Mitte 2017 starben im Londoner Grenfell-Hochhaus Dutzende Menschen in Folge eines Großbrandes, bei dem sich das Feuer aufgrund der Gebäudeverkleidung und Isolierung besonders schnell verbreitete. Auch in Deutschland ist ein ähnliches Szenario denkbar. Denn im Zuge der Liberalisierung des Baurechts in den 90er Jahren wurden gesetzliche Genehmigungsverfahren vereinfacht – die Verantwortung für die Sicherheit fiel damit auf den Bauherren und den Planer.
Schadensprävention in der Gebäudeplanungsphase
Freitag, 17.08.2018
Dank der neuen Freiheiten entschieden sich viele Planer aus Kostengründen für unzureichende Brandschutzlösungen. Hierfür können Bauherren im Brandfall auch nachträglich zur Verantwortung gezogen werden. Um dies zu vermeiden, bietet sich die Beratung und Erstellung eines individuellen Brandschutzkonzeptes durch ein entsprechend geschultes Ingenieurbüro an. So werden mögliche Risiken bereits in der Gebäudeplanungsphase minimiert.
Die Landesbauordnungen legen Mindestziele zur Wahrung der öffentlichen Daseinsvorsorge fest, lassen beim Weg dorthin aber auch Alternativen zu, die im Einzelfall definiert werden müssen. Als Sicherheitsniveau werden landesweit höchstens 400 Tote durch Brandursachen pro Jahr akzeptiert. Das hört sich zunächst ungewöhnlich an, ist aber eine Risikoabwägung unter Berücksichtigung des notwendigen Aufwands. So können nicht komplette Altstädte abgerissen werden, nur weil die Holzbalkendecken der Häuser dem heutigen Brandschutzstandard nicht entsprechen. Generell gilt jedoch: Wie ein sinnvoller Brandschutz bei Gebäuden aussieht, ist immer vom Einzelfall abhängig.
Vorausschauendes Brandschutzkonzept
Für den baulichen Brandschutz werden Gebäude in unterschiedliche Klassen eingeteilt – abhängig von Höhe, Fläche und Art. Auch wenn sich die Details je nach Bundesland unterscheiden, steigen die Anforderungen an den Brandschutz bei einer höheren Gebäudeklasse. Für einen transparenten Nachweis zur Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen hilft ein sorgfältig ausgearbeitetes Brandschutzkonzept bereits zu Beginn der Planungsphase. In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich dabei ein Standard eingebürgert, der Fehler schon allein durch die formale Gestaltung vermeidet: Der Textteil wird durch die explizite Darstellung mit Hilfe von Plänen ergänzt. Auf diese Weise fallen Probleme bereits in dieser frühen Planungsphase auf und müssen nicht später aufwendig korrigiert werden. Auch wenn ein Brand natürlich nicht ausgeschlossen werden kann, können die Risiken minimiert und die Konsequenzen begrenzt werden.
Bei der Erstellung eines solchen Konzeptes empfiehlt es sich, kritische Punkte frühzeitig mit Brandschutzprüfern abzustimmen. So kann ein Bauherr bei Gebäuden der Klasse 5, Sonderbauten, Mittel- sowie Großgaragen oder bei Abweichungen eine öffentliche Prüfung oder eine Untersuchung durch einen privaten Sachverständigen durchführen lassen (Vier-Augen-Prinzip). Wenn der Prüfer vorher bekannt ist, können die Herausforderungen eines Projekts bereits frühzeitig analysiert, besprochen und gelöst werden. Auf diese Weise wird der Plan schnell zu gültigem Baurecht und muss lediglich umgesetzt werden. Rechtlich gesehen sind Bauherren auf der sicheren Seite, wenn ein Sonderfachmann mit der Erstellung eines Brandschutznachweises beauftragt wurde, denn dieser haftet für sein Werk.
Rechtzeitige Planung minimiert Haftungsrisiko
Nach Schätzungen der Bayerischen Architektenkammer von 2012 muss damit gerechnet werden, dass der präventive Brandschutz rund ein Fünftel der Gesamtbaukosten ausmacht. Dabei ist es wichtig, den Brandschutz und die Schnittstellen mit dem Gebäude und der Haustechnik gleich bei den ersten Leistungsphasen zu bedenken. Es ist von Vorteil, die Technik oder Nutzung im Brandschutzkonzept an die Brandabschnitte anzupassen. Beispielsweise können je nach Größe mehrere kleine – je eine für jeden Brandabschnitt – statt einer großen Lüftungsanlage sinnvoll sein. Dadurch werden keine Brandschutzklappen benötigt, was in Abhängigkeit von der jeweiligen Haustechnik einen geringeren Investitionsaufwand, wartungsärmere Technik und weniger Bauteile, die ausfallen können, bedeuten kann.
Bei anderen Projekten wiederum ist es sinnvoll, die Nutzungen zu begrenzen, damit Sonderverordnungen keine weiteren Anforderungen oder Kosten auslösen können – beispielsweise durch Begrenzung von Lagermengen von Gefahrstoffen oder von Zuschauerzahlen bei Vortragssälen. Dabei sind einfache Lösungen mit wenigen Abhängigkeiten stets vorzuziehen. Bei Bestandsgebäuden wiederum ist es in der Regel am kosteneffizientesten, vorhandene Strukturen weiter zu verwenden und die Nutzungen in die vorhandenen Brandabschnitte oder Gebäudestrukturen einzufügen, sofern diese im Einzelfall sinnvoll sind.
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