Entscheidend aber ist, dass der Mensch mit seinen individuellen Fähigkeiten und Bedürfnissen stets im Mittelpunkt des Entwicklungsinteresses steht und nicht nur das technisch Machbare sowie die reine Funktion oder Ästhetik des Produkts. „Design für Alle“ stellt im Prinzip keine grundlegend neuen Anforderungen an die Designer, da viele Aspekte wie beispielsweise Nutzerfreundlichkeit und Ergonomie Bestandteile eines jeden guten Gestaltungsprozesses sein sollten.
Im vergangenen Jahr ist Keramag mit dem erstmalig vom ZVSHK verliehenen Produkt-Award „Badkomfort für Generationen“ ausgezeichnet worden. Dabei war Ihr Unternehmen als einziger Hersteller mit gleich drei Nominierungen vertreten. Um welche Produkte handelte es sich dabei?
Insgesamt hatten sich Produzenten aus sechs Ländern mit 55 Produkteinreichungen um den Award beworben. Die international besetzte achtköpfige Jury hat im Vorfeld die Bewerbungen gesichtet und 25 davon nominiert. Von uns waren dabei die Spiel- und Waschlandschaft „4Bambini“, der bereits von mir erwähnte Generationenbad-Waschtisch mit Möbelunterschrank sowie das wandhängende WC „Kind“ für die Endrunde qualifiziert. Den Produkt-Award hat dann „4Bambini“ erhalten.
Was ist das Besondere an dieser Spiel- und Waschlandschaft?
Mit „4Bambini“ haben wir eine neue Stufe der nutzergerechten Sanitärraumausstattung in Kindergärten und -tagesstätten erreicht. Das Produkt setzt Maßstäbe im spielerischen Erlernen der Körperhygiene sowie beim Umgang mit Wasser. Diesen Anspruch verdeutlicht auch die Produktbezeichnung Spiel- und Waschlandschaft. Das Konzept von vier Waschplätzen auf zwei Höhen trägt den unterschiedlichen Körpergrößen der Kinder Rechnung. Die Wellenform im vorderen Bereich symbolisiert nicht nur die Wasserbewegung, sondern erleichtert auch die Erreichbarkeit der Armatur. Außerdem minimieren die abgerundeten Formen und Kanten mögliche Verletzungsgefahren. Als zusätzliche optische Highlights sind die originellen Armaturen längst zu Kultobjekten geworden. Bei der Bewertung hat die Jury die Nutzerfreundlichkeit, die Flexibilität und Adaptierbarkeit, die ästhetische Qualität, den zielgruppenorientierten Entwicklungsprozess sowie die Innovation und Marktfähigkeit unter dem Gesichtspunkt des generationenübergreifenden Badkomforts beurteilt.
Welchen Stellenwert hat nun das generationengerechte „Universal Design“ heute und in Zukunft?
Das Generationenbad oder – wie wir es bevorzugt nennen – Komfortbad steht immer mehr im Fokus der Badsanierungen. Dieser Trend wird sich zwangsläufig auf Grund der Alterspyramide weiter fortsetzen. Hier eröffnet sich eine der wichtigsten Zukunftsaufgaben für die Sanitärhersteller. Neuen Untersuchungen zufolge fehlen bis 2020 rund 2,5 Millionen altengerecht ausgestattete Wohnungen. Derzeit verfügen nur 5 Prozent der insgesamt 11 Millionen Seniorenhaushalte über barrierefreie Wohnumfelder. Darüber hinaus hat das Pestel-Institut ermittelt, dass der Anteil der Pflegebedürftigen an der Gesamtbevölkerung bis 2035 von 2,9 Prozent auf 4,5 Porzent zunehmen wird. Die daraus resultierende Zahl von dann 3,5 Millionen Menschen wird bis 2050 auf 4 Millionen steigen.
Die meisten älteren Menschen möchten möglichst lange in den vertrauten vier Wänden bleiben. Voraussetzung dafür ist aber gerade im Bad die Verfügbarkeit von entsprechenden Ausstattungen, die eine autonome Nutzung ermöglichen. Hier muss die flächendeckende Verbraucheraufklärung von allen Herstellern weiterhin intensiv begleitet werden. Da die Produkte, die Architektur und die Dienstleistungen die Eigenkompetenz und selbstbestimmte Lebensführung der Menschen stützen, ist das Design für Alle oder „Universal Design“ ein wichtiger Faktor des sozial orientierten Generationenvertrages.
Vielen Dank für das nette und informative Gespräch.