Von wegen Landflucht. Vorbei sind die Zeiten, wo es vor allem die jungen Leute in die großen Städte zog. Viele Jahre hielt dieser Trend an, jetzt ist er anscheinend vorbei. Denn: das Umland verzeichnet wieder Bevölkerungszuwächse! Was ist passiert? Was hat diese Trendwende ausgelöst? Neben niedrigen Preisen spielen dabei auch soziale Gründe eine Rolle. Insbesondere Familien suchen im grünen „Speckgürtel der Großstädte“ Ruhe und mehr Platz für die Kinder.
Altbau in der Stadt versus Neubau im Grünen
Die Rückkehr ins Umland setzt sich durch
Freitag, 17.03.2017
Über viele Jahre hinweg zeigte die Marschrichtung in Deutschland flächendeckend in nur eine Richtung: Weg vom Land, rein in die Zentren, wo das Leben pulsiert, ausreichend Arbeitsplätze vorhanden sind und die Infrastruktur keine Wünsche offen lässt. Und das sind nur drei von vielen nachvollziehbaren Gründen für eine „Landflucht“ – sollte man meinen. Doch falsch gedacht: Seit 2014 kehrt sich der Trend langsam aber sicher wieder um. Zwar wachsen die Metropolen noch immer kräftig weiter, jedoch verzeichnen laut Statistischem Bundesamt die ersten Großstädte wie Hamburg, München oder Stuttgart bereits mehr Fort- als Zuzüge. Und dieser Trend soll vorerst anhalten – meinen jedenfalls die Experten.
Und die Gründe liegen auf der Hand: In den Zentren der Großstädte ist es in der Regel teurer als im jeweiligen Umland, was nicht zuletzt am knappen Immobilienangebot in Deutschlands Metropolen liegt. Zwar ist die Zahl der Baugenehmigungen bundesweit in den letzten Jahren leicht gestiegen, in fünf der sieben größten Städte ging sie zuletzt aber zurück. Der Neubau kann den Bedarf nicht decken, folglich steigen Grundstücks- und Immobilienpreise. Eine attraktive Alternative ist da das meist erschwinglichere Umland. Laut Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung ist die Zahl der Baugenehmigungen dort im vergangenen Jahr sogar überdurchschnittlich angestiegen.
Der Kostenfaktor ist für viele Menschen wohl einer der wichtigsten Gründe, der Großstadt den Rücken zu kehren. Aber auch soziale und emotionale Gründe spielen beim Umzug eine Rolle, ergab eine Umfrage der Universität Bamberg: beispielsweise die Entschleunigung, die Nähe zur Natur sowie der Heimataspekt, also die Rückkehr zu Familie und Freunden. Laut LBS Bausparkasse träumen sogar über 80 Prozent der 25- bis 45-Jährigen von einem freistehenden Einfamilienhaus.
Entschleunigung, erschwingliche Preise, Rückkehr zur Familie - was für die einen zum erstrebenswerten Ziel erklärt wird, ist für die anderen ein Graus. Aus städtepolitischer Sicht nämlich kann es kaum einen bedenklicheren Trend geben. Denn durch die Stadtflucht bluten zunächst die Innenstädte langsam aber sicher aus. Statt einen leerstehenden Altbau zu beziehen, entscheiden sich vor allem junge Familien für einen energieeffizienten Neubau. Toll, finden insbesondere viele ehemaligen ostdeutschen Städte und Gemeinden und stellen jungen, bauwilligen Paaren und Familien Fördermittel bereit – beispielsweise in Form von Baukostenzuschüssen abhängig von der Kinderzahl.
So zahlt beispielsweise eine niedersächsische Gemeinde beim Kauf von Bauland einen Bonus in Höhe von 2.000 Euro pro Kind. Ein 500-Seelen-Ort in Rheinland-Pfalz bezuschusst junge Paare mit rund 5.000 Euro, plus zusätzliche1.000 Euro pro Kind. Und in Thüringen bietet eine Kommune bauwilligen Familien eine Grundförderung von 1.000 Euro sowie weitere 500 Euro je Kind. Eine Übersicht der Angebote von fast 800 Städten und Gemeinden gibt es übrigens in der Online-Datenbank „Baugeld vom Bürgermeister“.
Und auch diejenigen, die nicht aus Überzeugung, sondern aus beruflichen Gründen umziehen müssen – wohin auch immer – dürfen sich über eine finanzielle Unterstützung freuen: Zum Februar dieses Jahres sind die steuerlich absetzbaren Pauschbeträge für Umzugskosten bei einem beruflich bedingten Wohnwechsel gestiegen. Alleinstehende können beim Staat ab sofort 18 Euro mehr, also 764 Euro geltend machen. Für Paare steigt der Betrag um 31 Euro auf 1.528 Euro. Für jede weitere im Haushalt lebende Person steigt die Pauschale von 329 auf 337 Euro.