Die Kenntnisse der aktuellen technischen Regelwerke im Bereich der Trinkwasser-Installation gehören zum Elementarwissen jedes verantwortlichen Fachmanns, der mit der Planung, der Ausführung oder dem Betrieb von Trinkwasser-Installationen befasst ist.
Sorgfalt ist oberstes Gebot bei der Trinkwasser-Installation
Freitag, 27.03.2015
Durch die Fortschreibungen der Normen-Reihen DIN EN 806 und DIN 1988 sowie des DVGW-Regelwerks, der Überarbeitung der VDI/DVGW 6023 und auch durch die Änderungen der Trinkwasserverordnung haben sich umfangreiche Veränderungen in der Installationspraxis ergeben.
Nicht zuletzt fordert die Trinkwasser-Verordnung vom Unternehmer oder sonstigen Inhaber (UsI) einer Wasserversorgungsanlage die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik (aaRdT). Dieser Fachbeitrag gibt einen begrenzten Überblick in die aktuellen Normen, Verordnungen und Gesetze und stellt quasi ein Inhaltsverzeichnis der Inhaltsverzeichnisse der verschiedenen Dokumente dar.
Die bestehenden Verordnungen, wie zum Beispiel AVBWasserV und Trinkwasserverordnung, sind für jedermann verbindlich, wenn sie einen sachlichen und persönlichen Bezug darstellen. Der §12, Kundenanlage, der AVBWasserV fordert vom Anschlussnehmer einer Anlage, dass diese nach den aaRdT erstellt werden muss, und zwar durch einen Fachmann, der in ein Installateursverzeichnis eingetragen ist. Zusätzlich fordert die Trinkwasserverordnung vom UsI, mindestens die aaRdT einzuhalten. Doch was sind denn die aaRdT? Es handelt sich dabei um Regeln, die mindestens theoretisch richtig sind sowie praktisch bewährt und anerkannt wurden. Wie zum Beispiel die europäische Normenreihe DIN EN 806 in ihren Teilen 1 bis 5 oder die nationalen Ergänzungsnormen DIN 1988-100, -200, -300, -500 und -600. Alle nationalen Ergänzungsnormen haben folgenden Hintergrund: „Die europäischen Arbeitsergebnisse erreichen nicht die für die deutschen Anwenderkreise erforderliche Normungstiefe und somit ergab sich die Notwendigkeit, deutsche Ergänzungsfestlegungen (…) zu erarbeiten.” (DIN 1988-200, Vorwort).
Die DIN EN 806
Die DIN EN 806-1 erschien im Jahr 2001, der letzte Teil, DIN EN 806-5, im Jahr 2012. Diese bilden nun ein Normenpaket, das die entgegenstehenden nationalen Normen ersetzte. Das bedeutet, dass die nationalen Normen DIN 1988-1 bis -8 zurückgezogen wurden und nicht mehr gültig sind. Hier greifen nun die aktualisierten Ergänzungsnormen DIN 1988-100 bis -600. Um der Fachwelt aufzuzeigen, dass es sich um die „neuen” Normen handelt und um Verwechslungen zu vermeiden, wurden dreistellige Teilenummern gewählt. Die DIN EN 806 erläutert die technischen Regeln für die Trinkwasser-Installationen. Teil 1 beschäftigt sich mit „Allgemeinem”: Zu finden sind hier die Zuständigkeiten und Aufgaben für Planung, Bau und Betrieb, Erklärungen von Begrifflichkeiten sowie die graphischen Symbole und Kurzzeichen, die man zuvor in der 1988-1 finden konnte. Diese Norm hat keine nationale Ergänzungsnorm, sie gilt für ganz Europa!
Planung
In Teil 2 der DIN EN 806 geht es um die Planung. Da in Deutschland aber höhere Anforderungen an die Planung gestellt werden, war es notwendig, diese DIN EN 806-2 durch eine nationale Norm zu ergänzen. Die DIN 1988-200 ist detaillierter, was die Punkte private Eigenwasserversorgung, Werkstoffe, Bauteile, Innenleitungen, Verteilung von Trinkwasser kalt und warm, Behandlung von Trinkwasser, Schallschutz, Brandschutz, Feuchteschutz, Druckerhöhung, Druckminderer und Vermeidung von Schäden durch Korrosion angeht.
Ermittlung der Rohrdurchmesser
Die Berechnung der Rohrinnendurchmesser in einem vereinfachten Verfahren ist Inhalt der DIN EN 806-3. Allerdings kennt diese europäische Norm nur einen einzigen Gebäudetyp, sie verweist jedoch auf etwaige nationale Ergänzungsnormen. In Deutschland wäre das die DIN 1988-300, die verschiedene Gebäudetypen unterscheidet. Sie beinhaltet Berechnungsgrundlagen, Bemessung von Kalt- und Warmwasserzuleitungen, Bemessung von Zirkulationssystemen und die Dokumentation der Berechnungsergebnisse. Einzige Ausnahme: „Die Rohrdurchmesser für die Kalt- und Warmwasserverbrauchsleitungen in Wohngebäuden mit bis zu sechs Wohnungen (können) auch nach DIN EN 806-3 bestimmt werden.” (DIN 1988-300, Anwendungsbereich).
Schutz des Trinkwassers
Der „Schutz des Trinkwassers vor Verunreinigungen in Trinkwasser-Installationen und allgemeine Anforderungen an Sicherungseinrichtungen zur Verhütung von Trinkwasserverunreinigungen durch Rückfließen” sind seit 2011 in der DIN EN 1717 geregelt. Neben Begrifflichkeiten werden grundlegende Bemerkungen zur Verunreinigung von Trinkwasser gemacht, Bestimmungen der Risiken für Entnahmestellen und Apparate sowie Auswahl der Schutzmaßnahmen dargelegt, unter anderem die Einteilung des Trinkwassers in die Kategorien 1 bis 5 (siehe Abb. 1). Weitere Inhalte sind Sicherungseinrichtungen für Entnahmestellen und Apparate in der Trinkwasser-Installation für den häuslichen und nicht-häuslichen Gebrauch, die Absicherung an der Übergabestelle der öffentlichen Trinkwasserversorgung und der freie Auslauf über einem Entwässerungsgegenstand. Die DIN EN 1717 ist in Deutschland nur in Verbindung mit der DIN 1988-100 zu verwenden! Hierzu heißt es im Vorwort der 1988-100: Sie „ist nur zusammen mit der DIN EN 1717:2011-08 anzuwenden und gibt Erläuterungen sowie Hinweise zur Anwendung der EN 1717 in Deutschland.” Die DIN 1988-100 beschäftigt sich ebenfalls mit dem Rückfließen von verunreinigtem Wasser, der Verbindung von Versorgungssystemen, äußeren Einflüssen, Werk-, Betriebs- und Hilfsstoffen, der Stagnation, Schäden durch mangelnde oder unsachgemäße Wartung, Trennung durch Einzel- oder Doppelwänden sowie Sicherungseinrichtungen, sowohl für den häuslichen als auch den nicht-häuslichen Gebrauch. Außerdem enthält sie die Anwendungstabelle mit Beispielen für die Auswahl von Sicherungseinrichtungen für den häuslichen und nicht-häuslichen Gebrauch. Sie führt eine „Auswahl von Schutzmaßnahmen für die Absicherung gebräuchlicher Entnahmestellen und Apparate” auf, die anzuwenden sind (DIN 1988-100, Punkt 12).
Installation
Der Teil 4 der DIN EN 806 enthält Anforderungen und Empfehlungen, wie Installationsarbeiten durchgeführt werden sollten, um sicherzustellen, dass diese Anforderungen erfüllt werden, um eine langfristig sichere und wirtschaftliche Nutzung zu ermöglichen und die Umweltverträglichkeit zu erhalten. Inhalte sind die Installation mit den verschiedenen Bereichen wie die Handhabung der Materialien, Biegen und Verbinden von Rohren, Rohrwerkstoffe, Anschlussmöglichkeiten etc., die Kombination verschiedener Metalle und die Inbetriebnahme mit Befüllen, Spülen der Rohrleitungen und der Desinfektion.
Hier findet man unter Punkt 5.3 auch die gute alte Fließregel, die besagt, dass „in Fällen, in denen verzinkter Stahl zusammen mit Kupfer in derselben Installation verwendet wird, die Produkte aus verzinktem Stahl in Durchflussrichtung vor dem Kupfer installiert werden müssen”. In Deutschland gilt die Ergänzungsnorm DIN 1988-200, deren Inhalte bereits dargestellt wurden. Es empfiehlt sich aber, stets beide Normen zu sichten, da in der DIN EN 806-4 viele Dinge erörtert werden, die in der DIN 1988-200 nicht enthalten sind – und anders herum.
Druckerhöhung
Die Druckerhöhung, die ehemals in der DIN 1988-5 geregelt war, findet sich nun in der bereits erwähnten DIN EN 806-2. Ergänzt wird dieser Bereich durch die nationalen Ergänzungsnormen DIN 1988-500 und DIN 1988-200. Die DIN 1988-500 behandelt Druckerhöhungsanlagen mit drehzahlgeregelten Pumpen (Planungsgrundlagen, Betriebsbereitschaft, Inspektion und Wartung), die DIN 1988-200 behandelt in Kapitel 10 die „Maßnahmen zur Verhinderung von Drucküberschreitungen”.
Betrieb und Instandhaltung
Last but not least – Teil 5 der DIN EN 806. Hier sind Betrieb und Wartung von Trinkwasser-Installationen geregelt. Was bringt es, wenn alles richtig geplant und eingebaut wurde, der Betreiber aber die Instandhaltung vernachlässigt? Deshalb regelt diese europäische Norm die Dokumentation, Betrieb, Betriebsunterbrechung und Außerbetriebnahme, Wiederinbetriebnahme, Schäden und Störungen, Änderungen, Erweiterungen und Sanierung, Zugänglichkeit von Anlagenteilen und die Instandhaltung. Diese Norm ist so detailliert, dass es keine Notwendigkeit für eine nationale Ergänzungsnorm gibt. Auch hier spricht Europa eine Sprache. In Anhang A der DIN EN 806-5 ist eine Tabelle zu finden für die Häufigkeit der Inspektion und Wartung von Bauteilen für Trinkwasser-Installationen. Diese Tabelle ist nicht erschöpfend, dennoch führt sie 46 Bauteile auf inklusive detaillierter Beschreibung, was bei Inspektion und Wartung zu tun ist.
Feuerlösch- und Brandschutzanlagen
Zwar werden Feuerlösch- und Brandschutzanlagen schon in der DIN EN 806-2 behandelt, in Deutschland gelten hier aber die Normen DIN 1988-600 und DIN 14462. In der DIN 1988-600 sind „Trinkwasser-Installation in Verbindung mit Feuerlösch- und Brandschutzanlagen” geregelt. Zu finden sind darin unter anderem der Aufbau und die Anforderungen, ebenso wie die Behandlung der Anlagen in Verbindung mit Trinkwasseranlagen im Bestand und die Inbetriebnahme. Die DIN 14462, die im September 2012 erschienen ist, beschäftigt sich mit der Auslegung, Berechnung und Installation von Löschwasseranlagen, mit der Inbetriebnahme und Abnahmeprüfung und der Instandhaltung. Des Weiteren sind in Anhang A „Beispiele für die schematische Darstellung von Wandhydrantenanlagen, Löschwasseranlagen trocken und Anlagen mit Über- beziehungsweise Unterflurhydranten” zu finden, analog zur DIN 1988-600. Anhang B beinhaltet Hinweise für Planer, Errichter und Betreiber.
VDI/DVGW 6023
Neben den behandelten europäischen und nationalen Normen gibt es in Deutschland noch die Richtlinien des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) und des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfachs (DVGW). In der Richtlinie VDI/DVGW 6023 ist die „Hygiene in Trinkwasser-Installationen – Anforderungen an Planung, Ausführung, Betrieb und Instandhaltung” definiert, sie stellt also quasi die „Hygiene-Fibel der Trinkwasser-Installation” dar. Sie verlangt eine Verständigung unter allen verantwortlichen Partnern für Planung, Erstellung, Betrieb und Instandhaltung bezüglich der hohen Bedeutung der Trinkwasserbeschaffenheit für gesundes Wohnen und Arbeiten.
Neben der Erklärung von Begriffen und Abkürzungen behandelt die Richtlinie die Grundlagen der Hygiene, Planung, Montage und Inbetriebnahme, Nutzung und Betriebsweise, Instandhaltung sowie Qualifikation und Schulung des Personals. Hierzu gibt es spezielle VDI-Schulungen, die beispielsweise von Honeywell angeboten werden. Diese Richtlinie ist in Verbindung mit den geltenden DIN EN und DIN Normen einzuhalten.
DVGW Arbeitsblätter
Der DVGW gibt auch Arbeitsblätter zu verschiedenen Themen aus dem Bereich Wasser heraus, so zum Beispiel das Arbeitsblatt W551, das sich mit Trinkwassererwärmungs- und Trinkwasserleitungsanlagen beschäftigt. Konkret geht es hier um „technische Maßnahmen zur Verminderung des Legionellenwachstums”. Inhalte sind die Planung und Errichtung solcher Anlagen (Groß- und Kleinanlage), deren Betrieb, Wartung und Sanierung sowie die hygienisch-mikrobiologische Untersuchungen und Bewertung. Hier verweist das Arbeitsblatt auf die Vorgaben der TrinkwV.
Das Arbeitsblatt W557 regelt die Reinigung und Desinfektion von Trinkwasser-Installationen und beschreibt, wie mikrobielle Kontaminationen und unerwünschte Ablagerungen im Sinne der TrinkwV vermieden und beseitigt werden. Dazu gehören die Reinigung von Trinkwasser-Installationen und die Anlagendesinfektion, Anwendungsbereiche von Desinfektionsverfahren und vorbeugende Maßnahmen zur Abwendung einer mikrobiellen Kontamination. Gerade in Vorbereitung befindet sich das Arbeitsblatt W556. Dort wird die kontinuierliche Desinfektion des Trinkwassers beschrieben.
Fazit
Die Anforderungen an die Trinkwasser-Installationen sind in den letzten Jahren immer komplexer geworden, Planer und Installateure sehen sich mit einer Vielzahl von Normen und Richtlinien konfrontiert. Leider können hier nicht alle Normen und anerkannte Regeln der Technik dargestellt werden, aber dieser Fachbeitrag versucht, einen zumindest kleinen Überblick zu geben. Denn eins darf man nicht vergessen: Der Paragraph 319 des STGB (Baugefährdung) weist darauf hin, dass jeder bestraft wird, der „in Ausübung eines Berufes oder Gewerbes bei der Planung, Leitung oder Ausführung eines Vorhabens, technische Einrichtungen in ein Bauwerk einzubauen oder eingebaute Einrichtungen dieser Art zu ändern, gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik verstößt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen gefährdet.“ Das reicht von einer Geld- bis zu einer fünfjährigen Freiheitsstrafe. Sorgfalt ist also angesagt.
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