Trinkwasser-Installationen im Geschosswohnungsbau werden häufig zu sehr nach den Kriterien einer sicheren Versorgung und dem „Entnahmefall“ dimensioniert und geplant. Dieser Ansatz erfüllt...
Trinkwasseranlagen konzipieren – nicht einfach dimensionieren
Montag, 25.10.2021
... Hygiene- und Komfortanforderungen jedoch nicht ausreichend, weil er Stagnationsphasen während der Zapfruhen im Tagesverlauf oder Nutzungsunterbrechungen nicht berücksichtigt. In einer typischen Trinkwasser-Installation einer Wohnung fließt aber im Tagesverlauf in Summe oft nur für weniger als eine Stunde lang Wasser. Ein ganzheitliches Konzept, mit dem sich Trinkwasserhygiene und Warmwasserkomfort-Anforderungen in Einklang bringen lassen, ist die Kombination aus dezentraler Trinkwassererwärmung im Durchlaufprinzip, Durchschleif-Ringinstallation und bedarfsgerechter Hygienespülung.
Für eine optimale Trinkwasserhygiene sind vor allem zwei Kriterien ausschlaggebend: der regelmäßige Wasseraustausch im gesamten Leitungssystem sowie die Vermeidung ungünstiger Temperaturbereiche in den täglichen Phasen der Zapfruhe in den Kaltwasser- und Warmwasserleitungen. Denn das Wachstum von Legionellen in Trinkwassersystemen wird im Wesentlichen durch lange Verweilzeiten des Wassers, also Stagnation, in ungünstigen Temperaturbereichen begünstigt. Zu Legionellenwachstum kommt es, wenn beide Kriterien parallel auftreten. Eine Vielzahl an gesetzlichen Regelungen dient deshalb dazu, den Verbraucher vor Hygienerisiken zu schützen. Ein Trinkwasserkonzept muss jedoch nicht nur Hygieneanforderungen genügen, sondern auch einem hohen Anspruch an Komfort und Energieeffizienz gerecht werden.
Im Einklang: Hygiene und Komfort
Anforderungen an Hygiene und Komfort laufen häufig konträr. Dabei stehen werkvertraglich vereinbarte Warmwasserkomfort-Anforderungen leider meist eher im Fokus, als das deutlich höher zu bewertende Schutzziel des Erhalts der Trinkwassergüte über Planung und Ausführung hinaus. Beispielsweise bietet eine zentrale Warmwasserverteilung mit Zirkulation, wenn sie richtig ausgelegt und hydraulisch gut abgeglichen ist, guten Warmwasserkomfort und je nach Entfernung der Entnahmestellen zum Warmwasser- und Zirkulations-Steigstrang auch einen schnellen Warmwasser-Ausstoß. In Sachen Hygiene weist sie jedoch Schwachstellen auf, die in der Systemwahl und für den jeweiligen Einsatz in Gebäuden berücksichtigt werden müssen. Denn auch hier gilt das Planungsziel, das die Trinkwasserverordnung (TrinkwV) im Sinne des Verbraucherschutzes klar vorgibt: „Eine Schädigung der Gesundheit durch Krankheitserreger wie Legionellen durch den Genuss oder Gebrauch des Trinkwassers muss ausgeschlossen werden.“ Zentrale Systeme benötigen Warmwasserspeicher, die dauerhaft sogenannte Kaltzonen aufweisen. Zudem kann es zu Temperatureinbrüchen der Zirkulation nach Spitzenbelastungen kommen. Zum anderen gestaltet sich der für eine strikte 60°C/55°C-Betriebsweise so dringend erforderliche hydraulische Abgleich in weit verzweigten Netzen als schwierig nachhaltig umsetzbar.
Ein weiterer Schwachpunkt der Zirkulation ist, dass das Trinkwasser in stagnierenden Warmwasserabzweigen innerhalb der Schachtinstallation „warmgehalten“ wird. Dort können sich Legionellen besonders gut vermehren (siehe Abb. 2). Denn während Zapfpausen und Nutzungsunterbrechungen erfolgt durch die Zirkulation ein ständiger unkontrollierter Wärmeeintrag auf das stagnierende Wasser im Abzweig zur Stockwerksinstallation. Der Betriebszustand der „Zapfruhe“, also etwa die Zeit zwischen 8 und 18 Uhr an einem Werktag, wenn die Bewohner außer Haus sind, hat folglich einen großen Einfluss auf den Erhalt der Trinkwassergüte, spielt jedoch in der Dimensionierung des Rohrleitungssystems nach DIN 1988-300 oder DVGW W-551 überhaupt keine Rolle. Umso wichtiger ist es, bereits in der Planung alle Betriebszustände zu berücksichtigen und Anlagen so zu konzipieren, dass sie die Anforderungen an die Trinkwasserhygiene und den Warmwasserkomfort gleichermaßen berücksichtigen und damit Gesundheitsrisiken systematisch vermeiden. Hier ist das viel zitierte Raumbuch für den Planer das Werkzeug, um für ein Trinkwasser-Rohrnetz neben den erforderlichen Entnahmemengen und -temperaturen auch die Absicherung der Trinkwassergüte in normalen Stagnationsphasen zu erreichen. Auch die Frage, wie man Nutzungsunterbrechungen absichert, muss im Raumbuch vor der reinen Entwurfs- und Dimensionierungsarbeit erfolgen.
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