Trinkwasserhygiene

Wie Planer und Vermieter das Risiko von Legionellenbefall minimieren können

Montag, 09.11.2020

Es gibt drei wesentliche Wachstumsfaktoren für Bakterien, denen man technisch begegnen kann: 1. Nährstoffe reduziert man durch geeignete Werkstoffe gemäß KTW und DVGW W270, 2. einen regelmäßigen Wasserwechsel („Zeit“) fördert man planerisch durch schlanke Installationen und kurze Stichleitungen, 3. „Wohlfühl-Temperaturen“ für Bakterien vermeidet man durch kaltes Trinkwasser ≤ 25 °C und heißes Warmwasser ≥ 55 °C.
Quelle: Schell
Bild 2: Es gibt drei wesentliche Wachstumsfaktoren für Bakterien, denen man technisch begegnen kann: 1. Nährstoffe reduziert man durch geeignete Werkstoffe gemäß KTW und DVGW W270, 2. einen regelmäßigen Wasserwechsel („Zeit“) fördert man planerisch durch schlanke Installationen und kurze Stichleitungen, 3. „Wohlfühl-Temperaturen“ für Bakterien vermeidet man durch kaltes Trinkwasser ≤ 25 °C und heißes Warmwasser ≥ 55 °C.

Bakterienwachstum lässt sich beeinflussen

Übermäßiges Bakterienwachstum wird durch drei wesentliche Faktoren in Trinkwasser-Installationen beeinflusst:

  1. günstige Wachstumstemperaturen,
  2. ausreichend Zeit für eine übermäßige Vermehrung und
  3. die Menge an verfügbaren Nährstoffen.

Bakterien und andere Krankheitserreger wachsen in aller Regel optimal bei Körpertemperatur, also bei etwa 37 °C. Daher muss gemäß Regelwerk ein Kaltwasser (Rohrkennzeichnung PWC [Potable Water Cold]) von dauerhaft nicht über 25 °C und ein Warmwasser (Rohrkennzeichnung PWH [Potable Water Hot]) von mindestens 55 °C angestrebt werden. Allerdings gibt es auch unter den Krankheitserregern Spezialisten wie das Bakterium Pseudomonas aeruginosa, das selbst im Kühlschrank und ohne Sauerstoff mittels Nitratatmung (!) wachsen kann.

Bakterien vermehren sich innerhalb einer Zeitspanne exponentiell. Verkürzt man diese Zeitspanne, so lässt sich eine übermäßige Vermehrung minimieren. Dieses Ziel lässt sich nur durch einen regelmäßigen und vollständigen Wasserwechsel erreichen. Dann ist die „Verdünnungsrate“ höher als die Vermehrungsrate und die Bakterienzahlen bleiben im unkritischen Bereich. Das wussten schon die vielzitierten „alten Römer“, die mittels Fernwasserleitungen und Laufbrunnen ihre Städte versorgten und damit die bis heute wichtigste Maßnahme zur Sicherstellung der Trinkwasserhygiene begründeten.

Die vorbildliche Reihenleitung: WC und Handwaschbecken – eventuell mit einer Kopfbrause für die ältere Generation – gehören an das Ende. Eine unregelmäßig und selten genutzte Badewanne sowie die Dusche gehören eingeschleift in diese Leitung, so dass bei jeder Nutzung des WCs und beim anschließenden Händewaschen mit warmem Wasser die Armaturen an Badewanne und Dusche weitgehend mit frischem Trinkwasser versorgt werden.
Quelle: Schell
Bild 3: Die vorbildliche Reihenleitung: WC und Handwaschbecken – eventuell mit einer Kopfbrause für die ältere Generation – gehören an das Ende. Eine unregelmäßig und selten genutzte Badewanne sowie die Dusche gehören eingeschleift in diese Leitung, so dass bei jeder Nutzung des WCs und beim anschließenden Händewaschen mit warmem Wasser die Armaturen an Badewanne und Dusche weitgehend mit frischem Trinkwasser versorgt werden.

Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass man beispielsweise einer übermäßigen Vermehrung von Legionellen – die sich nur alle ca. 3 bis 4 Stunden und damit relativ langsam verdoppeln – trotz suboptimaler Temperaturen durch einen hohen Wasserwechsel entgegenwirken kann. Den Beweis, dass dies wirkungsvoll funktioniert, liefern beispielsweise Kleinanlagen, bei denen ein hoher Wasseraustausch die Regel ist. Hier dürfen aufgrund des hohen regelmäßigen Wasseraustauschs die Temperaturen auf minimal 50 °C abgesenkt werden, wenn der Nutzer bei der Übergabe auf mögliche Risiken hingewiesen und ihm ein Wartungsvertrag angeboten wurde (DVGW W 551).

Der dritte wesentliche Faktor für eine überhöhte Bakterienvermehrung ist der Nährstoffgehalt des Wassers: Trinkwasser in der hohen Güte des Wasserversorgers enthält nur sehr wenig Nährstoffe, weshalb zum Beispiel eingangsseitige Maßnahmen zur Minimierung des Nährstoffgehaltes weder aus hygienischer noch aus wirtschaftlich Sicht Sinn machen, da solche Systeme zumeist teure Maßnahmen zur Absicherung mittels freiem Auslauf vom Typ AA, AB oder AD benötigen (DIN EN 17171, DIN 1988-100).

In Folge kommt den Bauteilen und Komponenten der Trinkwasser-Installation eine besondere Bedeutung zu: Im deutschen Regelwerk sind deshalb Anforderungen an die chemische und hygienische Qualität der verwendeten Werkstoffe festgelegt (vergl. auch TrinkwV § 17). Insbesondere sind hier die Anforderungen an organische Werkstoffe gemäß KTW (Zulassungsfähige organische Komponenten, Geruchsschwellenwert etc.) und DVGW W 270 (Prüfung auf einen maximal erlaubten mikrobiologischen Bewuchs) zu nennen. Werden nur Bauteile mit diesen entsprechenden „Hygiene-Nachweisen“ verwendet, darf man von einer ausreichenden Minimierung der Nährstofffracht und damit von einem minimierten Bakterienwachstum durch Werkstoffbestandteile ausgehen. Mehr als eine solche „Minimierung“ kann man auch gar nicht erreichen, denn sterile Systeme sind mit keiner technischen Maßnahme in der Trinkwasser-Installation möglich.

Da man also in einer Trinkwasser-Installation keinen der genannten drei Faktoren so weit minimieren kann, dass ein übermäßiges Bakterienwachstum automatisch ausbleiben würde, sind technisch immer alle drei Wachstumsfaktoren zu beeinflussen.

Untersuchungsbefunde traten an drei verschiedenen Entnahmestellen im Gebäude auf. Die Probenahmen fanden alle zwei Stunden zwischen 10:00 Uhr und 20:00 Uhr statt. Es ist zu erkennen, wie stark die Legionellenzahlen an zwei der drei Armaturen über den Tag variierten und wie wenig repräsentativ eine Probenahme in einem Gebäude sein kann.
Quelle: Th. Kistemann et al. 2014
Bild 4: Untersuchungsbefunde traten an drei verschiedenen Entnahmestellen im Gebäude auf. Die Probenahmen fanden alle zwei Stunden zwischen 10:00 Uhr und 20:00 Uhr statt. Es ist zu erkennen, wie stark die Legionellenzahlen an zwei der drei Armaturen über den Tag variierten und wie wenig repräsentativ eine Probenahme in einem Gebäude sein kann.

Mieter ist für Wasserbeschaffenheit verantwortlich

Das BMBF-Forschungsprojekt „Biofilm-Management“ (2010 bis 2014) hat unter anderem Großgebäude auf das Auftreten von Legionellen untersucht. Verantwortlich war ein Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Dr. med. Thomas Kistemann, Direktor des Kollaborationszentrums der Weltgesundheitsorganisation (WHO CC for Health Promoting Water Management and Risk Communication) und stellvertretender Direktor des Instituts für Hygiene und Öffentliche Gesundheit in Bonn.

Von Peter Arens
Leiter Produktmanagement, Schell GmbH & Co.KG
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