Alle privaten und öffentlichen Institutionen und Unternehmen, die Wasser für den menschlichen Gebrauch bereitstellen, unterliegen strengen Richtlinien.
Alle privaten und öffentlichen Institutionen und Unternehmen, die Wasser für den menschlichen Gebrauch bereitstellen, unterliegen strengen Richtlinien.
Diese Maßnahmen schützen die öffentliche Trinkwasserversorgung, die Teil der nationalen kritischen Infrastruktur ist. Sauberes, qualitativ hochwertiges und unbedenkliches Trinkwasser ist daher das erklärte Ziel der aktualisierten EU-Richtlinie 2020/2184 |1. Sie ist am 12. Januar 2021 in Kraft getreten und muss innerhalb von zwei Jahren von allen Mitgliedsstaaten umgesetzt werden.
Neben den definierten Verantwortlichkeiten für Wasserversorger ist neu die Risikobewertung von Hausinstallationen hinzugekommen, die vor allem prioritäre Örtlichkeiten betrifft. Die Bewertung des Risikos soll dabei durch Implementierung eines Wassersicherheitsplans (WSP) erfolgen, der es ermöglicht, präventiv auf potenzielle Gefährdungsereignisse zu reagieren und diese mittels eines risikobasierten Ansatzes zu überwachen.
Zum Schutz der Wasserqualität sind in der Europäischen Union bereits mehrere Vorgaben für Wasserversorger rechtlich bindend. In Deutschland gehören dazu die Trinkwasserverordnung (TrinkwV) |2 und die vom Fachverband DVGW (Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V.) erarbeiteten Leitlinien für das Risiko- und Krisenmanagement DIN EN 15975-1 |3 und DIN EN 15975-2 |4. Darüber hinaus haben alle Institutionen und Unternehmen, die in irgendeiner Weise Wasser zur Verfügung stellen, grundsätzlich dafür zu sorgen, dass sie die allgemein anerkannten Regeln der Technik bei Planung, Bau und Betrieb von Anlagen für die Gewinnung, Aufbereitung und Verteilung von Trinkwasser einhalten. |5
Der risikobasierte Ansatz der EU-Richtlinie EU 2020/2184 enthält drei essenzielle Komponenten (Art. 8-10) |1 und betrifft die gesamte Versorgungskette bis hin zur Austrittsstelle:
1.Risikobewertung und Risikomanagement der Einzugsgebiete von Entnahmestellen, die im Einklang mit den Leitlinien und dem WSP-Handbuch der Weltgesundheitsorganisation (WHO) liegen.
2.Risikobewertung und Risikomanagement des Versorgungssystems, also die Möglichkeit für Wasserversorger, die Überwachung auf Hauptrisiken abzustimmen und notwendige Maßnahmen zum Management der ermittelten Risiken zu treffen (betrifft Entnahme, Aufbereitung, Speicherung und Verteilung des Wassers).
3.Risikobewertung von Hausinstallationen, das heißt potentielle Gefährdungen durch Hausinstallationen, wie Legionellen oder Blei.
Da die Qualität des Wassers nicht nur von den Vorsorgemaßnahmen der Wasserversorger abhängt, sondern auch vom Zustand der Hausinstallationen, über die das Wasser für den menschlichen Gebrauch genutzt wird, ist dieser Punkt explizit in die neue EU-Richtlinie aufgenommen worden. Es ist zu erwarten, dass zukünftig auch für Hausinstallationen ein risikobasiertes Managementsystem (z.B. eine Gefährdungsanalyse) gesetzlich vorgeschrieben wird. Davon betroffen sind vor allem prioritäre Örtlichkeiten wie Krankenhäuser, Gesundheitseinrichtungen, Altenheime, Kindergärten und Schulen, aber auch Örtlichkeiten, an denen viele Menschen verkehren und an denen sie potentiellen, wasserassoziierten Risiken ausgesetzt sind, etwa Hotels, Restaurants, Sport- und Einkaufszentren. |1
Potentiell gesundheitsschädliche Verunreinigungen, wie sie etwa durch veraltete Bleirohre oder Baumaßnahmen hervorgerufen werden können, aber auch Kontaminationen durch pathogene Keime, etwa Legionellen oder P. aeruginosa, die durch Stagnation oder zeitweilige Außerbetriebnahme entstehen und sich verbreiten können, zählen zu den häufigsten wasserassoziierten Krankheitserregern |6. Sie sollen durch die gezielte Analyse des Risikos und der damit verbundenen Präventionsmaßnahmen verhindert werden. Das risikobasierte Managementsystem befasst sich auch mit den Fragen, was im Fall der Fälle genau passieren kann, welche gesundheitlichen Risiken damit jeweils verbunden sind, wie diese Risiken beherrscht werden können und wie sichergestellt werden kann, dass diese auch behoben werden können.
Der Ansatz eines Wassersicherheitsplans ist − unabhängig vom eigenen Namen − weniger als Plan denn als vorbeugendes Konzept |5 zu verstehen, das auf der Gefährdungsanalyse fußt. Klar ist, wer seine eigene Hausinstallation nicht kennt, kann daraus auch keine Risiken und entsprechenden Prozesse ableiten. Diese sind jedoch unerlässlich, wenn die Trinkwasserhygiene gefährdet ist, wie beispielsweise bei Störfällen aufgrund von Kontamination oder der Unterbrechung der leitungsgebundenen Versorgung. Ist der WSP erst einmal konzipiert und mit den entsprechenden Verantwortlichkeiten verknüpft, fließt er als lebendiges Dokument planmäßig ins Tagesgeschäft ein. Im Handbuch für kleine Wasserversorgungen empfiehlt das Umweltbundesamt daher auch, ihn nicht als etwas „Zusätzliches“, sondern „Selbstverständliches“ zu betrachten, das sinnhaft in bestehende Organisations- und Betriebsabläufe integriert werden sollte. |5
Alle für die Versorgungssicherheit notwendigen Denk- und Arbeitsschritte des gesamten Wasserkreislaufs, wie sie in Abbildung |1 exemplarisch aufgezeigt werden, müssen schriftlich fixiert, die verantwortlichen Personen definiert und mit den entsprechenden Kompetenzen und Ressourcen ausgestattet werden. Dies gilt nun auch für Hausinstallationen, bei denen spezifische Risiken für die Wasserqualität und die menschliche Gesundheit bestehen, vor allem − aber nicht ausschließlich − bei prioritären Örtlichkeiten.
Sinnvoll umgesetzt gewährleistet der WSP einen sicheren, zuverlässigen, umweltbezogenen und dennoch wirtschaftlichen Betrieb. Die kurz- und langfristigen Vorteile dieser Qualitätssicherung
stärken die Organisationssicherheit des Unternehmens (Unterstützung der Leitung bei der ihr obliegenden Verantwortung und der dafür erforderlichen Sorgfalt),
stärken das Verständnis über das Wasserversorgungssystem bei den Verantwortlichen und dem technischen Personal (gezielte Motivation, tradierte Positionen und Gewohnheiten zu hinterfragen und eine potenzielle Betriebsblindheit zu überwinden),
lenken den Fokus der betrieblichen Aufmerksamkeit auf potentielle Schwachstellen des Versorgungssystems,
unterstützen die technische Führung, die betrieblichen Abläufe zu systematisieren,
fördern die Kenntnis und darauf basierend die Umsetzung des Regelwerkes,
identifizieren Verbesserungsbedarf und liefern fachlich fundierte Entscheidungsgrundlagen für notwendige Investitionen,
bringen Wissensträger zusammen und fördern die Zusammenarbeit und Kommunikation (intern und extern) und
dienen dem Erhalt und der Dokumentation von gewachsenem Betriebswissen. |5
Jeder Wassersicherheitsplan muss einen kontinuierlichen Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden und dem Betreiber einer Trinkwasserinstallation ermöglichen. Dabei ist der WSP als wichtiges Arbeits- und Kommunikationsmittel regelmäßigen Revisionen zu unterziehen. Dies gilt vor allem auch für prioritäre Örtlichkeiten wie Krankenhäuser, die zusätzlich noch einem Hygieneplan unterliegen. Der WSP ist dabei unverzichtbarer Teil des Hygieneplans. Wie dieser unterliegt er einer steten Überprüfung und Anpassung an sich ändernde Umstände. Dazu gehören Stör- und Zwischenfälle aufgrund von Kontaminationen und klimabedingten Wetterextremen (z. B. Hochwasser, Wasserverknappung), die die Trinkwassergrundlage gefährden. Auch neue wissenschaftlich-technische Erkenntnisse oder personelle Veränderungen mit Einfluss auf im WSP dokumentierte Verantwortlichkeiten, müssen in einer Aktualisierung des Dokuments münden. Dies wird als anlassbezogene Revision bezeichnet. Dem steht eine zyklische Revision gegenüber, die in regelmäßigen, fest definierten Abständen überprüft, ob die inhaltlichen Anforderungen an das risikobasierte Managementsystem noch erfüllt werden, um dauerhaft die Trinkwasserqualität sicherzustellen.
|1 Richtlinie (EU) 2020/2184 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2020 über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Neufassung). Link. Abgerufen am 16.08.2021
|2 Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trinkwasserverordnung - TrinkwV). Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BfJV). Link. Abgerufen am 16.08.2021
|3 Sicherheit der Trinkwasserversorgung – Leitlinien für das Risiko- und Krisenmanagement – Teil 1: Krisenmanagement. DIN Deutsches Institut für Normung. 2016-03. Link. Abgerufen am 16.08.2021
|4 Sicherheit der Trinkwasserversorgung – Leitlinien für das Risiko- und Krisenmanagement – Teil 2: Risikomanagement. DIN Deutsches Institut für Normung. 2013-12. Link. Abgerufen am 16.08.2021
|5 Das Water-Safety-Plan-Konzept: Ein Handbuch für kleine Wasserversorgungen. Umweltbundesamt. 2017. Link. Abgerufen am 16.08.2021
|6 Anforderungen an die Infektionsprävention bei der medizinischen Versorgung von immunsupprimierten Patienten. Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut. Bundesgesundheitsblatt 2021, 64:232–264. Link. Abgerufen am 16.08.2021
Mittwoch, 19.01.2022