Das Übermaß an Normen und gesetzlichen Regulierungen im Bauwesen treibt die Kosten für den Bauherren und Handwerksbetriebe in den Burn-Out. Jetzt soll der bürokratische Dschungel gelichtet werden.
Zuviel Bürokratie führt zu Burn-Out im Betrieb
Kosten-Krake gesetzliche Folgekosten
Mittwoch, 20.02.2019
17 Milliarden Euro: So hoch ist der geschätzte jährliche gesamtwirtschaftliche Nutzen durch Normierung. Zudem erleichtert Normierung wirtschaftliche Zusammenarbeit und die Einhaltung von Mindest- und Sicherheitsstandards. Übertriebene Normierung und Standardisierung hingegen treibt die Baukosten unnötig in die Höhe, wie die „Baukostensenkungskommission“ des „Bündnisses für bezahlbares Wohnen und Bauen“ bereits vor fünf Jahren festgestellt hat.
Fest im Griff der Kostenkrake
Und der Verband Beratender Ingenieure (VBI) stemmt sich seit Jahren gegen die überbordende Normungsflut. „Immer neue, immer umfangreichere und nur mit immer größerem Aufwand einhaltbare Normen sind nicht nur Kostentreiber, sondern schränken auch die Kreativität in der Planung ein“, betont VBI-Präsident Jörg Thiele. „Wir brauchen Normen beim Bauen, aber nur so viele wie nötig, nicht so viele wie möglich.“
Auch der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) schwingt die Machete im bürokratischen Dschungel. Wie aktuell auf einem rechtspolitischen Podium mit dem prägnanten Titel „Der betriebliche Burn-out – Wenn Gesetze und Bürokratie zum Stillstand führen.“
Selbst mit gutem Willen sei es für viele Handwerksbetriebe immer schwerer, die stetig wachsenden Anforderungen aus Gesetzen, Verordnungen, Verboten und Geboten zu erfüllen, beklagt der ZDH. Ganz abgesehen davon, dass die administrativen Anforderungen in Form von komplizierten Formularen, ausführlichen Dokumentationspflichten und regelmäßig neuen Vorschriften von der eigentlichen handwerklichen Tätigkeit abhalten. Gerade kleine und mittlere Unternehmen seien überproportional von Bürokratie betroffen. Sie hätten schlicht und einfach nicht das Personal, um alle Verwaltungs- und Rechtsbereiche abzudecken und benötigten daher besonders dringend spürbare Entlastungen.
Zudem befürchtet der Verband die negativen Folgen der Überlastung von Betrieben für die junge Handwerker-Generation: Sie bremse deren Motivation, Betriebe zu übernehmen oder zu gründen. „Deutschland hat den Anspruch, ein Gründerland zu sein. Die Wahrheit ist aber, dass sich junge Menschen immer seltener für die Selbstständigkeit entscheiden“, so ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer.
Was die Krake kostet
Zumindest ist bekannt, was die ganze Bürokratie wirklich kostet, denn: „Bei der Quantifizierung gesetzlicher Folgekosten liegt Deutschland weit vorn. Kein anderes Land ist dabei annähernd so erfolgreich. Wir haben in den letzten 12 Jahren einen wirklichen Kulturwandel erreicht”, betont Dr. Johannes Ludewig, der Vorsitzender des Nationalen Normenkontrollrats (NKR) bei der Übergabe des Jahresberichts 2018. Es gibt jedoch noch einiges zu tun: „Allerdings ist die Transparenz bei den Folgekosten nicht alles. Bessere Rechtsetzung ist vielmehr ein Mehrkampf mit vielen Disziplinen. Bei Verwaltungsmodernisierung und Digitalisierung liegen wir immer noch weit zurück. Aber es gibt gute Ansatzpunkte, damit Deutschland bei der besseren Rechtsetzung zum Champion wird: mit weniger Bürokratie, mehr Digitalisierung und besseren Gesetzen. Wir müssen es einfach machen!” Ein wichtiger Meilenstein auf diesem Weg ist die „One in – one out“-Regel: Für jede neue Belastung durch eine gesetzliche Maßnahme muss eine andere Belastung wegfallen. Seit 2006 werden die administrativen Belastungen der Wirtschaft durch die Bundesgesetzgebung quantitativ gemessen. Und tatsächlich konnten die entsprechenden Kosten der Unternehmen in den Jahren bis 2012 von knapp 50 auf 38 Milliarden Euro pro Jahr gesenkt werden, wie das Institut der deutschen Wirtschaft (iwd) festgestellt hat. Seither jedoch halten sich Be- und Entlastungen ungefähr die Waage, die Lichtung des bürokratischen Dschungels ging nur noch schleppend voran.