Dank niedriger Zinsen ist Bauen nach wie vor erschwinglich. Aber: Immo- und Materialpreise steigen weit stärker als das Einkommen…
Wohneigentum trotz Corona noch erschwinglich
Preisexplosion trübt Baulaune
Mittwoch, 28.04.2021
Krise? Was für eine Krise… Zumindest im Neukreditgeschäft im Hypothekenmarkt ist von Corona-Krise bislang nichts zu spüren. Im Krisenjahr 2020 wurden 273 Milliarden Euro umgesetzt, 10 Milliarden mehr als 2019 – ein Plus von knapp vier Prozent. Der Zins für fünf bis zehnjährige Hypotheken lag im Januar 2021 bei 1,03 Prozent. Daran wird sich in den nächsten Monaten auch nichts ändern, vermuten die Immobilien-Experten des „Deutschland-Monitor Baufinanzierung Q2/2021“ von Deutsche Bank Research. Dafür sorge schon das von den Zentralbanken verordnete dauerhaft niedrige Zinsniveau.
Auch die Entwicklung der Immobilienpreise erlitt durch Corona keinen Dämpfer, ganz im Gegenteil. Die stiegen zwischen den vierten Quartalen (Q4) 2019 und 2020 um satte acht Prozent.
Was bedeutet das für den Immobilienmarkt, konkret: Wer kann sich Wohneigentum noch leisten? Das ermitteln die Verfasser des Monitors vierteljährlich mit dem Erschwinglichkeits-Index. Der ist definiert durch das relative Verhältnis von Immobilienpreisen inklusive Finanzierungskosten zum verfügbaren Haushaltseinkommen pro Kopf. Je höher der Index notiert, desto weniger erschwinglich sind Immobilien für den privaten Käufer. So schildert der Monitor die aktuelle Lage: „Wohneigentum bleibt von der Zinsseite her erschwinglich. Der entsprechende Index (2005=100) ist aufgrund der Zinsentwicklung von über 40 in Q4 2018 auf unter 28 in Q4 2020 gefallen. In diesem Jahr wird die Erschwinglichkeit etwas sinken (= steigender Index) wegen seitwärts laufender Hypothekenzinsen, schwacher Einkommensentwicklung und vermutlich weiter steigender Hauspreise“.
„Aufträge – aber kein Material“
Was den Erschwinglichkeits-Index zusätzlich antreiben könnte, wird in dem aktuellen Monitor noch gar nicht berücksichtigt. „Unsere Unternehmen registrieren bei Preisanfragen zu verschiedenen Baumaterialien seit dem vierten Quartal 2020 Preissteigerungen insbesondere bei Stahl, Holz wie auch Dämmstoffen, und das mit einer sehr dynamischen Entwicklung“, verkündet beispielsweise der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB). Dazu ein paar Zahlen seit letztem September:
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Holz: plus 15 bis 20 Prozent,
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Dämmstoffe: plus 25 Prozent,
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Betonstahl: plus 30 Prozent.
Diese Preisexplosionen führten heute schon zu Lieferschwierigkeiten, betont Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des ZDB. Das bekommen auch Handwerk und Häuslebauer zu spüren. „Wir haben Aufträge, aber kein Material dafür“, beklagt beispielsweise die Handwerkskammer Ulm. Ihre Mitglieder vermelden sogar Preissteigerungen bei verschiedenen Materialien von bis zu 200 Prozent! Dr. Tobias Mehlich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Ulm, sucht in der Corona-Krise und der massiven Subventionierung ihrer Folgen nach den Ursachen: „Die Hersteller der Baumaterialien schicken ihre Belegschaften oft in gut bezahlte Kurzarbeit, um Ergebnisse zu sichern, obwohl der Markt eigentlich nach ihren Produkten fragt. Kurzarbeit darf nicht zur Produktionssteuerung führen. Kunden und Verbraucher brauchen diese Produkte, die Nachfrage ist groß.“