Trotz einer wachsenden Anzahl an Richtlinien und zahlreichen bekannten Fällen von Nichteinhaltung hygienischer Vorschriften...
Kaltwasser-Zirkulation: Temperaturanstiege kontrolliert reduzieren
Montag, 23.11.2020
...wird die Thematik „Trinkwasserhygiene“ weiterhin in vielen Situationen eher zweitrangig behandelt. Planer und Betreiber fokussieren vorrangig die hydraulische Funktionalität einer Trinkwasseranlage, um jede Zapfstelle mit den nötigen Wassermengen und -drücken zu versorgen. Dabei werden Maßnahmen zum Erhalt der Trinkwasserhygiene oftmals vernachlässigt.
Stetig steigende Fallzahlen der im Rahmen der Meldepflicht erfassten Erkrankungen durch Legionellen bestätigen diesen Kontext jedenfalls in Teilen [1]. Daher ist eine frühzeitige Einbeziehung von präventiven Maßnahmen zur Einhaltung der Trinkwasserhygiene ein entscheidender Faktor, um die Trinkwasseranlage gemäß normativer Vorgaben bestimmungsgemäß zu betreiben. Dazu gehört, dass die Temperaturen des Trinkwassers innerhalb der vorgeschriebenen Grenzen einschlägiger Regelwerke bleiben. Durch verschiedene Einflüsse und bauliche Konstellationen ist dieser Forderung häufig nur schwierig nachzukommen.
Während technische und organisatorische Lösungen mit teilweise hohem Wasserverbrauch die Forderungen nach regelwerkskonformen Temperaturen bedienen, können zirkulierende Systeme ebenso gut einen bestimmungsgemäßen Betrieb ermöglichen, ohne dass ein hoher Wasserverbrauch notwendig wird. Für die Dimensionierung eines solchen Systems ist es nötig, die grundsätzlichen Informationen für die Auslegung zusammenzutragen und realistische Parameter für einen sicheren Betrieb zu finden. Mit Zirkulationssystemen soll der bestimmungsgemäße Betrieb von Kaltwassernetzen sichergestellt werden, indem die aufgenommene Wärme über einen Wärmeübertrager abtransportiert wird, sodass es zu keinen unzulässigen Temperaturveränderungen kommt.
In einer Abschlussarbeit an der FH Münster wurde 2018 ein tabellengestütztes Dimensionierungsverfahren für Kaltwasser-Zirkulationssysteme entwickelt, um errichtungsfähige Anlagen planen zu können. Bei der Erstellung dieses Tools lag daher eine erhöhte Aufmerksamkeit auf der Findung von praxisnahen Parametern, die den Wärmeeintrag in das System beschreiben. Ebenso von Bedeutung war die hydraulische Einregulierung des Systems, womit besonders in hydraulisch ungünstigen Fließwegen die Einhaltung der Temperaturvorgaben sichergestellt werden soll. In dem vorliegenden Artikel liegt der Fokus auf den für eine erfolgreiche Dimensionierung notwendigen Parametern, um das Risiko eines ungewollten Temperaturanstiegs in Kaltwasserleitungen kontrolliert zu reduzieren.
Temperaturveränderung in Kaltwasserleitungen
Die Nichteinhaltung normativer Vorgaben zu Temperaturgrenzen sowie mikrobiologischer Anforderungen kann zur Vermehrung von im Trinkwasser vorkommenden Krankheitserregern führen [2]. Enorm risikoreiche Temperaturbereiche, die das Wachstum von Legionellen begünstigen, liegen zwischen 25 und 42 °C; die optimale Wachstumstemperatur beträgt in etwa 35 °C [3]. Bei Temperaturen oberhalb von 55 °C wird das Wachstum gehemmt und ab 60 °C kommt es zum Absterben der Mikroorganismen. Ein Überleben der Keime im Kaltwasser unterhalb von 20 °C ist generell möglich, wobei es jedoch nicht zu einer nennenswerten Vermehrung kommen kann [4].
Krankenhäuser, Pflegeheime, Sanatorien und Arztpraxen gelten dabei als besonders sensibel für fakultative Infektionsquellen. In diesen Einrichtungen können Krankheiten auf zahlreichen Wegen übertragen oder ausgelöst werden; besonders folgenschwer können die ausgelösten Infektionen bei immunsupprimierten Menschen verlaufen. Im Fall von Legionellen geschieht dies am häufigsten durch die Inhalation von legionellenhaltigen Luft-Wasser-Gemischen [5]. Die Temperaturveränderung des Trinkwassers ist daher eine der maßgeblichen Größen für die Beurteilung der Trinkwasserhygiene. Verschiedene bauliche und physikalische Gründe führen zu einer Veränderung der Trinkwassertemperatur, darunter die Leitungsverlegung in:
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