Absicherung des bestimmungsgemäßen Betriebes im Sinne technischer Regelwerke oder Mut zur Lücke? Dass stagnierendes Trinkwasser in ungünstigen Temperaturbereichen das Wachstum von Legionellen begünstigt, ist weitgehend bekannt und in allen wesentlichen Verordnungen, Normen und Richtlinien zum Thema Trinkwasser berücksichtigt.
Anti-Blockier-System zum Schutz der Trinkwassergüte
Freitag, 14.07.2023
Trotzdem weisen Installationen in Gebäuden, in denen Trinkwasser gewerblich an Nutzer abgegeben wird, oft keinerlei Absicherungen für Stagnationsphasen auf. Reicht eigentlich der schriftliche Hinweis des Betreibers an die Nutzer, dass das Trinkwasser in den Leitungen regelmäßig ausgetauscht werden muss oder sollten typische Betriebsunterbrechungen bereits in der Planung berücksichtigt werden? Warum Blumen gießen bei Abwesenheit nicht ausreicht und wie man Installationen systematisch gegen Stagnation in ungünstigen Temperaturbereichen absichert, zeigt dieser Beitrag.
Starten wir mit einer eher grundsätzlichen Frage. Nämlich warum es überhaupt notwendig ist, das Wasser in allen Leitungsteilen mindestens alle 72 Stunden auszutauschen, wie es die VDI-Richtlinie 6023 den Planern und Installateuren und Betreibern empfiehlt. Letztendlich geht es dabei um Verbraucherschutz. Das beispielsweise von Vermietern über die Hausinstallation zur Verfügung gestellte Trinkwasser muss „genusstauglich und rein“ sein. So formuliert es die TrinkwV und sie wird bekanntermaßen bei den mikrobiologischen Parametern, die wiederkehrend überprüft werden, recht konkret. Um nun das Wachstum von Legionellen in Trinkwasser-Installationen nachhaltig zu verhindern, gilt es Stagnationsphasen in allen Leitungsteilen innerhalb hygienisch ungünstiger Temperaturbereiche sicher zu vermeiden.
Stagnationszeit und Temperaturbereich im Blick behalten
Dabei treten Stagnationsphasen bereits im normalen Betrieb von Trinkwasserinstallationen täglich auf. Denken wir an nächtliche Zapfruhen, berufliche Abwesenheit der Bewohner an Wochentagen oder auch an einzelne Entnahmestellen wie z.B. Badewannen, die typischerweise deutlich weniger genutzt werden als die Dusche. Diese Stagnationsphasen müssen nicht zwingend zu einem Legionellen-Wachstum führen, denn neben dem Faktor Zeit, brauchen Wasserbakterien zunächst auch wachstumsfördernde Temperaturen. Überall da, wo beide Faktoren gleichzeitig auf das Trinkwasser wirken, ist das Risiko besonders hoch. Dies ist inzwischen durch zahlreiche Studien belegt. So zeigt das Streudiagramm in Bild 3 die Auswertung von 541 Probenahmen. Das Vorkommen von Legionella pneumophila jeder Probe wurde dazu im Diagramm der jeweiligen Konstanztemperatur – also der erreichten Temperatur der Warmwasserzapfung bei längerem Ablaufen – zugeordnet. Nur drei der 541 Proben über einer Konstanztemperatur von 60 °C zeigen Befunde über 100 KBE/100 ml. Nur eine der Proben unterhalb 25 °C zeigt überhaupt ein Vorkommen von Legionellen.
In der Studie, die im Verbundprojekt der Universitäten Duisburg-Essen, Berlin und Bonn sowie der DVGW-Forschungsstelle TU Hamburg-Harburg und des IWW Zentrum Wasser, Mülheim, erstellt wurde, zeigt sich, wie wichtig die Vermeidung ungünstiger Temperaturbereiche während Stagnationsphasen ist. 97 Prozent der positiven Befunde lag in der Studie im Temperaturbereich zwischen 25 bis 60 °C. Auch diese Temperaturanforderungen an Trinkwasserinstallationen sind deshalb seit vielen Jahren fester Bestandteil unserer technischen Regelwerke. 60/55 °C als Temperaturpaar für den Betrieb von Zirkulationsanlagen, die Speicheraustrittstemperatur von 60 °C oder die Anforderung an kaltes Trinkwasser mit max. 25 °C seien hier exemplarisch genannt. Nachhaltige Trinkwasserhygiene braucht also definitiv regelmäßigen Wasseraustausch. Wasser muss dabei nicht einfach nur fließen. Es muss vor allem erneuert werden, am besten mit turbulenter Durchströmung. Denn nur nachfließendes Trinkwasser sorgt gleichermaßen für eine Verringerung der Keimkonzentration und für eine Temperaturhaltung außerhalb hygienisch ungünstiger Temperaturen.
Einhaltung von Anforderungen in der Praxis
Und wie klappt´s so mit der Einhaltung dieser Anforderungen in der Praxis? Hier lohnt ein Blick in übliche Trinkwasserinstallationsarten und Bauweisen, um mögliche Risikobereiche zu erkennen. Beispiel Schachtinstallation – der in Bild 2 gezeigte Schacht ist zwar zu 100 % normenkonform installiert, die darin verbaute Trinkwasserinstallation, bestehend aus Kalt (PWC), Warm (PWH) und Zirkulation (PWH-C), kann aber trotzdem nicht einmal über täglich übliche Stagnationsphasen in zulässigen Temperaturbereichen gehalten werden, wie in unserem Laborversuch nachgewiesen werden konnte. Zwar sind alle Leitungsteile im Schacht zu 100 Prozent gedämmt und die Zirkulation exakt auf 60/55 °C einreguliert. Allerdings sorgt die Umgebungstemperatur im Schacht, durch den ständigen Wärmeeintrag der Zirkulation schnell für Temperaturen in Höhe von 31 °C. Damit wird bereits nach einer Stagnationszeit von etwa 3 Stunden eine Kaltwassertemperaturerhöhung von 16 auf 25 °C erreicht. Optimierungen durch thermische Trennung der kalt- und warmgehenden Leitungen mithilfe einer 80 mm starken PUR-Dämmung bringen immerhin eine Reduzierung der Umgebungstemperatur um bis zu 4 K.
Weiterführende Informationen: https://www.uponor.com/de-de
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