Der Sanierungsstau des deutschen Gebäudebestands betrifft nicht nur den Heizungskeller.
Barrierearme Bäder im Wohnungsbestand: die Quadratur des Kreises?
Donnerstag, 27.10.2022
Noch seltener als ein Heizungstausch wird wohl eine Badsanierung vorgenommen – üblicherweise erst nach 20 bis 30 Jahren, hat die Vereinigung deutsche Sanitärwirtschaft (VDS) ermittelt. Mit dem demografischen Wandel wächst für Wohnungsgesellschaften auch hier der Handlungsdruck. In den typischen Kleinbädern vieler Mehrfamilienhäuser ein zumindest barrierearmes Bad zu schaffen, ist allerdings eine echte Herausforderung. Der lässt sich jedoch mit praxisgerechten Lösungen eines flexiblen Vorwandsystems kreativ und wirtschaftlich begegnen.
Die Veränderung der Bevölkerungspyramide für Deutschland stellt anschaulich dar, wie stark die Gesellschaft altert. Gehörten 1970 etwa 12 Prozent (9 Millionen) zur Bevölkerungsgruppe 67+ waren es 2019 schon 19 Prozent (16,9 Millionen). Ein interessanter Vergleich: Rund drei Viertel der Wohngebäude in Deutschland (28 Millionen) wurde bis 1978 erbaut – also in einer Zeit, in der seniorengerechtes Wohnen oder barrierefreie Bäder kaum eine Rolle spielten [1].
Das ist heute noch an den Grundrissen abzulesen. Bäder sind in deutschen Wohnungen durchschnittlich gut neun Quadratmeter groß. Rund neun Millionen Wohnungen verfügen sogar nur über „Nasszellen“, die kleiner als sechs Quadratmeter sind [2]. Damit entsprechen die meisten Bäder nicht den Anforderungen der aktuellen Lebenswirklichkeiten – zum Beispiel, dass über drei Millionen Menschen zu Hause gepflegt werden [1]. Welche Forderungen Menschen mit eingeschränkter Mobilität und auch assistierende Angehörige oder Pflegekräfte an Bäder stellen, hat die Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft mit der „Aktion Barrierefreies Bad“ in einer Broschüre zusammengefasst [3]. Dazu zählen unter anderem:
▪ Bewegungsflächen vor Sanitärobjekten 120 x 120 cm bzw. 150 x 150 cm für Rollstuhlfahrer nach DIN 18040-2 (Überlagerung von Bewegungsflächen zulässig), ▪ Dusche mit schwellenlosem Übergang zum Badezimmerboden, rutschhemmender Boden und möglichst große Bewegungsfläche, idealerweise befahrbar mit Rollator oder bei Bedarf mit Rollstuhl, ▪ der Waschtisch sollte sowohl im Stehen als auch im Sitzen bequem nutzbar sein, ein höhenverstellbares WC ist besonders zu empfehlen, ▪ Wände sind ausreichend stabil auszulegen, um Stütz- und Haltegriffe anbringen zu können, ▪ großzügiger Stauraum für Pflege- und Hygieneprodukte, am besten raumsparend in einer Vorwand, ▪ gleichmäßige Raumausleuchtung ohne Schlagschatten oder Blendungen, ggf. Nachtlicht mit Bewegungsmelder und kontrastreiche Farbgestaltung.
Aber wie lassen sich Kleinstbäder auf diese Anforderung hin anpassen? Praxisgerechte Lösungen bieten hier extra flexible Vorwandsysteme wie „Prevista Dry“ und „Prevista Dry Plus“ (Hersteller: Viega).
Zum Beispiel: Bewegungsflächen vergrößern
Barrierefreie Bäder im Sinne der DIN 18040-2 sind bei den üblichen Grundrissen von Geschosswohnungen kaum umsetzbar. Allerdings lässt sich die Bewegungsfreiheit durch eine Neuaufteilung der Sanitärobjekte oft deutlich verbessern. So werden selbst Kleinbäder senioren- und familiengerecht (Bild 1).
Um die Sanitärgegenstände dafür optimal im Raum platzieren zu können, ist es am einfachsten, die neuen Rohrleitungen in einer Vorwandkonstruktion aus „Prevista Dry Plus“-Montageschienen zu installieren. Denn die Vorwand steigert die Möglichkeiten der Raumaufteilung, reduziert die Nutzfläche im Bad aber kaum. „Prevista Dry Plus“ benötigt zum Beispiel nur 14,5 Zentimeter Bautiefe für die Installation einer Entwässerungsleitung DN 90 ohne Dämmung.
Die Verlegung von Rohrleitungen in der Vorwand bringt weitere Vorteile: Das Einschlitzen ins Mauerwerk ist statisch in der Regel nicht zulässig und birgt zudem das Risiko hoher Fließgeräusche, die mit dem geforderten Schallschutz kollidieren. Die Installation flexibler Kunststoffrohrleitungen innerhalb der Vorwand geht außerdem schnell: Das Rohrleitungssystem „Raxofix“ von Viega kann beispielsweise vorgedämmt von der Rolle verlegt werden. Das verringert die Sanierungskosten.
Zum Beispiel: großzügige Dusche
Die im wahrsten Sinne des Wortes größte Barriere in Bestandsbädern stellt meistens die Badewanne dar. Eine bodengleiche Dusche ist für Bewohner mit Mobilitätseinschränkungen besser zu nutzen. Sie erleichtert außerdem die Assistenz bei der Körperpflege durch Angehörige oder Pflegekräfte. Voraussetzung ist allerdings, dass die Dusche dafür genügend Platz bietet. Der verfügbare Raum im Bestand lässt sich optimal nutzen, wenn der Duschplatz nicht durch die Maße einer Duschtasse limitiert, sondern durchgefliest ist (Bild 2). Mit einer raumhohen Vorwandkonstruktion kann der Duschbereich dann zentimetergenau von anderen Sanitärobjekten abgeschirmt werden. Und das sogar mit Doppelnutzen. Beispielsweise mit einer Vorwandkonstruktion aus „Prevista Dry Plus“-Schienen auf der einen Seite – und einem integrierten WC-Vorwandelement auf der anderen.
In der Dusche Montageschienen raumhoch vor das Mauerwerk zu setzen, optimiert zudem die Abläufe der Badsanierung. Das Abschlagen oder Spachteln der alten Fliesen entfällt. So entsteht weniger Dreck, und im Nassbau übliche Trocknungszeiten unterbrechen nicht den Baufortschritt. Je nach Situation kann die Vorwand gleichzeitig einen dahinterliegenden Schacht verdecken.
Ein weiteres Detail, das eine Dusche seniorengerecht(er) macht, ist die überlegte Entwässerung der Dusche. Wird sie zum Beispiel an der Wand platziert, bleibt der Boden frei und bietet mehr Standsicherheit bzw. er ist mit dem Rollstuhl besser befahrbar. Eine sehr einfache Entwässerungslösung hierfür ist die Duschrinne „Advantix Cleviva“, die wie ein Punktablauf installiert wird – aber zum Beispiel direkt vor der Wand. Das schafft Fläche. Ist ein gerader Abgang durch den Boden möglich, sind für den Einbau außerdem nur 25 mm Bodenhöhe erforderlich. Der Anschluss des Grundkörpers an eine Sammelleitung ist ab 70 mm machbar. Die Duschrinne aus Edelstahl lässt sich millimetergenau zuschneiden und wird in das Fliesenbett eingearbeitet. Das Gefälle zum Punktablauf ist in das Edelstahlprofil bereits eingearbeitet.
Zum Beispiel: Waschtisch und WC höhenverstellbar
Besonders bedarfsgerecht ist es in barrierearmen Bädern, eine Höhenverstellung für Waschtisch und WC vorzusehen. So können sowohl im Rollstuhl sitzende Menschen als auch kleine Kinder bequem die Sanitärgegenstände nutzen.
Im „Prevista“-System sind dazu Vorwandelemente enthalten, die eine individuelle Höhenanpassung per Gasdruckfeder statt mit einem elektrischen Antrieb ermöglichen, (Bild 3). Das senkt die Installationskosten, da elektronisch betriebene Varianten teurer sind. Stattdessen können die Nutzer per Knopfdruck die Sitzhöhe des WCs um acht Zentimeter variieren, das Höhenniveau des Waschtisches am entsprechenden „Prevista Dry“-Element um 20 Zentimeter.
Für Pflegebedürftige ist ein höhenverstellbares WC besonders praxisgerecht, wenn zusätzlich Stützgriffe die Sicherheit bei der Nutzung erhöhen. Denn gerade im Bad stürzen viele Senioren – etwa 250.000 pro Jahr, wie der Verein Wohnvielfalt auf seiner Internetseite meldet [4].
Aber auch ohne automatische Höhenverstellung lässt sich die Sitzhöhe des WCs mit dem Vorwandelement „Prevista Dry“ zumindest in einem gewissen Rahmen optimal auf die Nutzer abstimmen. Dafür ist die Befestigungstraverse für die Keramik stufenlos einstellbar. So sind Sitzhöhen von standardmäßig 40 bis 48 Zentimeter frei wählbar und im Handumdrehen zu fixieren.
Zum Beispiel: Dusch-WC vorsehen
Neben der optimalen WC-Sitzhöhe trägt ein Dusch-WC maßgeblich zur Eigenständigkeit bei der Körperhygiene bei. Das WC-Vorwandelement von Viega ist bereits für die Nachrüstung eines solchen WCs vorbereitet: Über ein serienmäßiges Leerrohr kann der Kaltwasseranschluss für die in der Keramik integrierte Dusche zum Eckventil des Spülkastens geführt werden. Mit einem entsprechenden Adapter für das Eckventil ist dann schnell der parallele Anschluss von Füllventil und Dusch-WC hergestellt. Das Vorwandelement ist außerdem so konzipiert, dass die Keramiken der gängigsten Dusch-WCs daran befestigt werden können. Wurde bei der Badplanung bereits der erforderliche Stromanschluss vorgesehen, ist der nachträgliche Einbau also ohne größeren (Kosten-)Aufwand möglich.
Zum Beispiel: Ablagen, Haltegriffe und Stauraum
Ein weiterer Aspekt, Barrieren abzubauen, ist die Vermeidung von Stoßkanten, wie sie durch nachträglich angebrachte Accessoires entstehen. Das System „Prevista Dry Plus“ aus Montageschienen und Verbindern ist derart variabel, dass Ablageflächen in die Vorwand integriert werden können. So sind zusätzliche Anbauten von Ablagen für Utensilien nicht erforderlich – aus Sicht von Pflegekräften ein kleiner, aber bedeutsamer Beitrag für mehr Beweglichkeit und weniger Barrieren. Eine halbhohe Vorwand am Waschtisch und dem WC bietet beispielweise zusätzliche praktische Ablageflächen.
Sinnvoll ist ebenfalls, vorsorglich an das WC-Vorwandelement rechts und links „Prevista Dry“-Befestigungselemente zu montieren. Sie sind mit 30 Millimeter starkem Schichtholz ausgekleidet, sodass bei späterem Bedarf Stütz- und Klappgriffe nachgerüstet werden können (Bild 4). Werden solche Befestigungspunkte von Anfang an mit eingeplant, ist dabei allerdings ein ausreichender Abstand der Sanitärelemente zueinander zu berücksichtigen. Zum Beispiel, um einen Rollator mit zum WC zu nehmen, einen Rollstuhl neben dem WC abzustellen oder Platz seitlich vom Waschtisch für die Unterstützung durch eine zweite Person vorzuhalten.
Zum Beispiel: visuelle Orientierung
Ein weiteres Merkmal, das sowohl zur Attraktivität als auch zur Reduzierung von Barrieren beiträgt, ist die individuelle Wahl der WC-Betätigungsplatte. Eine integrierte LED-Beleuchtung hilft zum Beispiel Personen mit beeinträchtigter Sehkraft, sich besser zu orientieren (Bild 5).
Zudem gibt sie mit wenig Aufwand auch Kleinbädern ein modernes Erscheinungsbild. Dafür entsprechende Elektroleitungen mit in der Vorwand zu verlegen, ist ein unwesentlicher Kostenpunkt und macht nachträglich sogar eine Fernauslösung mit Funktaster möglich.
Für das bedarfsgerechte Baddesign bietet Viega für den „Prevista“-WC-Spülkasten deswegen rund 50 verschiedene Betätigungsplatten an – von sehr wirtschaftlichen Lösungen in der Produktlinie „Visign for Style“ bis zu individuellen Gestaltungen aus dem „Visign for More“-Sortiment.
Fazit
Durch die stetige Zunahme an häuslicher Pflege muss der Stau an Badsanierungen auch im Geschosswohnungsbau in naher Zukunft zwangsläufig aufgelöst werden. In den hier vorherrschenden Kleinstbädern den Bewegungsradius zu vergrößern, scheint die Quadratur des Kreises zu sein – die aber mit der kreativen und flexiblen Vorwandtechnik „Prevista“ von Viega wirtschaftlich zu leisten ist.
Schnelle Montage in Bestandsbädern
Fachhandwerker beurteilen ein Vorwandsystem in erster Linie danach, wie einfach es in der Handhabung ist. Als Viega das Vorwandsystem „Prevista“ grundlegend neu entwickelte, brachten deshalb erfahrene Fachhandwerker aus ganz Deutschland ihre in der Praxis gesammelten Ideen ein. Das spiegelt sich in dem werkzeugarmen Konzept wider, das auf die Ein-Mann-Montage ausgerichtet ist.
Die „Prevista Dry“-Waschtisch- und WC-Vorwandelemente haben die Standardhöhe von 1.120 Millimeter. Für spezielle Einbausituationen, beispielsweise die Installation unter Dachschrägen, ist das WC-Element auch in reduzierter Höhe von 980 und 820 Millimeter verfügbar.
Zur exakten Höhenanpassung sind die Fußstützen der Vorwandelemente stufenlos herauszuziehen. Dabei bleiben die Elemente in Position und können fixiert werden, ohne dass eine zweite Person sie festhalten muss. Bei der Montage in der Schiene werden die Füße lediglich festgeklickt (Bild 6).
Für die Verschraubung auf dem Boden sind die gleichen Füße zu verwenden – das reduziert die Anzahl an Varianten. Die Vorwandelemente haben außerdem Aufnahmen für die Schienenverbinder zum kraftschlüssigen Anschluss an die Konstruktion. Sollen die Elemente hingegen direkt an der Wand festgedübelt werden, stehen Befestigungssets zur Verfügung. Darüber ist die lotrechte Feinjustierung werkzeuglos möglich.
Die Montageschienen für die Vorwandkonstruktion müssen zudem bei „Prevista Dry Plus“ nicht mit einem Trennschleifer zugeschnitten werden. Eine Stanze ermöglicht das gratfreie und präzise Ablängen der fünf Meter langen Schienen.
Das einseitig geöffnete Schienenprofil mit einer Kantenlänge von 40 x 40 Millimeter bietet eine sehr gute Auflagefläche zum Beplanken mit Gipskarton. Mit nur einem einzigen Verbindertyp können zudem sämtliche Vorwandkonstruktionen gebaut werden – halbhoch, raumhoch, als Raumteiler, vor Ort montiert oder im Betrieb vorgefertigt.
[1] Statistisches Bundesamt destatis
[2] Bad-Grundlagenstudie 2016/2017, Quelle: forsa,
© Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft e. V. (VDS)
[3] aktion-barrierefreies-bad.de; Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft e. V. (VDS)
[4] wohnvielfalt.de
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