Preisexplosion und Lieferprobleme bremsen die Baubranche aus. Handwerk sieht Politik gefordert.
„Beispielloser Engpass“
Material-Blackout am Bau!
Dienstag, 01.06.2021
Die Kurve (siehe Grafik) ähnelt dem berühmt-berüchtigten „Hockey-Schläger“ aus der Klimadebatte: ein liegender Schaft mit plötzlich steil aufragender Kelle. Sie markiert allerdings keine globale Katastrophe, sondern verdeutlicht einen noch nie dagewesenen Mangel an Material in der Bauwirtschaft: Nahezu jedes vierte Unternehmen hatte im April erhebliche Probleme, rechtzeitig Baustoffe zu beschaffen! „Ein beispielloser Engpass – seit 1991“, kommentiert Felix Leiss vom ifo-Institut München die aktuelle Umfrage. Das habe im April dieses Jahres die Bautätigkeit beeinträchtigt – zumindest vorübergehend.
Noch dramatischer zeigt sich die Lage im Vergleich mit März: Da beklagten gerade mal sechs Prozent der Unternehmen im Hochbau Lieferschwierigkeiten, im April vervierfachte sich dieser Anteil dann auf 24 Prozent! Ähnlich die Lage im Tiefbau. Da verschärfte sich der Materialengpass im April auf zwölf Prozent – von drei Prozent im März – ebenfalls um den Faktor vier!
„Das Material ist an vielen Stellen knapp, hört man aus der Branche. So sind die Preise durch Lieferschwierigkeiten in mehreren Märkten gleichzeitig gestiegen: beim Baustahl, Bauholz und Kunststoffen – etwa Dämmstoffen und Folien“, so Ludwig Dorffmeister, Experte für die Baubranche am ifo Institut.
Alleine die Preise für Kunststoffe stiegen seit Februar 2021 zwischen 45 und 75 Prozent, teilt das Großhandelsunternehmen Muffenrohr GmbH seinen Kunden mit. Eine Entspannung erwartet der Grossist nicht vor dem ersten Quartal 2022 und bittet seine Kunden, nicht auf Vorrat zu bestellen. Das würde die ohnehin schon schwierige Lage zusätzlich verschärfen.
In dieser ernsten Situation fordert ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke die Politik: „Die Preisexplosionen bei gleichzeitigen massiven Lieferengpässen belasten die Handwerkskonjunktur wie die Konjunktur insgesamt. Politik muss alles ihr Mögliche tun, damit diese Verwerfungen nicht zum Konjunktur-Killer werden!“
Es sei geradezu widersinnig, dass Handwerksbetriebe bei gefüllten Auftragsbüchern nun deshalb plötzlich Kurzarbeit in Betracht ziehen. Konkret fordert der ZDH beispielsweise, Handwerksbetriebe nicht mit Vertragsstrafen zu überziehen, wenn sie wegen der aktuell schwierigen Lage ihre Verträge nicht rechtzeitig erfüllen können. Zudem müssten die Regeln zum Kurzarbeitergeld wie auch zur Stundung von Sozialbeiträgen verlängert werden.