Trotz massiver Wohnungsnot stürzt Zahl der Baugenehmigungen ab.
Erstickt Wohnungsbau am Papierkram?
Baukosten-Moratorium gefordert
Montag, 24.04.2023
Hohe Kosten für Baumaterialien und schlechtere Finanzierungsbedingungen: Das, so mutmaßt das Statistische Bundesamt (Destatis), seien die Gründe für den drastischen Rückgang der Baugenehmigungen für Wohnungen (23,4 Prozent) in den ersten beiden Monaten des Jahres, verglichen mit 2022. Konkret:
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Einfamilienhäuser: minus 28,4 Prozent
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Zweifamilienhäuser: minus 52,4 Prozent !!!
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Mehrfamilienhäuser: minus 23 Prozent.
Damit gehen seit Mai 2022 die Baugenehmigungen jeden Monat zurück, seit Oktober sogar um mehr als zehn Prozent – monatlich!
In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) wird das so kommentiert: „Durch diesen Einbruch rückt das Regierungsziel weiter in die Ferne, wonach 400.000 neue Wohnungen im Jahr gebaut werden sollten. Auf dem Weg dahin können Vereinfachungen im Baurecht und digitale Verfahren in Behörden helfen, um Abläufe zu verbessern und Kosten einzusparen. Dafür hat die Politik bislang zu wenig getan.“
Ins gleiche Horn stößt Dr. Andreas Mattner, Präsident des Zentralen Immobilien Ausschuss e.V. (ZIA). Er begrüßt die Initiative der Regierung zur verstärkten Digitalisierung der Bauleitplanverfahren und nennt ein Beispiel: „Es ist erfreulich, dass jetzt die Sonderregelungen für Flüchtlingsunterkünfte verlängert werden sollen. Nur geht da noch mehr. Angesichts der immer dramatischeren Wohnungsnot sollen diese Regelungen generell auf beschleunigten Wohnungsbau ausgedehnt werden, damit auf breiter Front ein Turbo eingelegt wird“, so Dr. Mattner.
Mehr Digitalisierung – weniger Regulation!
Zudem dringt der ZIA darauf, die Regeln für vernetzte Planung über Building Information Modeling (BIM) praktikabler zu gestalten. „Es wäre sehr wichtig, einen möglichst großen Teil der fachgesetzlichen Anforderungen so zu regeln, dass der Kommunikationsaustausch digital erfolgen kann – ob mit Architektinnen und Architekten, Bauherren oder der Behörden untereinander“, erläutert Tine Fuchs, Abteilungsleiterin für Stadtentwicklung beim ZIA.
Auf einen weiteren kostentreibenden Aspekt – nämlich ein Übermaß an Regulierung – richtet Dirk Salewski, Präsident des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW), den Fokus: „In der aktuellen Situation sind alle überflüssigen Regelungen eine zusätzliche Belastung. Wir können und müssen klug deregulieren, ohne Abstriche bei Sicherheit, Qualität und Klimaschutz in Kauf zu nehmen.“ Und er benennt konkrete Beispiele: Warum ist Straßenlärm anders zu bewerten als Gewerbelärm? Warum muss die Zimmerdecke in Deutschland viel dicker sein als im Rest Europas? Zudem kosten maximale Anforderungen beim energetischen Bauen eben auch maximal viel, mahnt Salewski. Auch die Länder verlieren zunehmend die Geduld mit der Wohnungspolitik der Bundesregierung. So kommt aus NRW die Forderung, künftig alle neuen geplanten Vorschriften einem Kosten- und Realitätscheck zu unterziehen, berichtet das Handelsblatt. Die Anforderungen, die der Bund an Häuslebauer stelle, seien unfassbar hoch. Daher muss ein bundesweites Baukostenmoratorium her: Regelungen, die sich kostentreibend auswirken, sollen ausbleiben.