Dem Ingenör ist nichts zu schwör. Der „Reim“ ist sprachlich mehr als simpel; eigentlich grottenschlecht. Aber jeder kennt ihn. Auch, weil damit von Kindesbeinen an das Leistungsniveau dieser Berufsgruppe anerkannt und respektvoll gewürdigt wird.
Dem Ingenör ist nichts zu schwör?
Mittwoch, 14.12.2016
Was daraus aber in einer ansonsten eher konsensuell-soziologisch statt MINT-orientierten Gesellschaft werden kann, wenn es in der Praxis hart auf hart geht, hat der Einsturz des Autobahnbrücken-Neubaus an der A7 in Bayern Mitte Juni gezeigt. Obwohl keiner die Ursache kannte, setzte sogar in den selbsternannten „Qualitätsmedien“ von der „Tagesschau“ über die FAZ bis zur „Welt“ ein Ingenieurs-Bashing sondergleichen ein – obwohl manche Autoren im Kontext von Stahlbeton zum Brückenbau noch nicht einmal zwischen „Bewährung“ und „Bewehrung“ zu unterscheiden wussten!
Das SanitärJournal hat über dieses Thema in der aktuellen Oktober-Ausgabe übrigens ausführlich berichtet.
Was mich dabei am meisten aufregt: Munter wurde losfabuliert, ob es ein strukturelles Problem bei der Ausbildung deutscher Bauingenieure gibt, oder ob die mehr als 21.000 bundesweit offenen Architekten- und Ingenieursstellen mittlerweile vielleicht „ein Sicherheitsproblem“ sind. Um dann aufzuzählen, von der eingestürzten U-Bahn-Baustelle in Köln über das unter der Schneelast eingebrochene Dach der Eissporthalle in Bad Reichenhall bis hin zu ein paar herabgefallenen Rigips-Deckenplatten in einer fränkischen Realschule und einem umgestürzten Baukran in Bergisch-Gladbach – was ist das in dieser Verdichtung nur für ein geistiger Quark.
Jetzt kann man sicherlich niemanden dazu zwingen, die von Komplexität, Vernetztheit, Eigendynamik, einer (von außen betrachtet) gewissen Intransparenz und Polytelie (mehrere Ziele in der Problemlösung) geprägten Arbeit eines Bauingenieurs oder Statikers verstehen zu wollen. Oder der Gegenüber kann es auch gar nicht, intellektuell.
Aber man kann erwarten, dass bei einem derart schrägen Mediengewitter zugleich ein Sturm der Entrüstung losbricht. Von den Standesorganisationen genauso wie von „der Politik“. Denn die hat letztlich die Rahmenbedingungen beispielsweise für viele der öffentlichen Ausschreibungen zu verantworten, in deren Folge die Ingenieure anschließend so gerne gehängt werden, wenn es nicht planmäßig läuft… Oder wie sehen Sie das?