Bild 8 zeigt die gemessenen Feuchteäquivalente zu Beginn des Versuchs, in Zeitschritten von etwa fünf Minuten für Sensor 1, der einen Abstand von 4,1 cm zur Rinne hat. Die Flutung der Duschrinne beginnt bei der blauen, gestrichelten Linie. Schon nach zehn Minuten erreichen die Messwerte die maximale Sättigung, also innerhalb einer Zeit, die für einen Duschvorgang üblich ist. Das Bild 9 zeigt die Feuchtewerte von Sensor 1 beim Ablassen des Wassers aus der Duschrinne, dargestellt durch die rot-gestrichelte Linie. Die Messwerte zeigen einen sehr langsamen Trocknungsvorgang: Innerhalb von dreieinhalb Tagen war eine kaum nennenswerte Abtrocknung in Form einer Tendenz der Messwerte zu verzeichnen. Die anderen Sensoren zeigten qualitativ ähnliche Verläufe. Mit steigendem Abstand zur Duschrinne waren lediglich zeitliche Verzögerungen bei der Durchfeuchtung nach der Flutung zu verzeichnen.
Der Versuch zeigt, dass der Kapillareffekt beim Duschen über die Sekundärentwässerung Abwasser aus der Duschrinne unter die Fliesen befördert. Eine Trocknung findet nur äußerst langsam statt. Von Entwässerung im Sinne einer Strömung bzw. frei abfließenden Wassers unterhalb der Fliesen kann keine Rede sein. Das OFI hat den Trocknungsvorgang nach 31 Tagen abgebrochen, während die Feuchtewerte immer noch nicht ganz die Ausgangpunkte erreichten. Für den täglichen Betrieb im Bad, bei dem die Dusche oft mehrmals täglich genutzt wird, heißt das, dass der Bereich unter den Fliesen praktisch nie mehr austrocknet. Vielmehr besteht die Gefahr, dass sich unter den Fliesen durch eingesaugten Schmutz, Seifenreste und Hautschuppen ein ideales Klima für Mikroorganismen bildet. Geruchs- und Hygieneprobleme sind dann nur noch eine Frage der Zeit.
Fazit
Die Versuche am OFI zeigen, dass Sickerwasseröffnungen oder Sickerwasserfugen bei Fliesen- oder Natursteinböden nach dem Dünnbettverfahren kontraproduktiv sind. Der Kapillareffekt verkehrt die gewünschte Entwässerungsfunktion der Sickerwasseröffnungen in ihr Gegenteil: Abwasser steigt unter die Fliesen und kann dort Hygieneprobleme verursachen. Die Trocknung ist langwierig, da hier Diffusionseffekte die wichtigste Rolle spielen. Auf den Punkt gebracht sagt die Studie des OFI aus, dass in nicht wasserführenden Schichten grundsätzlich auf eine Sekundärentwässerung verzichtet werden sollte. Wenn Handwerker, Planer oder Architekten eine Duschrinne mit Sickerwasseröffnungen vorfinden, sollten sie auf die Problematik hinweisen und die Öffnungen dicht verschließen lassen. Eine bessere Alternative ist es natürlich, von vornherein Produkte mit durchgängig geschlossenem Rinnenkörper und Kapillarschutzkante einzubauen. Der Markt stellt hier ein breites Angebot zur Verfügung. Analoge Überlegungen gelten auch für Punktabläufe, wenn diese ähnlich stark belastet werden wie Duschrinnen. Und für den späteren Gebrauch gilt: Defekte Fugen, egal ob aus Fugenmörtel bei Duschrinnen oder aus Silikon bei Duschtassen, sollten kein Dauerzustand sein, sondern ordnungsgemäß ausgebessert werden.