Die zugesetzte Menge des Desinfektionsmittels ist unabhängig von einer aus der Pumpenlaufzeit errechneten Dosiermenge wöchentlich zu erfassen und zu dokumentieren. Die Konzentration des Desinfektionsmittels im Trinkwasser ist täglich an der der Dosierstelle nächstgelegenen Zapfstelle im Kaltwasser und gegebenenfalls an mehreren hydraulisch ungünstig gelegenen Zapfstellen (im Warmwasser) zu bestimmen und zu dokumentieren. Die dazu erforderlichen Proben sind nach der Dosierstelle und repräsentativ in der Gebäudeperipherie zu entnehmen. Sowohl die wöchentliche Erfassung als auch die tägliche Messung an der Dosierstelle kann bei kontinuierlicher Messung und Speicherung der Daten entfallen |5. Dabei muss das Desinfektionsmittel in den Leitungen durch den bestimmungsgemäßen Betrieb regelmäßig erneuert werden. Schon eine teilweise Nichtnutzung der Trinkwasseranlage macht jede Desinfektion unwirksam.
Den betroffenen Verbrauchern ist durch den Betreiber immer zu Beginn der Zugabe eines Desinfektionsmittels die Art des Desinfektionsmittels und dessen Konzentration im Trinkwasser unmittelbar schriftlich bekanntzugeben (vgl. § 16 Abs. 4 TrinkwV) |3.
Es bleibt festzuhalten, dass eine Trinkwasserdesinfektion allenfalls bis zum Abschluss der Maßnahmen einer Gesamtsanierung im Sinne der TrinkwV sinnvoll sein kann |8.
Das Wann und Wie einer Anlagendesinfektion
Liegt eine mikrobielle Kontamination in einer Trinkwasser-Installation oder Teilbereichen vor, muss sie zum Gesundheitsschutz umgehend beseitigt werden. Eine Dekontamination erfolgt in der Regel zunächst durch Reinigung (Spülung). Nur, wenn diese oder andere Reinigungsmaßnahmen nicht erfolgreich sind, ist eine chemische Desinfektion der Anlage (Anlagendesinfektion) in Betracht zu ziehen. Die genauen Verfahrensweisen für die Reinigung und Desinfektion sind in dem DVGW-Arbeitsblatt W 557 definiert |9.
Das Ziel ist, die in Biofilmen vorhandenen unerwünschten Mikroorganismen abzutöten beziehungsweise zu inaktivieren. In jedem Fall ist aber der erste Schritt die Reinigung. Denn in Partikeln oder Korrosionsprodukten eingebettete Bakterien lassen sich mit Hilfe von Desinfektionsmitteln so gut wie nicht abtöten, da diese die Mikroorganismen nicht erreichen. Daher müssen die Partikel oder Korrosionsprodukte durch Spülen oder andere Reinigungsmaßnahmen entfernt werden. Selbst wenn nach der Reinigung die Desinfektion der Anlage als zusätzliche Sicherheitsmaßnahme erforderlich ist, kann sie aber nur dann nachhaltig wirken, wenn die Ursachen für die Verunreinigungen, insbesondere die einer mikrobiellen Kontamination, beseitigt worden sind |9, 11.
Ist eine Anlagendesinfektion unumgänglich, verlangt der Prozess größte Sorgfalt: Zum Reinigen mit chemischen Zusätzen sind Vorrichtungen zum Einschleusen und zur Entsorgung der Spülwässer erforderlich. Deshalb dürfen diese Arbeiten nur Fachfirmen durchführen. Die Werkstoffverträglichkeit ist zu überprüfen und von der ausführenden Fachfirma oder den Herstellern der Installationskomponenten zu bestätigen und zu protokollieren (Nachweis) |9.
Des Weiteren muss die Anlagendesinfektion anhand des vorliegenden Strangschemas der Installation geplant und ausreichend dokumentiert werden. Um durch den Einsatz von Reinigungsmitteln die beabsichtigte Wirkung zu erreichen, ist es notwendig, die Art der Ablagerungen oder Verunreinigungen zu ermitteln. Nur so ist sichergestellt, dass diese auch durch die Reinigungsmittel entfernt werden können.
Reinigungsmittel können, sofern sie organische Komponenten enthalten, sogar zu einer Vermehrung von Mikroorganismen im Trinkwasser führen. Daher sollten nur nach dem DVGW-Arbeitsblatt W 319 |14 geprüfte Reinigungsmittel verwendet und deren Einsatz auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt werden. Organische Säuren, wie beispielsweise Zitronensäure oder Essigsäure, dürfen für die Reinigung nicht eingesetzt werden, da in der Trinkwasser-Installation verbleibende Reste zu einer Aufkeimung führen können |9.
Erfolgskontrolle der Maßnahme
Für alle Arten der Kontamination gilt, dass die erste Kontrolluntersuchung nach der Sanierung unmittelbar nach Abschluss der Maßnahmen erfolgen muss. Die Intervalle der Kontrolluntersuchungen sind in Abhängigkeit von den Vermehrungszeiten der beteiligten Mikroorganismen zu wählen:
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Legionellen: nach ein, zwölf und vierundzwanzig Wochen (siehe DVGW W 551),
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Pseudomonas aeruginosa und Koloniezahl: nach zwei, sechs und zwölf Wochen,
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Fäkalindikatoren und Coliforme: zwei Kontrolluntersuchungen innerhalb von zehn Tagen.
Das Gesundheitsamt kann weitere Festlegungen treffen (siehe § 20 TrinkwV 2001) |11.
Fazit
Desinfektionsmaßnahmen in Trinkwasser-Installationen sind keine Allzweckwaffe, sondern als Einzelmaßnahme eine stumpfe Waffe. Außerdem sind sie nur in Sonderfällen und engen Grenzen erlaubt:
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Permanente Trinkwasserdesinfektionen stehen im Widerspruch zum Minimierungsgebot der TrinkwV.
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Legionellenschaltungen sind nicht mit einer thermischen Desinfektion gleichzusetzen und nicht zielführend.
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Eine hygienische Trinkwasser-Installation muss gemäß der TrinkwV auf der Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik für die Planung, die Installation und den bestimmungsgemäßen Betrieb basieren.
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Mikrobielle Kontaminationen haben immer technische Mängel als Ursache und müssen demnach baulich beseitigt werden.
Zur Unterstützung einer Gesamtsanierung kann eine Desinfektion sinnvoll sein. Dabei muss aber immer die Gefahr der Korrosion mitberücksichtigt und damit die Werkstoffverträglichkeit vor der Maßnahme dokumentiert sein. Der erste Schritt zur Beseitigung einer Belastung ist in jedem Fall die Reinigung der Trinkwasseranlage. Dies gilt auch bei mikrobiellen Kontaminationen. Erst dann kann eine Desinfektion überhaupt wirken. Die Erfolgskontrolle bis 24 Wochen (mindestens jedoch 12 Wochen) nach der Maßnahme, abhängig vom mikrobiologischen Parameter, muss in Ordnung sein, um die Nachhaltigkeit überhaupt bewerten zu können. Beide Maßnahmen – die Trinkwasserdesinfektion und die Anlagendesinfektion – sind im Sinne der TrinkwV auch nur unter diesen Prämissen zulässig.
Anmerkungen:
|1 Baum H, Ewig S, Marre R, Suttorp N, Gonschior S, Welte T, Lück C and CAPNETZ Study Group. 2008. Community-acquired Legionella pneumonia. New insights from the German competence network for community acquired pneumonia. Clin Infect Dis 46[9], 1356-1364.
|2 S. Völker, S. Luther, T. Kistemann (2015): Bundesweite Statusanalyse. Vorkommen von Legionellen in Trinkwasser-Installationen, IKZ Fachplaner 10: 14-19.
|3 Trinkwasserverordnung (TrinkwV), 01/2018.
|4 DVGW-Arbeitsblatt W 551, Trinkwassererwärmungs- und Trinkwasserleitungsanlagen; Technische Maßnahmen zur Verminderung des Legionellenwachstums; Planung, Einrichtung, Betrieb und Sanierung von Trinkwasser-Installationen, DVGW, Bonn, 4/2004.
|5 Umweltbundesamt (UBA), Bekanntmachung der Liste der Aufbereitungsstoffe und Desinfektionsverfahren gemäß § 11 der Trinkwasserverordnung – 20. Änderung, Dezember 2018.
|6 www.lgl.bayern.de/gesundheit/hygiene/ wasserhygiene/trinkwasser/dezentrale_trinkwasseraufbereitung.htm#desinfektion
|7 Erkenntnisse aus dem BMBF-Verbundprojekt „Biofilm-Management“ Version 1.1, 2014, IWW, Prof. Dr. Hans-Curt Flemming.
|8 Hinweise zum regelkonformen Einsatz von Desinfektionsmitteln in der Trinkwasser-Installation, Referat für Gesundheit und Umwelt der LH München, 2017.
|9 DVGW-Arbeitsblatt W 557, Reinigung und Desinfektion von Trinkwasser-Installationen, DVGW, Bonn, 10/2012.
|10 Stellungnahme des Umweltbundesamt (UBA), Energiesparen bei der Warmwasserbereitung – Vereinbarkeit von Energieeinsparung und Hygieneanforderungen an Trinkwasser, September 2011.
|11 DVGW-Arbeitsblatt W 556: Hygienisch-mikrobielle Auffälligkeiten in Trinkwasser-Installationen, Methodik und Maßnahmen zu deren Behebung, DVGW, Bonn, 12/2015.
|12 Umweltbundesamt, Bewertungsgrundlage für metallene Werkstoffe im Kontakt mit Trinkwasser (Metall-Bewertungsgrundlage), Version vom 21. November 2018 unter Berücksichtigung der vierten Änderung.
|13 Desinfektion von Trinkwasser-Installationen zur Beseitigung mikrobieller Kontaminationen, twin Nr. 5, DVGW, April 2009.
|14 DVGW-Arbeitsblatt W 319, Reinigungsmittel für Trinkwasserbehälter; Einsatz, Prüfung und Beurteilung, DVGW, Bonn, 05/1990.