Trinkwasserhygiene

Wie Planer und Vermieter das Risiko von Legionellenbefall minimieren können

Montag, 09.11.2020

Nur in Ausnahmefällen werden spezielle Spüleinrichtungen benötigt. So zum Beispiel bei besonderen hygienischen Anforderungen, bei zu groß dimensionierten Altinstallationen (bis zur Sanierung), bei überhöhten Wärmeübergängen in warm- und kaltgehenden Leitungen in Schächten von Altbauten (bis zur Sanierung), beim Wunsch nach einer flexiblen Umnutzungsmöglichkeit in gewissen Gebäudebereichen oder bei vorhersehbar längeren Nutzungsunterbrechungen (vergl. Tabelle 1). In der Wohnungswirtschaft entstehen unerwünschte Nutzungsunterbrechungen vorrangig durch Leerstände, zum Beispiel bei Vermietung von wenig attraktivem Wohnraum oder bei regionalem Wohnungsüberangebot. Im gehobenen Wohnungsbau müssen häufige und längere Abwesenheitszeiten (etwa durch Urlaube oder Geschäftsreisen) berücksichtigt werden.

Auch die maximale Länge von Fließwegen zu Entnahmestellen beziehungsweise ohne Warmwasserzirkulation sind im Regelwerk teilweise neu festgelegt. So dürfen Stichleitungen nicht nur im Warmwasserbereich, sondern auch im Kaltwasserbereich maximal 3 Liter aufweisen (DIN 1988-200, Kap. 8.1). Gerade im Geschosswohnungsbau kann diese „max. 3 Liter-Regel“ auf der Warmwasserseite kaum ausgeschöpft werden.

Um einen komfortablen Betrieb sicherzustellen, sollte die Anforderungsstufe nach VDI 6003 Kat. II umgesetzt werden. Sie setzt die schnelle Bereitstellung von 42-grädigem Duschwasser (9 l/min) innerhalb von 10 Sekunden voraus. Um diese Werte technisch realisieren zu können, darf das nichtzirkulierende Volumen in der Stichleitung nach eigenen Berechnungen nur noch rund 1,2 Liter betragen. Ein anderes „Hygiene- und Komfortkriterium“ findet sich in der DIN 1988-200, Kap. 3.6. Es besagt, dass nach 30 Sekunden das Kaltwasser höchstens 25 °C und Warmwasser mindestens 55 °C betragen muss.

Für das Warmwasser sind diese Anforderungen sicherlich kaum ein Problem, aber für das Kaltwasser ist dies eine planerische Herausforderung bei der Leitungsführung. Der Grund: Nach etwa 30 Sekunden stammt das an der Entnahmearmatur austretende Wasser zumeist aus dem Installationsschacht, in dem die Trinkwasserleitung ‚kalt‘ aufgrund benachbarter warmgehender Leitungen und trotz regelwerksgerechter Dämmung bei längeren Stagnationszeiten oftmals deutlich mehr als 25 °C aufweist. Unter diesen Bedingungen trägt also nur ein regelmäßiger Wasserwechsel zum Erhalt der Trinkwassergüte bei. Dieser kann über die Entnahmestellen in den Wohnungen, unter Umständen aber auch über separate Spülventile am Ende der Steigleitung des Schachtes gewährleistet werden. Getrennte Schächte für warm- und kaltgehende Leitungen sind sicherlich der Königsweg, der aber viel zu häufig an einer nicht hygienegerechten Größe und Platzierung der Schächte im Gebäude scheitert.

Moderne WC-Spülkästen mit einer automatischen Stagnationsspülung sorgen für einen regelmäßigen Wechsel des Kaltwassers auch in ungenutzten Wohnungen. Sie schützen so automatisch auch die benachbarten Wohnungen vor Kontaminationen, denn es steht am Abzweig der Steigleitung zur ungenutzten Wohnung immer Trinkwasser von hoher Güte an.
Quelle: Schell
Bild 6: Moderne WC-Spülkästen mit einer automatischen Stagnationsspülung sorgen für einen regelmäßigen Wechsel des Kaltwassers auch in ungenutzten Wohnungen. Sie schützen so automatisch auch die benachbarten Wohnungen vor Kontaminationen, denn es steht am Abzweig der Steigleitung zur ungenutzten Wohnung immer Trinkwasser von hoher Güte an.

Vielerorts gelingt es nicht, die baulichen Vorgaben der Architekten mit einer hygienisch sinnvollen Anordnung der Entnahmestellen in den Bädern in Einklang zu bringen. Zwar fordert die DIN EN 806-2 im Kapitel 8.1, dass Entnahmearmaturen mit geringer oder seltener Entnahme nicht am Ende einer langen Stichleitung (max. 3 Liter) platziert werden dürfen. Was im Umkehrschluss heißt, dass am Ende besser die am häufigsten genutzten Entnahmestellen angeordnet sein sollten: das WC und das Handwaschbecken. Leider ist häufig an dieser Stelle kein verfügbarer Schacht für die Abwasserleitung des WCs vorgesehen, so dass diese hygienisch sinnvolle Anordnung des WCs dort nicht möglich ist. Dann hilft nur noch, mittels Rohrführung die Toilette endständig einzubinden, selbst wenn sie räumlich am Anfang der Leitung platziert sein sollte.

Längere Betriebsunterbrechungen sind vor allem im gehobenen Wohnungsbau zu erwarten (Geschäftsreisen, längere Urlaube). Idealerweise kommen dort WCs mit einer automatischen Stagnationsspülung zum Einsatz. Ein solches WC kann zum Beispiel alle 24 Stunden selbsttätig eine Spülung auslösen, wenn innerhalb dieses Zeitraums keine Nutzung erfolgt ist (Bild 6). Dadurch wird zumindest die Kaltwasser-Installation regelmäßig gespült. Ein solches WC mit Stagnationsspülung schützt indirekt auch die benachbarte Wohnung, weil kein kontaminiertes Wasser aus dem Abzweig der ungenutzten Wohnung in die Steigleitung zur genutzten Nachbarwohnung gelangen kann.

Von Peter Arens
Leiter Produktmanagement, Schell GmbH & Co.KG
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