In Deutschland fehlen vor allem kleine und günstige Wohnungen. Und: Trotz steigendem Einkommen hat die Hälfte aller Mieter immer noch zu hohe Wohnkosten, so eine Studie.
Jede zweite Mietwohnung zu klein oder zu teuer
„In Regulierungen kann man nicht wohnen“
Montag, 21.06.2021
Die gute Nachricht vorweg: Trotz aller Diskussion über Mietexplosion, unbezahlbares Wohnen und Wohnungsnot – die Mietbelastungsquote ist seit 2006 gesunken, wenngleich auch „nur“ um 1,4 Prozent, durchschnittlich. Sie lag 2018 bei 29,8 Prozent des Nettoeinkommens eines Mieterhaushaltes (Medianwert). Zwar sind die Bruttowarmmieten in dem Zeitraum um 7,5 Prozent gestiegen. Aber die jeweils verfügbaren Einkommen stiegen eben noch mehr – um 16 Prozent. Besonders interessant: Der Anteil an Haushalten mit Mietbelastungsquoten über 30 Prozent sank in dem Zeitraum sogar um vier Prozent.
In der Immobilienbranche, aber auch unter Sozialwissenschaftlern, gilt eine Mietbelastungsquote von 30 oder mehr Prozent des jeweiligen Netto-Haushaltseinkommens als problematisch. Denn: Dann bleibt nur noch relativ wenig Geld für die sonstige Lebensführung.
Jeder zweite Mieter „real unterversorgt“
Höhere Belastungen über 30 Prozent treffen daher vor allem einkommensschwache Haushalte. Im Jahr 2018 waren das 49,2 Prozent aller Miethaushalte. Mehr als ein Viertel der Mieter muss über 40 Prozent des Einkommens für das Wohnen ausgeben, zwölf Prozent sogar mehr als die Hälfte. Die Zahlen stammen aus dieser im Auftrag der gewerkschaftseigenen Hans-Böckler-Stiftung erstellten Studie. Untersucht wurden die vielleicht gar nicht so wohnlichen Verhältnisse in 77 deutschen Großstädten. Der Fokus der Studie richtet sich dabei auf soziale Aspekte: „In Haushalten an der Armutsgrenze beträgt die Mietbelastung rund 46 Prozent. Dagegen müssen Mieterhaushalte mit einem hohen Einkommen lediglich knapp 20 Prozent für die Warmmiete ausgeben“, so die Studie. Die Armutsgrenze verläuft bei einem Haushaltseinkommen von maximal 60 Prozent des mittleren (Median-)Einkommens pro Haushalt. Das lag 2018 bei 2.298 Euro. Als hohes Einkommen gilt eine Summe von mehr als 140 Prozent des Medians.
Weiter stellt die Studie fest: „Laut Mikrozensus 2018 haben mehr als 7,5 Millionen Menschen in vier Millionen Mieterhaushalten nur Wohnungen, die für sie zu klein oder zu teuer sind, gemessen an der im Sozialrecht als angemessen geltenden Quadratmeterzahl und dem 30-Prozent-Kriterium für die Warmmiete.“ Und das heißt: Mehr als die Hälfte aller Mieterhaushalte ist „real unterversorgt“, so die Forscher. Und sie folgern daraus: „Dieses soziale Versorgungsdefizit ließe sich durch die Absenkung von Mietpreisen, den Neubau von sehr günstigen Wohnungen oder Einkommenssteigerungen bei Haushalten mit geringen Einkommen überwinden.“
„Bezahlbares Wohnen erfordert bezahlbares Bauen“
Auch der Präsident des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW), Andreas Ibel hat sich die Studie zur Brust genommen. Die zeige, so Ibel, dass in Deutschland vor allem kleine und günstige Wohnungen Mangelware sind. Und viel zu lange habe die Politik mit Maßnahmen wie Mietendeckel oder Milieuschutz diesen Mangel nur verwaltet. „Aber in Regulierungen können die Menschen in Deutschland nicht wohnen“, betont Ibel. Und weiter: „Mit immer neuen Auflagen für den Bau und die Sanierung wird keine einzige neue Wohnung entstehen. Das wirksamste Mittel gegen Wohnungsnot und hohe Mieten ist eine Ausweitung des Angebots. Dafür brauchen wir Investitionsanreize.“
Und keinesfalls drastische Preissprünge wie derzeit bei Kunststoffen, Holz und Stahl. Zudem müsste seit Jahren Bauträger und Projektentwickler immer tiefer in die Tasche greifen, moniert Ibel. Denn: „Bezahlbares Wohnen erfordert bezahlbares Bauen.“