Gravierende Defizite im Wohnungs-Neubau

Zu wenige und dazu noch die falschen

Dienstag, 28.02.2017

Der Neubau an Wohnraum hinkt nicht nur rein quantitativ hinter der Nachfrage her. Zudem werden die Wohnungen auch am Bedarf vorbei gebaut. Das wird Mieten und Immobilienpreise weiter befeuern.

Das der Wohnungsbau in Deutschland dem wachsenden Bedarf hinterher hinkt, pfeifen die Spatzen schon länger von den (nicht gebauten) Dächern. Dass aber zudem großteils am Bedarf vorbei gebaut wird, ist eine neue, brisante Erkenntnis. Die brandaktuelle Studie „Zuwanderung in die Großstädte…“ des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln liefert hochinteressante Einsichten in den Wohnungsmarkt.

Link zur Studie

Im Zentrum der Untersuchung lag nicht nur der rein quantitative Bedarf an neuem Wohnraum. Darüber hinaus ist „die vorliegende Studie noch einen Schritt weitergegangen und hat anhand von Daten des SOEP (Sozio-ökonomisches Panel) geprüft, welche Wohnungen auf Basis der Bevölkerungsveränderung typischerweise genutzt werden. Hierdurch kann der Baubedarf nach der Zahl der Räume in einer Wohnung differenziert werden. Die Ergebnisse zeigen, dass der Wohnungsmangel am kleinsten bei großen Wohnungen ist, in der Regel bei Ein- und Zweifamilienhäusern. (…) Besonders groß aber ist der Mangel an Wohnungen mit zwei oder drei Räumen“, heißt es dazu in der Zusammenfassung.

Mit der kontinuierlichen (Binnen-)Zuwanderung seit 2010 vor allem in die Großstädte stieg auch die entsprechende Nachfrage nach Wohnraum. Es sind insbesondere junge Menschen, die es zum Arbeiten oder Studieren in die Stadt zieht. (siehe folgende Grafik) Dazu addieren sich noch die EU-Binnenwanderung und seit 2015 die Flüchtlinge aus Nordafrika und Nahost.

Vornehmlich Jüngere zieht es in die sieben großen Metropolen. Die Grafik zeigt den Gesamtwanderungssaldo im Jahr 2015 nach Alter.
Quelle: Destaits, IW Köln
Vornehmlich Jüngere zieht es in die sieben großen Metropolen. Die Grafik zeigt den Gesamtwanderungssaldo im Jahr 2015 nach Alter.

Wohnungsbau muss verdoppelt werden

Die Bautätigkeit hinkt dieser Entwicklung deutlich hinterher: „Im Vergleich zum Baubedarf wurden im Bundesdurchschnitt von 2011 bis 2015 nur rund 53 Prozent der benötigten Wohnungen gebaut. In den Großstädten lag die Quote oft nur bei 30 Prozent, in Berlin sogar nur bei 25 Prozent“, stellt das IW fest. Bis 2020 müssten pro Jahr rund 385.000 Wohnungen entstehen, will man dem Bedarf gerecht werden. Das scheint schwer erreichbar zu sein. Infolgedessen werden zunehmend Menschen in das Umland der großen Städte abwandern, prognostiziert die Studie. Eine differenzierte Betrachtung des Wohnbedarfs bis 2020 liefert diese Grafik:

Baubedarf in Deutschland differenziert nach Ursache zwischen 2015 und 2020.
Quelle: IW Köln
Baubedarf in Deutschland differenziert nach Ursache zwischen 2015 und 2020.

Massives Defizit

Wie sieht es mit den unterschiedlichen Wohnungsgrößen aus? Im Segment der Wohnungen mit fünf und mehr Räumen (in der Regel sind das Ein- und Zweifamilienhäuser) wird mit 97 Prozent nahezu bedarfsgerecht gebaut. Im ländlichen Raum besteht sogar ein deutliches Überangebot.

Ein massives Defizit von bundesweit rund 30 bis 35 Prozent weist hingegen der Neubau von Wohnungen mit zwei bis vier Räumen auf. Wer sich jedoch mit einer Ein-Zimmer-Wohnung begnügt, wird in Frankfurt sicher schnell fündig. Die Tabelle zeigt das prozentuale Verhältnis zwischen Neubau und Bedarf von 2011 bis 2015:

Das ganze Ausmaß der Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage zeigt diese Tabelle. A-Städte sind die sieben einzeln aufgeführten Metropolen, B-Städte sind die kreisfreien, Sonstige stellen die Landkreise dar.
Quelle: Destatis, IW Köln
Das ganze Ausmaß der Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage zeigt diese Tabelle. A-Städte sind die sieben einzeln aufgeführten Metropolen, B-Städte sind die kreisfreien, Sonstige stellen die Landkreise dar.

Der verfehlte Neubau der letzten Jahre – zu wenige und dazu noch die falschen Wohnungen – lässt Immobilienpreise und Mieten konsequenterweise steigen. Dazu kommt die preistreibende Investition in „Beton-Gold“: Immobilien lohnen als Renditeobjekte. Die folgenden Grafiken verdeutlichen diese „Immo-Inflation“:

Das Wachstum der monatlichen Hauspreise in Prozent und die Preisentwicklung für Büros und Wohnungen in Euro pro Quadratmeter.
Quelle: DB-Research
Das Wachstum der monatlichen Hauspreise in Prozent und die Preisentwicklung für Büros und Wohnungen in Euro pro Quadratmeter.

Durchschnittsmieten für Wohnungen und Büros in West- und Ostdeutschland.
Quelle: DB-Research
Durchschnittsmieten für Wohnungen und Büros in West- und Ostdeutschland.

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