Was verdienen sie? Wo arbeiten sie? Wie ist ihre soziale Lage? Uni-Institut beleuchtet die Situation der Solo-Selbstständigen.
Weder „dolce vita“ noch Nagen am Hungertuch…
Studie zu Solo-Selbstständigen im Handwerk
Dienstag, 27.08.2019
Sie leben am Rand des Existenzminimums, sie machen die Preise kaputt und sie lassen sich ihren Ruhestand vom Steuerzahler alimentieren… Solche Aussagen hört man schon mal über Solo-Selbstständige – vor allem, wenn diese im Handwerk tätig sind. Was ist dran an diesen (Vor-)Urteilen? Eine aktuelle Studie des Volkswirtschaftlichen Instituts für Mittelstand und Handwerk an der Universität Göttingen e.V. (ifh) zeichnet ein differenziertes Bild. Dabei richten die Wissenschaftler den Fokus auf die soziale Lage der „Solos“. Sie unterscheiden und untersuchen drei „Populationen“ im Handwerk: abhängig beschäftigte Arbeitnehmer, Selbstständige mit angestellten Mitarbeitern und eben die Solo-Selbstständigen.
Ein erster Blick scheint in der Tat einige der gängigen Ansichten zu bestätigen: „So befinden sich unter den Solo-Selbstständigen signifikant mehr Frauen, EU-Ausländer, Personen im Rentenbezugsalter, alleinlebende Personen und Teilzeittätige“, stellt das ifh fest.
Nicht immer am Rand des Abgrunds…
Die überwältigende Mehrheit der im Handwerk beschäftigten Solos erziele allerdings Einkommen, die doch deutlich oberhalb der Armutsgefährdung liege, so das Institut. Von einer grundsätzlich prekären Lebensweise könne also keine Rede sein. „Im Hinblick auf ihre Einkommen ähneln Soloselbstständige mehr den abhängig Beschäftigten als den etablierten handwerklichen Unternehmen“, lautet ein Ergebnis der Studie.
Zusammengefasst ergab die Untersuchung:
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72 Prozent der im Handwerk tätigen „Einzelkämpfer“ sind in den Berufen mit Meisterpflicht tätig (Anlage A). Das zulassungsfreie Handwerk sei jedoch deutlich stärker von solo-selbstständigem Wirtschaften geprägt.
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Im Durchschnitt verfügen „Solos“ über geringere monatliche Nettoeinkommen (1.681 €) als abhängig Beschäftigte (1.728 €) und als Selbstständige mit Beschäftigten (2.678 €).
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Immerhin jeder fünfte „Solo“ erzielt nur ein persönliches Nettoeinkommen unterhalb der Schwelle zur Armutsgefährdung. Die liegt für den Ein-Personen-Haushalt bei 917 Euro.
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Eine wichtige Ursache dieser Einkommensunterschiede ist die hohe Teilzeitquote der Solo-Selbstständigen von 19 Prozent, so das ifh.
Vorsorgepflicht für „Solos“
Als problematisch sieht (nicht nur) das ifh die „Ungleichstellung unterschiedlicher Erwerbsformen im Hinblick auf die Pflichten zur sozialen Absicherung.“ Als Autorin der Studie plädiert Dr. Katarzyna Haverkamp deshalb für vergleichbare Versicherungspflichten für alle Marktteilnehmer: „Alles andere ist kein fairer Wettbewerb. Ein Selbstständiger mit Beschäftigten muss die Kosten für die Sozialversicherung seiner Mitarbeiter ja auch einkalkulieren.“