Eine Auswertung der Untersuchungen ergab, dass das Auftreten von Legionellen einer hohen zeitlichen Varianz unterliegt: An ein und derselben Entnahmestelle wurden über den Tag hinweg sehr unterschiedliche Legionellenzahlen ermittelt. Diese lagen teilweise deutlich unter dem technischen Maßnahmenwert von 100 Legionellen/100 ml, zu einem anderen Zeitpunkt aber auch deutlich über 10.000 Legionellen/100 ml, sodass in dem einen Fall keine und in dem anderen Fall sogar Sofortmaßnahmen zum Schutz der Nutzer notwendig waren, wie zum Beispiel ein Duschverbot (Bild 4).
Diese Untersuchungen zeigen, wie wenig repräsentativ Einzelergebnisse für ein Gebäude sein können. Dies ist bei der Probenahmestrategie und der Anzahl der Probenahmen, die an einem Tag stattfinden müssen (DVGW twin 06), zu berücksichtigen. Grundsätzlich muss bei überhöhten Werten aufgrund einer orientierenden Untersuchung immer eine systemische Untersuchung folgen (DVGW W551) und die notwendigen Schutzmaßnahmen für die Nutzer sind nach dem ungünstigsten Befund auszuwählen.
Doch warum kann es eine solch hohe Varianz an den Probenahmestellen geben? Eine mögliche Antwort liefert die Abbildung 5. Dargestellt sind die Befunde eines Gebäudes. Sie zeigen, dass trotz einer regelwerkskonformen Auswahl der Probenahmestellen gemäß DVGW W 551 eine Kontamination mit Legionellen in einem Gebäude nicht sicher erkannt werden kann. Denn im Vor- und Rücklauf der Warmwasserzirkulation und am Ende des längsten Fließweges liegen keine Auffälligkeiten vor. Das bedeutet, die Anlage ist grundsätzlich in der Lage, hygienisch einwandfreies Trinkwasser im Hinblick auf Legionellen zu liefern – mehr kann man von einem Planer, Installateur oder Gebäudeeigentümer weder verlangen noch erwarten.
Weitet man dann jedoch in diesem Gebäude die Auswahl von Probenahmestellen über die im Regelwerk geforderten Stellen aus, ergibt sich ein neues, auf den ersten Blick überraschendes Bild: Es wurden überhöhte Legionellenzahlen an verschiedenen Probenahmestellen festgestellt. Diese Stellen waren unter dem Gesichtspunkt von seltenen oder geringen Wasserentnahmen ausgewählt worden. Diese Untersuchungsergebnisse zeigen demnach, dass die Hauptleitungen einer technisch einwandfreien Installation, die nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik geplant, installiert und im Verantwortungsbereich des Gebäudeeigentümers auch so betrieben werden, keine überhöhten Legionellenzahlen auftreten, wohl aber in den Bereichen, in denen der Nutzer seiner Pflicht zum regelmäßigen und vollständigen Wasserwechsel nicht nachkommt!
Unternehmen der Wohnungswirtschaft und Kommunen sehen sich in diesem Zusammenhang mit komplexen Herausforderungen konfrontiert: Der „Sparwunsch“ vieler Mieter beim Wasserverbrauch kann erhebliche hygienische Probleme verursachen, auf die der Vermieter keinen Einfluss hat. Durch die Einführung von Wasserzählern im Wohnungsbau – bislang sind diese fast ausschließlich für den Neubau über die Landesbauordnungen vorgeschrieben – wird sich diese Problematik zukünftig weiter verschärfen. Vermieter können dieser Situation kaum entgegentreten, außer den Mieter bereits im Mietvertrag auf seine Pflicht zum regelmäßigen Wasserwechsel und die möglichen hygienischen Risiken allgemeinverständlich hinzuweisen. Nach Ansicht von Herrn Prof. Dr. Jörg Zeller, Fachanwalt für Bau- & Architektenrecht, Koblenz, kann sich diese Ergänzung an den oftmals bereits vorhanden Empfehlungen zur regelmäßigen Wohnraumlüftung und den möglichen Risiken des Schimmelpilzwachstums bei unzureichender Lüftung orientieren.
Planerische Maßnahmen zur Optimierung
Wie kann man also planerisch den so wichtigen und in der VDI 6023 und der DIN EN 806-5 geforderten regelmäßigen Wasserwechsel fördern? Die Grundlage bilden die fachgerechte Dimensionierung der Trinkwasser-Installation und Minimierung der Anzahl von Entnahmestellen sowie deren maximale Entfernung von einer Hauptleitung. Schlanke Installationen (druckverlustarme Systeme) und die in Bild 3 dargestellte optimale Anordnung der Entnahmestellen fördern den Wasserwechsel bereits im späteren Betrieb – und das ohne besondere Spülstationen am Ende der Leitungen.