Der nächste Reformschritt des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) ist am 1. Januar 2023 in Kraft getreten:
Quo vadis Trinkwassererwärmung?
Mittwoch, 20.09.2023
Die Effizienzhaus-Stufe EH 55 stellt nun den gesetzlichen Mindeststandard für den Neubau dar. Dank effizienter und leistungsfähiger Wärmepumpen ist dieser Schritt folgerichtig. Eine Frage, die sich Fachplanern in diesem Kontext zunehmend stellt, ist: Leitet die mit der Wärmepumpe einhergehende Elektrifizierung der Heiztechnik auch einen Paradigmenwechsel bei der Trinkwassererwärmung ein – von zentral hin zu dezentral, mittels elektrischer Durchlauferhitzer? Dr. Christian Schauer, Experte für Trinkwasserhygiene bei Viega, weist darauf hin: „Auf welchem Weg Trinkwasser warm zu den Zapfstellen kommen sollte, bestimmt in erster Linie der Gesundheitsschutz.“ Hier einige Planungsgrundsätze, wie Trinkwasserhygiene und Trinkwassereffizienz in Einklang zu bringen sind (Abb. 1).
Maßgeblich für die Trinkwassererwärmung ist zunächst die Trinkwasserverordnung. Auch in ihrer neusten Fassung, die wohl 2023 in Kraft treten wird, steht der oberste Grundsatz, dass von Trinkwasser für den menschlichen Gebrauch keine Gesundheitsgefahren ausgehen dürfen. Welche das sein könnten, sollte anhand einer Risikobewertung ermittelt werden, die die gesamte Trinkwasserverteilung eines Gebäudes umfasst, so die dringende Empfehlung. „Das unterstreicht, dass Fachplaner in erster Linie dem Gesundheitsschutz verpflichtet sind – und die Frage der Energieeffizienz demzufolge nachgeordnet ist. Das muss man als Erstes wissen“, stellt Dr. Christian Schauer von Viega heraus. Dennoch sei es möglich, so der Trinkwasserexperte, „Hygiene und Effizienz der Trinkwassererwärmung in Übereinstimmung zu bringen“, so Dr. Schauer weiter.
Hygienische Grundsätze
Denn zunächst einmal gilt: Die Gesetzmäßigkeiten der Mikrobiologie sind wissenschaftlich gut fundiert. Bakterien – allen voran Legionellen – können aus dem Biofilm der Rohrinnenwände bei Trinkwassertemperaturen zwischen 25 °C und 55 °C gedeihen (Abb. 2). Diese Erkenntnis hat zu konkreten Festlegungen in Normen und Regelwerken geführt.
Das Temperaturregime des DVGW Arbeitsblatts W 551 für Zirkulationssysteme – 60 °C am Speicheraustritt und 55 °C am Speichereintritt – ist daher nicht lediglich eine Notwendigkeit für dieses Verteilungssystem, sondern als Grundsatz für den Erhalt der Trinkwassergüte von Trinkwasser warm (PWH) anzusehen. Zwar räumt die DIN 1988-200 die Möglichkeit ein, die PWH-Temperatur in Großanlagen auf 50 °C abzusenken, wenn der regelmäßige Wasseraustausch innerhalb von 72 Stunden gewährleistet ist. Doch Betriebstemperaturen < 50 °C sind in jedem Fall zu vermeiden. Andernfalls ist der Betreiber auf das potentielle Gesundheitsrisiko durch Legionellen hinzuweisen [1]. Deshalb ist zu empfehlen, die Mindesttemperatur für PWH von 55 °C gemäß DVGW-Arbeitsblatt W 551 einzuhalten.
Ein weiterer Faktor für Bakterienwachstum im Wirkkreis der Trinkwassergüte (Abb. 3) ist die Durchströmung. Strecken in der Trinkwasserverteilung mit längeren Stagnationsintervallen sind beim bestimmungsgemäßen Betrieb zu vermeiden. Diese Kriterien sind für den Erhalt der Trinkwasserhygiene generell zu beachten – unabhängig von der Frage, ob eine dezentrale oder zentrale Trinkwassererwärmung geplant ist.
Systematische Temperaturhaltung
Eine hygienegerechte Temperaturhaltung von PWH in der Trinkwasserverteilung selbst ist bei einer zentralen PWH-Versorgung über den hydraulischen Abgleich der Zirkulationskreise und Überwachung der Aus- und Eintrittstemperatur am Trinkwasserspeicher technisch vergleichsweise einfach abzusichern. Bei dezentraler Trinkwassererwärmung hingegen stellen Verbraucher erfahrungsgemäß elektrische Durchlauferhitzer auf das Temperaturniveau der Nutzung ein – also lediglich auf etwa 35 °C für das Händewaschen und bis 43 °C für das Baden. Damit befindet sich Trinkwasser warm in den Leitungsabschnitten zwischen Durchlauferhitzer und Entnahmestelle permanent in einem für das Legionellenwachstum kritischen Temperaturbereich. Der beginnt ab 20 °C und geht bis 55 °C (Abb. 2). Und was die Hygiene angeht, fehlt bisher der Positivnachweis bei dezentraler Erwärmung.
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