Einfluss äußerer Wärmelasten
Häufig wird vernachlässigt, dass neben den zuvor aufgeführten inneren Wärmelasten auch äußere Wärmelasten (Bild 1) einen erheblichen Einfluss auf die Erwärmung des kalten Trinkwassers haben. Im Winter sind die Raumlufttemperaturen, die die Lufttemperaturen in Vorwänden, Schächten oder abgehängten Decken beeinflussen, weitgehend konstant und liegen zwischen 22 °C und 24 °C. Äußere Wärmelasten treten in den Wintermonaten nicht auf, da die Raumlufttemperaturen in der Regel immer höher sind als die Außenlufttemperaturen.
In den Sommermonaten kehren sich allerdings die Verhältnisse um. Die Außenlufttemperaturen sind in diesem Zeitraum meistens höher als die Raumlufttemperaturen. In nicht klimatisierten Gebäuden nähern sich dadurch in den Sommermonaten auch die Lufttemperaturen in den Installationsräumen den jeweils vorherrschenden Außenlufttemperaturen an.
Daraus lässt sich ableiten, dass die Temperatur des kalten Trinkwassers eher in den Sommermonaten kritische Grenzen erreicht und auch überschreitet als in den Wintermonaten. Alle vorbeschriebenen passiven Maßnahmen zur thermischen Entkopplung, die im Winter wirksam sind, verlieren in den Sommermonaten mit hohen Raumlufttemperaturen weitgehend an Bedeutung. Eine unzulässige Temperaturerhöhung des kalten Trinkwassers im Winter und im Sommer über eine vorgegebene Temperatur (z. B. 25 °C) kann daher nur mit einem aktiven Prozess, zum Beispiel durch temperaturgeführtes Spülen oder durch Kühlung verhindert werden. Digital aufgezeichnete Spülprotokolle aus in Betrieb befindlichen KHS-Anlagen (Kemper Hygiene System) bestätigen diese Annahme. Die Auswirkung der Außenlufttemperaturen auf die Spülvolumina eines nicht klimatisierten Verwaltungsgebäudes in Nord-rhein-Westfalen zeigt Bild 2. In diesem Gebäude wurden die Leitungen für das kalte Trinkwasser durch planerische Maßnahmen von den Wärmequellen konsequent thermisch entkoppelt verlegt. Mit dem installierten KHS-System kann eine Überwachung und Begrenzung der Temperatur des kalten Trinkwassers vorgenommen werden. Im gegebenen Fall löst das KHS-System mit Überschreiten einer Kaltwassertemperatur von 23 °C automatisch einen Spülvorgang aus, der mit Erreichen der vorgegebenen Stopptemperatur von 20 °C wieder beendet wird. In den Wintermonaten wird die Auslösetemperatur nur selten erreicht, da die Umgebungslufttemperaturen in den Installations-räumen relativ niedrig sind. Das spiegelt sich in den geringen Spülvolumina von ca. 45 l/Tag wider. Sobald sich die Außenlufttemperaturen in den Sommermonaten erhöhen, sorgen die äußeren Wärmelasten für einen deutlichen Anstieg der Temperaturen im Gebäude. Die daraus resultierenden höheren Umgebungslufttemperaturen in den Installationsräumen führen zu einem massiven Anstieg der Spülvolumina, bis auf 9.000 l/Tag.
In nicht klimatisierten Gebäuden kommt es in den Sommermonaten zwangsläufig immer zu länger andauernden Temperaturüberschreitungen des kalten Trinkwassers. Im Jahr 2018 überschritt die Außenlufttemperatur laut Aufzeichnungen des Deutschen Wetterdienstes etwa am Flughafen Köln-Bonn an fast 150 Tagen 20 °C und an mehr als 90 Tagen 25 °C (Bild 3). Das verdeutlicht, dass die Temperaturprobleme für das kalte Trinkwasser, verursacht durch äußere Wärmelasten, über mehrere Monate andauern. Es ist daher nicht zufällig, dass Infektionen mit Legionellen gehäuft in den Sommermonaten auftreten.
Die DVGW-Information Wasser Nr. 90, als Erläuterung zu Anforderungen des DVGW Arbeitsblattes W 551 [4], und auch der Entwurf der VDI/BTGA/ZVSHK – Richtlinie 6023 [5] fordern aber, dass Temperaturen von 25 °C nicht über-schritten werden dürfen. Der Hinweis in der vorgenannten DVGW-Information, dass bei Temperaturen des kalten Trinkwassers unter 20 °C nur sehr selten Legionellen nachgewiesen werden, macht zusätzlich deutlich, dass sich ein hygienisch akzeptabler Betriebszustand mit minimiertem Betriebsrisiko wohl erst dann einstellt, wenn die Temperaturen des kalten Trinkwassers dauerhaft unter 20 °C gehalten werden.