Die neue Trinkwasserverordnung (TrinkwV) wird allgemein begrüßt. Aber: Sie schießt stellenweise auch über das Ziel hinaus …
Trinkwasser wird noch besser geschützt
DVGW mit Auftaktveranstaltung zur neuen TrinkwV
Montag, 17.04.2023
In Kürze wird die gerade vom Bundesrat verabschiedete neue Trinkwasserverordnung in Kraft treten. Grund für die erfolgten Anpassungen und Änderungen ist die seit 2021 geltende Europäische Trinkwasserrichtlinie. Eine wichtige Neuerung: Die TrinkwV schreibt umfassende Regelungen zur Gefährdungsanalyse und Risikoabschätzung für die Wasserversorgung vom Rohwasser bis zur Entnahmearmatur fest. Dazu der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfachs (DVGW): „Wir begrüßen den umfassenden risikobasierten Ansatz. Er ist seit vielen Jahren im DVGW-Regelwerk etabliert. Durch die neuen Regelungen der TrinkwV wird sichergestellt, dass nun auch die Untersuchungspläne künftig passgenau auf die jeweilige Wasserversorgungslage ausgelegt werden können“, so Berthold Niehues, Leiter Wasserversorgung beim DVGW. Das SanitärJournal berichtet auch hier und hier zur neuen TrinkwV.
Was tun mit den „Ewigkeitschemikalien“?
Neu eingeführt werden u.a. Grenzwerte für die Chemikaliengruppe der perfluorierten Alkylsubstanzen, besser bekannt unter dem Kürzel PFAS. Diese Substanzen werden für viele alltägliche Produkte wie beispielsweise Schmier- und Imprägniermittel verwendet. Die auch als „Ewigkeitschemikalien“ bezeichneten PFAS bauen sich nur langsam ab. Deshalb reichern sie sich in der Umwelt an, können also auch in die Nahrung und in Trinkwasser gelangen. Die Grenzwerte gelten ab Januar 2026 für die Gruppe PFAS 20 (0,000 100 mg/l) und ab Januar 2028 für die Gruppe der PFAS 4 (0,000 020 mg/l). Dann müssen die Wasserversorger diese PFAS mit hohem technischem Aufwand aus dem Rohwasser ausfiltern, auf Kosten der Verbraucher. Das sieht Niehues kritisch: „End-of-Pipe-Ansätze sind definitiv keine Lösung. Die forcierte Aufbereitung würde das Problem nur einseitig auf die Wasserversorgung verlagern und ihr allein den Schwarzen Peter zuschieben. Stattdessen muss nun endlich eine europaweite oder besser weltweite Reglementierung für PFAS greifen. Diese Stoffe dürfen gar nicht erst in die Umwelt gelangen.“
Kommt jetzt die „Blei-Polizei“?
Eine wahrhaft „bleischwere“ Regel schreibt § 17 (1) der TrinkwV vor: Bis zum Ablauf des 12. Januar 2026 müssen Trinkwasserleitungen oder Teilstücke davon entfernt oder stillgelegt werden, wenn sie aus dem Werkstoff Blei bestehen. Dafür „sorgt“ dann die „ehrenamtliche Blei-Polizei“, nämlich die Versorger und SHK-Handwerker! Das regelt § 17, Absatz 6 der neuen TrinkwV: „Stellt ein Wasserversorgungsunternehmen oder ein Installationsunternehmen fest, dass in einer Wasserversorgungsanlage Trinkwasserleitungen oder Teilstücke von Trinkwasserleitungen aus dem Werkstoff Blei vorhanden sind, so hat es dies dem Gesundheitsamt unverzüglich schriftlich oder elektronisch anzuzeigen.“
Derzeit gilt ein Grenzwert von 0,010 mg/l für Blei im Trinkwasser. Und ab 2036 wird dieser Wert durch die EU halbiert auf 0,0050 mg/l. Der DVGW sieht das kritisch: „Das letztlich entscheidende Kriterium muss die Einhaltung des Grenzwertes für Blei sein und nicht der zwingende Ausbau bzw. Stilllegung der Leitungen.“ Am 19. April veranstaltet der DVGW eine ganztägige Online-Veranstaltung zur neuen TrinkwV. Mehr dazu hier.