Mehr Meister – weniger Gründungen: erste Effekte der wieder eingeführten Meisterpflicht
Trennt der Meister die Spreu vom Weizen?
So wirkt die Rückvermeisterung
Mittwoch, 31.01.2024
Im Jahr 2020 wurde in zwölf Gewerken der B1-Liste die 2004 abgeschaffte Meisterpflicht wieder eingeführt. Darunter fielen auch die für das Ausbaugewerbe bedeutenden „Zünfte“ der Fliesenleger sowie der Behälter- und Apparatebauer. Welche Auswirkungen hatte diese Rückvermeisterung auf die entsprechenden Gewerke und die gesamte Wirtschaft? Das untersuchten jetzt Wissenschaftler des Instituts für Mittelstand und Handwerk an der Uni Göttingen (ifh). Ein erstes Ergebnis: Verglichen mit der Reform von 2004 ist seit 2020 eine genau umgekehrte Entwicklung zu beobachten.
Das sind die bislang stärksten Effekte der Reform in den betroffenen Gewerken:
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Deutlich weniger Neugründungen: Verglichen mit 2019 schmolz nach 2020 die Zahl der Neugründungen in den rückvermeisterten Gewerken um 90 Prozent.
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Deutlich mehr Meister: 2022 lag die Zahl der Meisterprüfungen 50 Prozent höher als 2018.
Ein wichtiges Ziel der Re-Regulierung ist die deutliche Verbesserung der handwerklichen Leistungen. Ob jedoch durch die neue Meisterpflicht tatsächlich eine qualitativ höhere Leistung erbracht werde, sei bislang nicht zu beobachten, so die Autoren. Zu den volkswirtschaftlichen Vorteilen der Meisterpflicht gehört die Ausbildung neuer Fachhandwerker. Allerdings hat sich die Anzahl der Azubis seit 2020 kaum verändert. Das könne sich aber mittelfristig noch ändern. Die wieder eingeführte Meisterpflicht lässt die nicht meistergeführten Betriebe nach und nach vom Markt verschwinden. Das könne dazu führen, dass Verbraucher längere Wartezeiten und höhere Preise in Kauf nehmen müssen.
Insgesamt wurden rund 111.000 handwerkliche Betriebe rückvermeistert. Fliesenleger und Raumausstatter hatten dabei mit je 54 bzw. 23 Prozent den Löwenanteil. Der erste Blick auf die Effekte der Rückvermeisterung stehe im Einklang mit den damit verfolgten politischen Absichten, so die Studie. Im Jahr 2025 ist vom Gesetzgeber zu prüfen, inwieweit die Ziele der Reform erreicht wurden. Dazu zählen neben der Nachwuchsförderung der Schutz von Leben und Gesundheit und der Erhalt von Kulturgütern.