Schwachstellen bereits in der Planung finden
Mit dem hier vorgestellten Temperatur-Stagnationszeit-Diagramm lässt sich für beliebige Teile einer Installation oder eines Planungskonzeptes der Temperaturverlauf während der betrachteten Stagnationsphase darstellen. Da-mit werden mögliche Hygienerisiken und Schwachstellen deutlich. Die Temperaturbereiche im Diagramm zeigen für Temperaturen unter 25 °C und über 55 °C jeweils „grün“. Der kritische „orange-rote“ Temperaturbereich da-zwischen signalisiert dagegen, dass bei längerer Stagnation mit dieser Temperatur eine Kontamination mit Legionellen wahrscheinlich wird. So zeigen Studien [1] der TU-Dresden, dass die Häufigkeit von Kontaminationen über dem Maßnahmenwert der TrinkwV abhängig ist vom jeweiligen Temperaturbereich.
Das Diagramm in Bild 1 lässt ebenso Rückschlüsse zu, welche Maßnahmen getroffen werden müssten, um trink-wasserhygienische Risiken zu minimieren und normative Anforderungen einzuhalten. So ließen sich ohne eine au-tomatisierte Spülung der zuvor erwähnten Kaltwasserleitung im gemeinsamen Installationsschacht die Temperaturanforderung aus DIN 1988-200 (< 25 °C nach maximal 30 s Zapfung) nicht erfüllen. Darüber hinaus kann sogar die erforderliche Spülfrequenz (im Beispiel mindestens einmal je nächtlicher Zapfruhe an jedem Tag im Jahr) ein-geschätzt werden. So wäre für die PWC-Temperaturhaltung in der „Kaltschacht“-Lösung allenfalls während 20 bis 25 Hitzetagen im Jahr eine automatisierte Spülung mit entsprechend geringerem Wasserbedarf erforderlich, um die oben genannte Temperaturhaltung zu gewährleisten (Bild 2).
Nachfolgend sollen beispielhaft einige „Installations-Klassiker“ aber auch Alternativen für die Realisierung nachhaltiger Trinkwasserhygiene im Sinne der TrinkwV anhand des Temperatur-Stagnations-Diagrammes überprüft und bewertet werden.
Warmwasserzirkulation in Trenn- und Vorwänden
Diese Lösung wird gerne eingesetzt in Hotelbädern, wenn die Anforderungen an den Warmwasserkomfort in der Planung dominieren, aber auch in Bettenzimmern von Krankenhäusern und Sportstätten mit Reihen-Duschanlagen. Meist unter der Annahme, dass bei typischerweise seltener und unregelmäßiger Nutzung von Entnahmestellen zirkulierendes Trinkwasser (PWH) mit dauerhaft mehr als 55 °C bis zur Zapfstelle dabei helfen könnte, das Legionellenwachstum in den Griff zu bekommen. Das Ergebnis ist hinlänglich bekannt. Die in derselben Trenn- oder Vorwand liegende, stagnierende Kaltwasserleitung erwärmt sich aufgrund der hohen Umgebungstemperatur schnell in den kritischen Temperaturbereich (Bild 3). Bereits nach 1,5 Stunden erreicht die Kaltwasserleitung (16 x 2 mm, 100 Prozent Dämmstärke) durch die permanente Wärmeeinwirkung der Warmwasserzirkulation Temperaturen, die mit „kalt“ wenig zu tun haben und mit denen die Temperaturanforderung der VDI-Richtlinie 6023 und der DIN 1988-200 (PWC<25°C) nicht erreicht wird.
Ein Alternative ist hier die Durchschleif-Ringinstallation in Verbindung mit dezentraler Trinkwassererwärmung. Bild 4 zeigt den wesentlichen Unterschied: Es zirkuliert keinerlei Warmwasser in der Installation, sondern wird nur bei einer Entnahme „frisch“ erwärmt. Wenn für einen vergleichsweise kurzen Zeitraum von etwa 10 bis 15 Minuten warmes Wasser in der Stockwerksinstallation fließt, beispielsweise beim Duschen, erfolgt zwar für kurze Zeit ein Wärmeeintrag in die Vorwandinstallation. Parallel fließt aber auch das Kaltwasser, sodass sich dies nicht negativ auf die Kaltwassertemperatur auswirkt. Bei nachfolgender Zapfruhe erreicht die Wassertemperatur sowohl in der Kaltwasser- als auch in der Warmwasserleitung schnell die Umgebungstemperatur und ist damit außerhalb des kritischen Temperaturbereichs. Aufgrund fehlender Wärmeeinwirkung durch Zirkulation liegt die Temperatur in der Vor- oder Trennwand nun mit 22 bis 24 °C tiefer und damit hygienisch deutlich günstiger.