Wenn man die Frage nach den aktuellen Tendenzen in der Badgestaltung in den Raum stellt, zeigen sich alsbald vielfältigste Richtungen, ein unübersehbares Stilangebot und eine nahezu beängstigende Fülle von Möglichkeiten. Dies ist ein Resultat der Entwicklungen der letzten Jahre.
Weg von der Einheitlichkeit war die Devise, hin zur Individualität. Retro und Futurismus gaben sich die Hand, Funktionalität und Dekoration versuchten im selben Raum Fuß zu fassen. Beeinflusst durch die Kleidungsmode kamen auch noch Farbtrends dazu, die halbjährlich wechselten und somit die Hersteller zu immer flexibleren Produktkonzepten mit austauschbaren Dekorelementen verführten.
Inmitten alldem steht der Badkunde und weiß nicht mehr wohin. Ideal wäre es, wenn er einen eigenen Stil hat und diesen konsequent durchziehen will. Denn die angebotene Produktvielfalt kann jede beliebige Gestaltungsrichtung bedienen. Wenn der Stil jedoch noch nicht feststeht, ist intensives Sammeln von Informationen über den Kunden erforderlich. Um ein Bad genau auf einen Benutzer abzustimmen, muss der Badgestalter schlicht ALLES über die Person (oder die Personen) wissen: Wie laufen die morgendlichen und abendlichen Rituale im Bad ab? Wie lange halten sich die Badbenutzer während dieser Rituale im Bad auf? Gibt es zwischendurch auch noch richtige Wellness-Sessions, in denen Wasserspiele in der Dusche oder der Wanne stattfinden? Des Weiteren spielt natürlich der Körperbau der Badbenutzer eine große Rolle. Alter, Gelenkigkeit und Größe sind oft entscheidende Faktoren für die Auswahl von Sanitärprodukten.
Badgestaltung für ein zu benutzendes Bad kann nur auf Basis all dieser Informationen stattfinden. Jene Bäder, die wir in Herstellerprospekten und Schauräumen bewundern, werden nie benutzt. Sie können deswegen anders zusammengestellt sein, sind meistens größer als reale Bäder und haben optische Vorteile, die aus funktionalen Gründen in einem benutzten Bad nicht so umsetzbar sind. Das zeigt sich zum Beispiel bei der Positionierung der Duscharmaturen oder bei der Platzierung scharfkantiger Elemente mitten im Raum bis hin zur frei stehenden Wanne, die mit der Längsseite an die Wand oder in eine Nische geschoben wird, sodass der dadurch entstehende Hohlraum nicht mehr erreicht werden kann.
Substanz der Ideen herausfiltern
Wo immer versucht wurde, solche Details für private Bäder zu übernehmen, entstanden Nachteile in der Benutzung. Daher ist es besser, von den Musterbädern quasi nur die Substanz der Ideen herauszufiltern und für die jeweilige reale Anwendungssituation zu adaptieren. Das lässt der Kreativität noch immer genug Raum und erzeugt beim Kunden gleichzeitig einen Wiedererkennungseffekt zum ursprünglich gesehenen Prospektbad.
Trotz dieser funktional anmutenden Überlegungen können solche Badgestaltungen sehr wohl zeitgemäß sein. Denn das Zeitgemäße zeigt sich nicht nur in den aktuellen Materialien, Farben und Formen, sondern auch, und ganz besonders, in der Art, wie wir unsere Bäder heute benutzen. Mit Beginn des neuen Jahrhunderts hat sich da viel verändert. Das Bad ist heute kein Waschraum mehr. Es hat sich zu einem Wohnraum mit Wasser entwickelt und möchte auch genau so ausgestattet werden. Die Badewanne übernimmt dabei zum Beispiel die Rolle des Sofas. Sie soll ein attraktiver Blickpunkt im Bad sein, der gleichzeitig bequem und auf die speziellen Bedürfnisse der Benutzer abgestimmt ist. Das beginnt bei der Frage, ob alleine oder zu zweit gebadet wird, und setzt sich fort bei der Formgebung, die aufgrund der Präsenz der Wanne im Raum durchaus tonangebend für das ganze Bad sein kann. Aus dieser Überlegung heraus wurden auf Basis verschiedener Wannendesigns ganze Produktserien mit durchgehender Formgebung entwickelt, die über die drei wesentlichen Elemente im Bad (Wanne, Dusche, Waschtisch) eine einheitliche Gestaltungslinie etablieren.
Das „Gesetz der Serie“ lässt sich dann leicht auf die kleineren Elemente im Bad erweitern. Bei der Serienentwicklung wurde bereits darauf geachtet, dass passende Armaturen, Accessoires und Dekorationen am Markt verfügbar sind. Vielfach stand der momentan herrschende Trend des „Soft Minimalism“ bei der Produktgestaltung Pate. Also weiche, organische Formen, die in eine geometri-sche Form eingebettet oder mit dieser kombiniert sind. Dieser Trend entstand aus den neuen Materialbearbeitungsmöglichkeiten der Hersteller und wird sicher noch längere Zeit anhalten. Wir haben gerade erst begonnen, herauszufinden, was wir mit Keramik, Acryl und Kunststein alles anstellen können. Das wird in den kommenden Jahren noch einige sehr spannende Formgebungen hervorbringen.
Der Raum als wichtiger Faktor der Badgestaltung
Die aktuellen Entwicklungen im Produktdesign brachten auch beachtliche Vorteile für barrierefreie Bäder. Dass es heute möglich ist, die Duschtasse flächenbündig mit dem Badboden einzubauen, ist nicht zuletzt der ständigen Weiterentwicklung der Sanitärtechnik zu verdanken, die nun auch extra große Duschflächen (bis zu 170 cm Länge) mit verhältnismäßig niedriger Höhe produziert – und aufgrund der Entwicklung platzsparender Abläufe meist auch in bestehende Bausubstanz integrieren kann. Die designorientierte Formgebung der barrierefreien Duschausstattung (Klappsitze, Duschhandläufe...) garantiert heute, dass auch barrierefreie Bäder chic aussehen und sich deutlich von den rein funktional eingerichteten Sanitärräumen in Spitälern unterscheiden. Hinsichtlich der Farb- und Materialgestaltung dieser Bäder gab und gibt es ohnehin keine Beschränkung. Die gab es immer nur in den Köpfen der Planer...
Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Faktor der Badgestaltung ist der Raum. Denn auch dieser hat Wünsche. Sogar sehr konkrete. Er zeigt diese Wünsche durch die Position seiner Fenster und Türen, durch seine Dimensionen und durch seine baulichen Besonderheiten wie einspringende Ecken, Unterzüge, Gewölbedecken usw. Für all diese Besonderheiten hat die Sanitärindustrie in den vergangenen Jahren spezielle Produkte entwickelt, die aus dem Raum jeweils das Beste herausholen können. Dabei muss es keineswegs immer um Kleinbäder gehen. Auch bei einem großen Bad kann es, durch die gegebene Leitungssituation der Abflüsse oder die Beschaffenheit der Wände, nötig sein, speziell geformte Produkte einzusetzen und sich besondere Lösungen einfallen zu lassen. Und nicht zuletzt brauchen besonders die ganz großen Bäder, die privaten SPAs und Wellnessoasen, markant geformte Produkte in entsprechender Größe, damit der meist leicht überdimensionierte Raum adäquate Blickpunkte erhält und die Zonen im Raum klar erkennbar werden.
Denn die Hauptaufgabe in der SPA-Gestaltung ist die Etablierung einer klaren Struktur. Nur in einem geordneten Umfeld können wir uns entspannen. Nur wenn die Bereiche klar erkennbar sind, kann auch die Lichtsituation entsprechend darauf abgestimmt werden. Wie überhaupt das Licht in den Bädern von heute eine wesentlich größere Rolle spielt. Nicht zuletzt wurde das durch die LED-Revolution in der Lichttechnik möglich. Die Leuchten wurden kleiner, flexibler und konnten besser wasserfest eingehaust werden. Dadurch ist nun Licht an Stellen im Bad möglich, wo es bislang wegen des Zusammentreffens von Wasser und Strom nicht erlaubt war. Auch die Sanitärhersteller haben die Vorteile von LED-Licht erkannt und bauen es nun in Waschtische, Badmöbel, Toilettendeckel, Kopfbrausen und an vielen anderen überraschenden Stellen ein. Schon allein dadurch sehen Bäder heute anders aus.
Und natürlich bringt die Vielfalt der im Bad verwendeten Materialien ebenfalls Würze in die Badgestaltung. Einerseits wurden bekannte und bewährte Materialien weiterentwickelt (z. B. Acryl mit samtmatter Oberfläche, Keramik mit extrem dünner Wandstärke...), andererseits wurden optische Attribute von Naturmaterialien mit anderen Baustoffen „imitiert“. Fliesen mit Lederoptik, hochglanzpolierter Beton und keramische Platten mit unglaublich realistischer Holzstruktur sind heute Standards in vielen Badgestaltungen. Das Aufkommen chic gestylter Gartenmöbel in allen Größen und Facetten brachte zusätzlich die Möglichkeit für textilbespannte und doch wasserfeste Sitzgelegenheiten im Bad – ein weiterer Grund, sich etwas länger im Bad aufzuhalten als bisher.
Womit wir beim letzten Puzzlestein zeitgemäßer Badgestaltung sind – nämlich dem Badbenutzer selbst. All die schönen Designideen der modernen Zeit und all die mannigfachen Möglichkeiten der Sanitärtechnik kommen nur dann zur Geltung, wenn sie auch wahrgenommen und entsprechend verwendet werden. Wer sich eine digital gesteuerte Duscharmatur mit vorprogrammierbaren Duscherlebnissen einbauen und diese dann immer auf demselben Programm ablaufen lässt, tut sich und der Armatur nichts Gutes. Wer sich nicht die Zeit nimmt, vor einem Wannenbad die Lichtsituation im Raum zu verändern, eventuell ein paar Kerzen und ein Schälchen mit ätherischem Öl aufzustellen und sich schließlich mit einem Gläschen Champagner in die wohlgeformte Wanne zu legen, der hat den Begriff „zeitgemäß“ nicht verstanden. Es geht um das Erleben, um das Wahrnehmen, um die Freude an den Dingen, an den Ideen und den angebotenen Möglichkeiten. Der Hunger nach neuen Erlebnissen lässt viele Leute jährlich in die entlegensten Winkel der Erde reisen oder abenteuerlichste Sportarten ausüben. Dass aber zu Hause im zeitgemäß gestalteten Bad ebenso viel Abwechslung möglich ist, vergessen viele. Mit entsprechender Beratung vom gut ausgebildeten Bad-Designer und einem perfekt auf den Kunden abgestimmten Badkonzept sollte eine Badgestaltung imstande sein, den Badbenutzern viele schöne und abwechslungsreiche Erlebnisse zu Hause zu verschaffen und deren Sinne für harmonische Schönheit und funktionale Ästhetik zu öffnen.