische Sicherheit.
Die Decken – aus 20 cm dicken massiven Brettsperrholzplatten – sind auf der Unterseite sichtbar geblieben. Für die Dachdeckung nutzte man ein Klip-Tec-System aus verschraubten Stahlblechelementen. Sämtliche Bauteile und Ausbaustoffe sind demontierbar und recycelbar.
Ergänzt wird das gesunde Baumaterial durch den passenden Dämmstoff aus einer dickschichtigen Holzweichfaserplatte (Gutex Thermowall) mit besonders effizienten Dämmwerten. Die Dämmschicht kommt im Dach, in den Decken und Wänden zum Einsatz, ergänzt durch Mineralfaserplatten mit WLG 032. Moderne Energiespar-Fenster mit dreifacher Wärmeschutzverglasung runden das Bild ab.
„Auch im Sommer haben wir in diesem Gebäude ein ausgeglichenes Raumklima“ so der Architekt. „Die spezifische Wärmespeicherfähigkeit von Dämmstoffen aus Holz und Holzfasern ist enorm. Dank seines ausgeprägten hygroskopischen Verhaltens ist Holz ein Feuchtepuffer, der sich positiv auf das Raumklima auswirkt.“
Hoher Wohnkomfort – geringe Energiekosten
Die thermische Solaranlage mit einer effektiven Fläche von 18,4 Quadratmetern liefert die nötige Energie für Heizung und warmes Wasser. Wenn die Sonne mehrere Tage nicht scheint, produziert ein kleines Gas-Brennwertgerät den Restwärmebedarf für die neun Wohnungen. Durch die Passivhaus-Gebäudehülle gibt es noch einen weiteren ökologischen Vorteil: Der Restwärmebedarf – ohne Warmwasser-Bereitung – beträgt im Durchschnitt nur 9.420 Kilowatt-Stunden (kWh) pro Jahr.
Eine aufgeständerte Photovoltaikanlage mit einer Nennleistung von 15,0 kW und einem durchschnittlichen Jahresertrag von 12.000 kWh macht aus dem Gesamtprojekt ein Plus-Energie-Haus. Das Gebäude erzeugt mehr Energie als es verbraucht. Jede Wohnung ist ausgestattet mit einer individuell steuerbaren Be- und Entlüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung (WRG).
„Beim Bauen mit Holz errichten wir Gebäude, die ökologisch wirtschaftlich und gesellschaftlich zukunftsfähig sind“, sagt Zimmermeister Ralf Schulze, Geschäftsführer der ZimmerMeisterHaus-Manufaktur aus Lage. „Das Material punktet in allen Lebenszyklusphasen: Von der Rohstoff-Gewinnung über die Planung und Konstruktion bis hin zum Aufbau und der Nutzungszeit sehen wir immer Vorteile. Und Holz hat einen ausgezeichneten ökologischen Fußabdruck“, fügt er hinzu.
So konnte mit gesunder Materialwahl und Ausrichtung trotz unterschiedlicher Vorstellungen und Ansprüche ein Generationen-Konzept etabliert werden, das als Gemeinschafts-Projekt zum Erfolg geführt hat.
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