Wasser spielt in fast allen Lebensbereichen eine zentrale Rolle - auch in der öffentlichen Kanalisation.
Rückstau: Die unterschätzte Gefahr aus dem Kanal
Montag, 28.10.2019
Obwohl sich Deutschland einen hohen Wasserverbrauch pro Kopf leisten kann und Wasser in fast allen Lebensbereichen eine zentrale Rolle spielt, wird das erzeugte Abwasser und dessen Weg in die öffentliche Kanalisation im Alltag kaum wahrgenommen. Ins Bewusstsein dringt die öffentliche Kanalisation meist erst dann, wenn sie überlastet ist oder im schlimmsten Fall „versagt“. Kanalindizierte Überflutung ist die sofort sichtbare Folge von Starkregenereignissen, die insbesondere in den Sommermonaten auftreten.
Die Beseitigung der Flut-Wasserschäden an Infrastruktur und privatem Wohneigentum verursacht hohe Kosten. Nach Angaben der Sächsischen Landesregierung melden 378 von insgesamt 438 sächsischen Kommunen (86 Prozent) Schäden als Folge des Juni-Hochwassers 2013. Der Gesamtschaden wird auf mehr als 2,4 Milliarden Euro – nur für Sachsen beziffert. Nicht zuletzt deshalb wird an unterschiedlichen Lösungsansätzen gearbeitet, um die fatalen Auswirkungen von immer häufiger auftretenden, extremen Regenereignissen einzudämmen.
Ein Ansatz ist die Einführung von Frühwarnsystemen, wo per App bereits Pegelstände oder Unwetterwarnungen an die Bürger ausgegeben werden. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) warnt in zwei Stufen vor diesen großen Niederschlagsmengen, welche meist sehr lokal auftreten. Ab einer Regenmenge von 15 l/m2 in einer Stunde wird eine markante Wetterwarnung ausgegeben, Unwetterwarnungen mit entsprechend höheren Werten. Auch für die Dimensionierung von Stadtentwässerungsnetzen werden die statistischen Auswertungen des DWD zu Starkregenereignissen in der jeweiligen Region genutzt. Aus wirtschaftlichen Gründen können Entwässerungssysteme jedoch nicht so ausgelegt werden, dass mit Auftreten von Starkregen ein absoluter Schutz vor Überflutung gewährleistet ist.
Aber nicht nur Starkregenereignisse, sondern auch Querschnittsverengungen, die durch Ablagerungen oder Verstopfungen im Kanalsystem entstehen, Rohrbrüche, Pumpenausfälle im öffentlichen Kanalsystem führen dazu, dass das Abwasser nicht mehr so schnell wie nötig abfließen kann und sich dadurch über die Ablaufstellen unterhalb der Rückstauebene (wie zum Beispiel Bodenabläufe, Waschbecken, WCs, Waschmaschinen und Duschen) in das Gebäude zurückstaut. Die Räume unterhalb der Rückstauebene werden bereits dann schon überflutet, bevor es für die Öffentlichkeit durch angehobene Gullydeckel und überflutete Straßen überhaupt sichtbar wird.
Sind Entwässerungsgegenstände unterhalb der Rückstauebene vorhanden, erweisen sich sorgfältig ausgewählte technische Barrieren in Form von Hebeanlagen und Rückstauverschlüssen als die beste Vorsorge gegen eindringendes Wasser durch eine überlastete Kanalisation.
Normen und rechtliche Grundlagen
Bei der Planung, Ausführung und Wartung von Rückstausystemen sind eine Reihe von technischen Regeln zu beachten. Diese Normen gilt es, bei der Bedarfsermittlung und Auswahl der richtigen Barriere gegen Rückstau aus dem Kanal zu beachten.
Maßgebend für Rückstauschutz sind die Normen DIN EN 12056 und DIN 1986-100. Sie regeln die grundsätzliche Planung und Dimensionierung von Entwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden. DIN 1986-100 ist zusätzlich bis zur Grundstücksgrenze gültig. Für die Grundstücksentwässerung gilt die Normenreihe DIN EN 752 „Entwässerungssysteme außerhalb von Gebäuden“. Ihr Geltungsbereich erstreckt sich von der Gebäudeperipherie bis zum Klärwerk und ist damit überwiegend auf die kommunale Entwässerung zugeschnitten.
Gemäß DIN EN 12056 und DIN 1986-100 sind Ablaufstellen unterhalb der Rückstauebene durch aktive Rückstausicherungen, also automatisch arbeitende Abwasserhebeanlagen mit Rückstauschleife, gegen Rückstau aus dem Kanal zu sichern.
Passive Rückstausicherungen, also Rückstauverschlüsse, können verwendet werden, wenn alle folgenden Kriterien erfüllt sind:
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