Baugewerke hadern mit unwirtschaftlichen Aufträgen und Stornierungen. Verband fordert Bildungswende gegen Fachkräftemangel.
Mehr Umsatz – weniger Gewinn
Wie kommt das Handwerk durch die Krise(n)?
Mittwoch, 22.03.2023
Wie wirkt sich die derzeitige krisenhafte Lage auf das Handwerk aus? Und was erwarten Handwerker von den nächsten Monaten? Über 2.300 Handwerksunternehmen beantworteten diese Fragen in einer Umfrage des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH). Im Fokus standen dabei die Erwartungen für das erste Halbjahr 2023. Die sind allerdings nicht allzu rosig: Über 80 Prozent aller Betriebe gehen von fallenden oder bestenfalls gleichbleibenden Umsätzen aus. Und mit den Umsätzen wird größtenteils nicht mal ein Gewinn erzielt: 68 Prozent geben an, dass sie mit bestehenden Aufträgen faktisch Verluste machen, weil sie nur unwirtschaftlich auszuführen sind. Ebenfalls zwei Drittel der Betriebe beklagen die verzögerte Erfüllung von Aufträgen oder gar deren komplette Stornierung – aufgrund fehlenden Materials und/oder hoher Einkaufspreise. Vor allem die Bauhauptgewerke (80 Prozent) berichten von unwirtschaftlichen Aufträgen. Die Ausbaugewerke (81 Prozent) leiden hingegen eher unter Auftragsverschiebungen oder -stornierungen, so der ZDH. Einziger Hoffnungsschimmer: Handwerksunternehmen sind inzwischen etwas weniger betroffen von gestörten Lieferketten und gestiegenen Beschaffungspreisen. Während im November 2022 noch 80 Prozent der Betriebe von solchen Problemen berichteten, waren es jetzt „nur noch“ 71 Prozent.
All das hat Folgen für die Beschäftigten. In den Bauhauptgewerken rechnet ein Viertel der Inhaber mit Arbeitsplatzverlusten im eigenen Betrieb. Drei Viertel hingegen gehen von gleichbleibenden oder sogar steigenden (10 Prozent) Beschäftigtenzahlen aus. In den Ausbaugewerken sieht es für die Beschäftigten etwas besser aus: Nur 15 Prozent der Befragten rechnen mit mehr Entlassungen im ersten Halbjahr.
„Wir brauchen eine Bildungswende!“
„Da viele offene Stellen im Handwerk voraussichtlich nicht besetzt werden können, weil die entsprechenden Fachkräfte und Auszubildenden fehlen, deutet dies auf spürbare Beschäftigungsverluste in den kommenden Monaten hin“, so der ZDH. Und: „Die einbrechende Wohnungsbaukonjunktur dürfte zudem vor allem in den Bauhauptgewerken zu einer spürbar sinkenden Beschäftigung führen.“
Den absehbaren gravierenden Mangel an Auszubildenden und Fachkräften will Jörg Dittrich, Präsident des ZDH, mit einer weiteren „Wende“ begegnen: „Nur mit handwerklich qualifizierten Fachkräften können die Transformationsprozesse gelingen, weshalb es im allgemeinen gesellschaftlichen Interesse liegt, wieder mehr junge Menschen für eine berufliche Ausbildung im Handwerk zu begeistern. Die Auszubildenden von heute sind die Fachkräfte von morgen. Diese Binsenweisheit muss endlich mit Leben gefüllt werden: Wir brauchen eine Bildungswende! Wir müssen neu denken in der Bildungspolitik und althergebrachte Bildungsideale der vergangenen Jahrzehnte neu definieren. Die künftige unmissverständliche bildungspolitische Botschaft muss lauten: Es gibt zwei Wege, um persönlich wie beruflich erfolgreich zu sein – den akademischen und den berufspraktischen Ausbildungsweg. Und die noch wichtigere Botschaft muss sein: Diese beiden Bildungswege sind absolut gleich viel wert!"