Die Messe Essen hatte eingeladen, um vorauszuschauen auf das, was das Fachpublikum im März auf der ersten Regionalmesse des Jahres 2024 in der Ruhrgebietsstadt zu erwarten habe. Eine Vor-Schau, die zu einem beträchtlichen Teil zur Abrechnung mit der (für manchen Branchenkundigen: irrlichternden) Berliner Wirtschafts- und Energiepolitik wurde.
SHK+E 2024 leidet unter Berliner Wirtschafts- und Energiepolitik
Essener Regionalmesse 2024 mit 300 Ausstellern
Dienstag, 05.12.2023
Und das aus gutem Grund, denn was die erneuerbaren Politstrategen von der Spree in den vergangenen Monaten auf dem herausfordernden Feld der Energiewende auf den Weg gebracht (andere sagen: versemmelt) haben, lässt sich als Kollateralschaden an der SHK 2024 ganz fein ablesen. Waren 2018, dem letzten belastbar normalen Messe-Jahr, noch 570 Aussteller aus 18 Nationen dabei, werden es diesmal in sechs Hallen nur noch gut die Hälfte sein. Mit der aktuellen Tendenz „immer noch etwas wackelig“, denn vor allem die Sanitärhersteller haben sich zurückgezogen. Über 80 Absagen allein in diesem Segment, das lässt sich auch nicht mit dem Dutzend neuer Aussteller abfangen, die sich hinter der Namenserweiterung „+E“ versammeln, also plus Elektro. Wobei es da nicht um Schalter und Lampen geht, sondern primär um die elektrotechnische Seite der Gebäudeerwärmung sowie der zugehörigen Peripherie. Beispielsweise PV-Systeme, Batteriespeicher oder Wallboxen.
Das ist zwar ganz im Sinne des bevorzugt grün-wärmepumpenden Wirtschaftsministers, spiegelt allerdings nur bedingt die Realität im Lande wider, wie Andreas Lücke, Senior Expert beim Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie e.V. (BDH) und Vorsitzender des Fachbeirats der SHK Essen, in seinem Grußwort beispielsweise süffisant anmerkte: Der Blick auf die Entwicklung der Wärmepumpen-Förderanträge zeige, dass der Trend hin zur derart elektrisierten Wärmeversorgung massiv eingebrochen sein. Denn statt 315.000 Anträge zwischen Januar und Oktober 2022 seien es im diesjährigen Vergleichszeitraum nur noch 76.000 ... Dem gegenüber stehen, das blieb nicht unerwähnt, plus 37 Prozent Zuwachs bei den Gas-Brennwertkesseln, die mit 817.000 Einheiten die Spitze der neuen Wärmewelt im deutschen Heizungskeller abbilden. Und selbst das Öl hat es (plus 49 Prozent) auf 111.500 neue Kessel gebracht; die förderbeantragten Wärmepumpeneinheiten wissen also selbst die Marke nicht zu erreichen.
Wärme-Zukunft im Herz der Kohle-Historie
Da bekam es schon fast symbolträchtige Bedeutung, dass die Messe Essen zur Präsentation dieser Zahlen an eine historische Stätte der Energieversorgung eingeladen hatte, auf die Zeche Zollverein. Einst die modernste Kohlezeche weltweit. Jetzt ein Museum; trotz der beträchtlichen Kohleflöze, die noch im Ruhrgebiet abzubauen wären – deren Abbau sich im Übrigen spätestens seit Dezember 2015 jedoch erledigt hat, als das Bergwerk „Prosper-Haniel“ in Bottrop als letztes aktives Steinkohlen-Bergwerk im Ruhrgebiet die Förderung einstellte. Fun fact: Stattdessen werden die verbliebenen rund 130 Kohlekraftwerke im Lande aktuell mit 6,65 Millionen Tonnen Steinkohle aus Australien, 6,7 Millionen Tonnen Kohle aus den USA, weiteren 2,9 Millionen Tonnen aus Kolumbien und sogar noch 420.000 Tonnen Kohle aus der Russischen Föderation befeuert (Quelle: destatis, Nov. 23).
Aber wie sagte ja auch Andreas Lücke im Kontext der eher fossilen BDH-Absatzzahlen: „Die politischen Wirrnisse in 2023 gehen auf keine Kuhhaut!“ Und schloss damit gewissermaßen nahtlos an seinen Vorredner Hans-Peter Sproten, Hauptgeschäftsführer des Fachverbands SHK NRW an, der nach der letztjährigen Polit-Schelte am Handwerk als „Nadelöhr der Energiewende“ retournieren konnte: Jetzt sei es die Politik, die mit ihrem Durcheinander im Zusammenhang mit dem Gebäudeenergiegesetz, der Bundesförderung erneuerbarer Energien und dem Kommunalen Wärmeplanungsgesetz das Erreichen eben dieser Ziele verhindere: „Wir blicken besorgt in die Zukunft, denn die Unsicherheiten sind in den vergangenen Woche nicht kleiner, sondern sogar noch größer geworden. Eine verlässliche Endkundenberatung ist kaum mehr möglich!“
Was im Übrigen nicht allein die Heizungsbauer trifft, wie Volker Meyer, Hauptgeschäftsführer der FIGAWA, der Bundesvereinigung der Firmen im Gas- und Wasserfach, als Dritter im Vortragsredner-Bunde wenig tröstlich beisteuern konnte: „Uns geht es nicht gut!“ – sprach er und verwies dabei insbesondere auf das komplett eingebrochene Objektgeschäft: Nur 195.000 statt der 400.000 von der Bundesregierung avisierten neuen Wohnungen, das ist nicht nur denkbar unbefriedigend, sondern steht zugleich für die Planungsunsicherheit, die Gift für die Wirtschaft sei. Was umso bedauerlicher ist, als gleichzeitig die Firmen des Gas- und Wasserfachs beispielsweise intensiv an Lösungen arbeiten, um mehr Energieeffizienz bei gleichzeitigem Erhalt der Trinkwasserhygiene anbieten zu können – also die Rahmenbedingungen schaffen, um mehr Wärmepumpen im Bestand einsetzen zu können und so die Energiewende voranzutreiben, wenn denn nicht die politischen Rahmenbedingungen ... (siehe oben; der Text könnte da wieder ansetzen).
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