§ 14 MBO 2002 (Stand: 13.05.2016)
Bauliche Anlagen sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch (Brandausbreitung) vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind.
Teilweise sind in den einzelnen Landesbauordnungen allerdings zusätzliche Regelungsinhalte aufgenommen worden:
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Brandenburgische Landesbauordnung: „sowie eine Entrauchung von Räumen und wirksame Löscharbeiten möglich sind“ (§ 14 BbgBO)
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Niedersächsische Bauordnung: „Soweit die Mittel der Feuerwehr zur Rettung von Menschen nicht ausreichen, sind stattdessen geeignete bauliche Vorkehrungen zu treffen.“ (§ 14 S. 2 NBauO)
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Bauordnung NRW: „Zur Brandbekämpfung muss eine ausreichende Wassermenge zur Verfügung stehen.“ (§ 14 S. 2 BauO NRW)
Es ist daher immer notwendig, jeweils in der am Bauort geltenden Landesbauordnung zu prüfen, ob zusätzlich zu den vier Standard-Schutzzielen noch weitere genannt sind. Ist dem so, so sind diese in die objektspezifische Bewertung mit aufzunehmen. Zumindest in Teilen sind diese Ergänzungen in den einzelnen Bundesländern allerdings redundant, da zum Beispiel die Forderungen nach einer ausreichenden Bereitstellung von Löschwasser bereits in der Ermöglichung wirksamer Löschmaßnahmen enthalten ist.
Schutzziele des Bauordnungsrecht
In § 3 MBO sind die grundsätzlichen, aber abstrakten Zielsetzungen des Bauordnungsrechts beschrieben, indem festgelegt wird, dass „insbesondere Leben, Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen nicht gefährdet“ werden sollen.
Darauf aufbauend beschreiben die brandschutzbezogenen und damit konkretisierten Anforderungen des § 14 MBO genauer, warum die Schutzziele des § 3 MBO erreicht werden müssen. Aber erst durch die Ableitung von „funktionalen Anforderungen“ kann konkret herausgearbeitet werden, „was (technisch) erreicht werden soll“.4 Bei den Regelungen des § 14 MBO handelt es sich damit genau genommen nicht mehr um Schutzziele im Sinne einer allgemeinen Zielbestimmung, sondern vielmehr um funktionale Anforderungen, da hier konkret festgelegt wird, dass zum Beispiel die Brandausbreitung zu vermeiden ist, wenn die Brandentstehung schon nicht verhindert werden kann.
Im Grundsatz gibt es aus dem Blickwinkel des Bauordnungsrechts die folgenden vier funktionalen Anforderungen:
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Verhinderung der Brandentstehung,
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Verhinderung der Ausbreitung von Feuer und Rauch (Brandausbreitung),
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Ermöglichung der Rettung von Menschen und Tieren,
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Ermöglichung wirksamer Löscharbeiten.
Die vier Anforderungen sind dahingehend hierarchisch geordnet, dass etwa eine Brandentstehung als Primäranforderung allen weiteren Anforderungen vorgeht, da die Abwesenheit der Gefahr „Brand“ eine Gefährdung geschützter Rechtsgüter ausschließt. Dies entspricht vom Ansatz her dem Substitutionserfordernis des Gefahrstoffrechts.5
Auch das Primat der Rettung von Menschen und ggf. auch Tieren vor der Durchführung von Löschmaßnahmen entspricht dem Vorgehen der Feuerwehren und der Abwägung entsprechend der betroffenen Rechtsgüter.
Aus diesen funktionalen Anforderungen (Schutz von Menschenleben) sind sodann die Leistungskriterien abzuleiten, die an Bauwerke zu stellen sind. Dies kann z.B. hinsichtlich der Ausbreitung von Feuer und Rauch die Anforderung sein, dass Bereiche für einen gewissen Zeitraum (z.B. 30 Minuten) oder sogar dauerhaft (z.B. sichere Bereiche bei horizontaler Evakuierung) von einer Verrauchung freizuhalten sind.
Die Leistungskriterien sind dabei im Bauordnungsrecht nicht expressis verbis, sondern nur implizit geregelt. So gibt es Vorgaben z.B. zum Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen (§ 26 MBO), zum notwendigen Feuerwiderstand von einzelnen Bauteilen, wie beispielsweise Wänden und Decken (§ 27 ff MBO) und zur Ausgestaltung von Rettungswegen (§ 33 MBO).
Die in der jeweiligen Landesbauordnung genannten Leistungskriterien können, insbesondere wenn sie mit konkreten Werten, zum Beispiel hinsichtlich der Feuerwiderstandsdauer (feuerhemmend, hochfeuerhemmend und feuerbeständig) hinterlegt sind, als Richtschnur genutzt werden.
Es wird davon ausgegangen, dass die Landesbauordnungen, gegebenenfalls in Verbindung mit den Sonderbauvorschriften, ein implizites Brandschutzkonzept enthalten. Bei Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Vorgaben in Verbindung mit den über die Verwaltungsvorschriften Technische Baubestimmungen eingeführten technischen Baubestimmungen ist davon auszugehen, dass das geforderte (Mindest-) Risikoniveau für das jeweilige Gebäude eingehalten wird.
Selbstverständlich können nicht alle Risiken vollständig ausgeschlossen werden, sodass ein Grenzrisiko verbleibt. Dieses Grenzrisiko ist im Brandschutz im Wesentlichen nur indirekt definiert. Häufig wird aus dem Fehlen von Anpassungen der rechtlichen Rahmenbedingungen durch den Gesetzgeber gefolgert, dass die aktuellen Zahlen der Brandtoten und -verletzten und die Höhe der wirtschaftlichen Schäden gesellschaftlich akzeptiert sind.
Diese Argumentation ist plausibel und ihr kann man daher folgen. Allerdings ist es nicht möglich, hieraus für das konkrete Einzelobjekt zu schlussfolgern, wie groß die Schäden sein dürfen, um als noch akzeptabel zu gelten. Diese Grenze ist objektspezifisch festzulegen, wobei Personenschäden grundsätzlich zu vermeiden sind, da Leben und Gesundheit in der deutschen Rechtsordnung den höchsten Schutz genießen.