Der durch Corona beschleunigte digitale Wandel in der SHK-Branche setzt Hersteller von Sanitärprodukten unter Druck.
Neue Vertriebswege erfordern neue Sanitär-Produkte
„Coronale“ Verwerfungen in der SHK-Branche
Montag, 30.08.2021
Corona hat die „Spielregeln“ des SHK-Marktes bereits jetzt deutlich geändert. So kauft beispielsweise der private Endkunde immer häufiger Sanitärprodukte selbst ein, da er in digitalen Zeiten bestens über deren Eigenschaften, Vorzüge und Preise informiert ist. Den SHK-Fachmann braucht er dann „nur noch“ für Montage, Wartung und Reparatur der online erworbenen Produkte. Im Gegenzug gleicht der Installateur seine dadurch verminderten Margen durch Aufschläge bei der Arbeitszeit aus, wie eine Sanitär-Studie von Munich Strategy nahelegt. Darüber hat das SanitärJournal hier berichtet. So hat sich der Anteil der SHK-Experten, die regelmäßig Material zur Montage von Privat-Kunden beigestellt bekommen, in den letzten drei Jahren mehr als verdoppelt (von 16 auf 36 Prozent). Während noch vor drei Jahren nahezu die Hälfte der SHK-Handwerker diese Art von Aufträgen (Montage beigestellten Materials) rundheraus ablehnte, tun das heute nur noch sechs Prozent (siehe Grafik).
SHK-Handwerk am längeren Margen-Hebel
Eine weitere Folge dieses „Trends“: SHK-Unternehmer wählen attraktive Projekte bewusst aus, schieben weniger attraktive nach hinten oder preisen sich sogar absichtlich ins Abseits, so die Autoren der Studie. Die hohe Nachfrage im Privatbau, vor allem auch bei Sanierungen, führe zu einem Preispremium insbesondere bei kleineren Aufträgen. Das habe laut Studie Folgen auch für die Hersteller: „Dass Endkunden und Verarbeiter Preise online vergleichen, führt für Hersteller tendenziell zu erhöhter Wettbewerbsintensität, einer negativen Preisspirale und geringeren Margen. Der Installateur wird davon absehen, hohe Produktpreise beim Endkonsumenten durchzusetzen – er sichert seine Marge auf andere Weise ab.“ Für Markenhersteller bedeute das ein konsequentes Monitoring der Online-Preise. Vor allem aber seien die Hersteller gefordert, echte Produkt-Innovation als Überlebensstrategie zu definieren, um die Preisqualität zu sichern.
Laut den Autoren der Studie geraten (insbesondere kleinere) Hersteller von zwei Seiten unter zunehmenden Druck: Zum einen verschiebt sich die Produktwahl Richtung Endkunde. Und zudem profiliert sich der Großhandel weiter mit seinen Eigenmarken.
Dr. Sebastian Theopold, Bauexperte bei Munich Strategy, stellt dazu fest: „Die großen Marken können mit ihrer finanziellen Stärke maximale digitale Strahlkraft erzielen und mit ihrem Angebot auf breiter Front angreifen.“ Er geht davon aus, dass durch die steigende Digitalisierung auch die Konsolidierung der Sanitärbranche weiter vorangetrieben wird.
Kleinere SHK-Unternehmen renovieren, größere bauen neu
Im privaten Bausektor zeigt die Studie: „Kleinere Installateure shiften bereits von Neubau auf Renovierung, während große Verarbeiter (mehr als 15 Mitarbeiter) weiterhin mehr Neubau-Projekte in ihrer Pipeline vorweisen können. Installateure mit Fokus auf Renovierung sind mit einer Nachfrage konfrontiert, die ihre Kapazitäten um ein Vielfaches übersteigt. Für Endkunden bedeutet eine Anfrage beim professionellen Verarbeiter daher lange Wartezeiten. Endkunden haben alternativ nur noch die Möglichkeit, auf Generalisten zurückzugreifen oder das Projekt selbst als DIY (Do-it-yourself) umzusetzen.“