Zentral für die Planung des Heizsystems in einem Mehrfamilienhaus ist die Frage nach der Trinkwarmwasserbereitung.
Zentral oder dezentral?
Zentral für die Planung des Heizsystems in einem Mehrfamilienhaus ist die Frage nach der Trinkwarmwasserbereitung.
Soll diese dezentral in den einzelnen Wohneinheiten mit Wohnungsübergabestationen erfolgen oder ist eine zentrale Trinkwassererwärmung mit einer großen Frischwasserstation geplant? Beide Varianten bieten Vor- und Nachteile. Im Hinblick auf die Energieeffizienz, insbesondere in Kombination mit einer Wärmepumpe, bieten dezentrale Systeme aber größeres Potenzial, weil sie tiefere Temperaturen der Trinkwarmwasserbereitung ermöglichen.
Energieeffizienz und Klimaneutralität spielen für die moderne Heiztechnik eine große Rolle. Daher kommen auch im Mehrfamilienhaus immer häufiger Wärmepumpen zum Einsatz. Damit rücken die benötigten Vorlauf-temperaturen stärker als früher in den Fokus. Bei der Trinkwarmwasserbereitung im Mehrfamilienhaus mit einer zentralen Frischwasserstation sind eine Temperatur von 60 °C am Ausgang des Trinkwassererwärmers und eine Rücklauftemperatur der Zirkulation von mindestens 55 °C erforderlich. Energetisch effizienter ist es jedoch, wenn die Vorlauftemperaturen geringer ausfallen. Das gelingt mit dezentralen Wohnungsübergabestationen. Denn gemäß der DIN 1988-200 bestehen keine Temperaturanforderungen an die dezentrale Trinkwarmwassererzeugung, wenn das der Wohnungsübergabestation nachgeschaltete Leitungsvolumen unter der Grenze von 3 Liter liegt. 45 °C reichen dann als Vorlauftemperatur aus und bieten ideale Voraussetzungen für ein Niedertemperatursystem mit einer Wärmepumpe. Neben der Absenkung der Vorlauftemperatur spart auch der Verzicht auf die Zirkulation jede Menge Energie ein.
Aber auch in größeren Wohnungen mit längeren Warmwasserleitungen lässt sich die 3-Liter-Grenze einhalten. Wohnungsstationen des Herstellers Taconova bieten zum Beispiel die Option, mit einem Hochtemperaturaus-gang den Primärvorlauf an eine weit entfernte Zapfstelle wie etwa ein Gästebad zu führen. Dort installiert man dann eine kleine Frischwarmwasserstation wie zum Beispiel die „TacoTherm Fresh Femto“ als Unterstation, die von den Abmessungen her etwa so groß ist wie ein Durchlauferhitzer. Da der weit entfernte Verbraucher mit dieser Unterstation versorgt wird, entfallen lange Warmwasserleitungen und die 3-Liter-Grenze wird eingehalten.
Qualität und Effizienz einer Wohnungsübergabestation hängen von mehreren Faktoren ab:
Bisher gibt es in Deutschland keine unabhängigen Messungen für Wohnungsübergabestationen. An einer DIN-Norm, die dafür als Grundlage dienen kann, arbeiten Experten und Expertinnen derzeit. In Großbritannien hat der Verband für technische Gebäudeausrüstung BESA (Building Engineering Services Association) aber bereits ein Testverfahren für Wohnungsstationen entwickelt. In diesem Test hat die Wohnungsübergabestation des Herstellers Taconova gut abgeschnitten. Das Produkt zeichnet sich durch eine geringe Rücklauftemperatur aus, die ebenso wie die Vorlauftemperatur wesentlich für die Effizienz eines Heizsystems ist.
Mit einer zentralen Lösung ist der Komfort der Bewohnerinnen und Bewohner jederzeit gewährleistet. An allen Zapfstellen stehen hohe Temperaturen zur Verfügung und die Zirkulation sorgt dafür, dass das warme Wasser prompt zur Verfügung steht. Wenn man bei der dezentralen Trinkwarmwasserbereitung auf die Zirkulation verzichtet, lässt sich dagegen eine zeitliche Verzögerung nicht verhindern. Dank der sehr kurzen Leitungswege lassen sich jedoch Ausstoßzeiten realisieren, die auch den in der VDI 6003 definierten Komfortansprüchen gerecht werden. Die effiziente dezentrale Trinkwarmwasserbereitung mit 45 °C Vorlauf bietet ausreichend Wärme zum Duschen. Für ein Bad kann das aber zu gering sein und auch in der Küche wünschen sich manche Wohnungseigentümer oder Mieter höhere Temperaturen. Die Erhöhung der Vorlauftemperatur bietet hier Abhilfe, geht aber zulasten der Effizienz der Wärmepumpe.
Mit Hybrid-Wohnungsübergabestationen lassen sich in einem solchen Fall der dezentralen Trinkwarmwasserbereitung alle Komfortansprüche erfüllen. Denn die integrierte elektrische Nachheizung erreicht je nach Wunsch der Nutzer höhere Trinkwarmwassertemperaturen. Gleichzeitig bleibt die Vorlauftemperatur im Primärkreis niedrig und gewährleistet den optimalen Betrieb der Wärmepumpe. Aus Sicht der Bewohner des Hauses besteht der Vorteil der Hybrid-Wohnungsübergabestationen auch darin, dass nur die Nutzer mit erhöhten Komfortansprüchen über ihre Stromrechnung dafür bezahlen. Bei sparsamen Bewohnern fällt die Stromrechnung entsprechend geringer aus und alle Hausbewohner profitieren von geringeren Heizkosten dank dem effizienten Betrieb der Wärmepumpe.
Bei der Installation kann die dezentrale Trinkwarmwasserbereitung mit Wohnungsübergabestationen ebenfalls Vorteile bieten. Die zentrale Trinkwassererwärmung benötigt neben dem Vor- und Rücklauf für die Heizung zusätzlich noch die Rohrleitungen für die Trinkwarmwasserverteilung und Zirkulation im gesamten Gebäude und den Kaltwasseranschluss. Ein dezentrales System in der 2-Leiter-Variante kommt hingegen mit Vor- und Rücklauf für die Heizung und einem Kaltwasseranschluss aus. Rohrleitungen für die Trinkwarmwasserverteilung und die Zirkulation entfallen. Das spart Verrohrungsaufwand und führt zu einer schnelleren Installation. Bei Installationen von Heizsystemen mit einer Wärmepumpe kann es aber sinnvoll sein, ein 4-Leiter-System einzusetzen. In der 4-Leiter-Variante kommen zwei weitere Rohrleitungen für einen Hochtemperaturkreis hinzu. Dieser versorgt die Trinkwarmwasserbereitung, während der Niedertemperaturkreis die Heizwärme liefert. Dadurch kann man mit dem 4-Leiter-System die Effizienzvorteile der Wärmepumpe bei niedrigen Vorlauftemperaturen ausnutzen.
Wenn die Installation eines 2-Leiter-Systems für ein Wärmepumpenheizsystem in einem Gebäude mit erhöhten Komfortansprüchen eingesetzt werden soll, ist die Hybrid-Wohnungsübergabestation die richtige Wahl. Denn die dezentrale Trinkwarmwasserbereitung mit Hybrid-Wohnungsübergabestationen wird generell als schlankes 2-Leiter-System ausgeführt. Zusätzlich benötigen die Hybridstationen lediglich jeweils einen 400-Volt-Stromanschluss. Im Planungsstadium muss der Planer daher bereits die Anschlussleistung gemäß der Gleichzeitigkeit bestimmen, um diese in Absprache mit dem Investor beim Netzbetreiber anzumelden.
Bei dezentral installierten Wohnungsübergabestationen besteht die Möglichkeit, die Installationsaufgaben für den Rohbau von denen der Feininstallationen zu trennen. Bei der Vorabinstallation baut der Heizungsinstallateur in der Rohbauphase den ersten Teil der Wohnungsübergabestation ein. Diese enthält dann den Heizkreisverteiler. So kann die Fußbodenheizung bereits angeschlossen werden, die Trocknung des Estrichs erfolgen und anschließend der Einbau der Boden- und Wandbeläge umgesetzt werden. Der Trinkwasserteil der Wohnungsstation kommt dann erst mit den Sanitärinstallationen in die Wohnungen. Dieses Vorgehen schützt das Frischwassermodul in der Rohbauphase. Allerdings muss der Heizungsinstallateur zweimal vor Ort sein und die Druckprüfung vornehmen, die bei einer vollständig gelieferten Wohnungsübergabestation bereits im Werk des Herstellers erfolgt.
In aller Regel sind Installationsschächte knapp bemessen. Bei dezentral installierten Wohnungsübergabestationen im 2-Leiterprinzip bleibt durch die Einsparung von Trinkwarmwasser- und Zirkulationsleitung mehr Platz im Versorgungsschacht und es sind größere Abstände zwischen den Rohrleitungen möglich. Für die Wasserhygiene spielt das eine große Rolle. Denn oftmals entstehen Hygieneprobleme nicht in der Warmwasserleitung sondern in der Art und Weise, wie die Kaltwasserleitungen installiert und isoliert sind. Ist der Schacht zu eng, kann die Schachttemperatur auch bei 100 Prozent gedämmten Rohrleitungen so stark ansteigen, dass sich das Kaltwasser in der Zuleitung auf über 25 °C erwärmt. Eine Einhaltung nach DIN 1988-200 3.6 ist dann nicht gewährleistet. Auch niedrige Vorlauftemperaturen tragen dazu bei, dass sich die Kaltwasserzuleitung nicht zu sehr aufwärmt.
Auch die Verlegung der Trinkwasserleitungen in den Wohnungen hat einen Einfluss auf die Trinkwasserhygiene. Das Forschungsinstitut ISFH hat im Rahmen des Forschungsprojektes „Trans2NT-TWW – Analyse und Erarbeitung notwendiger Maßnahmen zur Absenkung der Trinkwarmwassertemperatur in Niedertempera-tur-Versorgungssystemen“, an der der Hersteller Taconova als Industriepartner beteiligt ist, eine Simulationsstudie durchgeführt [1].
In dieser hat das Team um Peter Pärisch, Gruppenleiter Thermische Energiesysteme in der Abteilung Solare Systeme des ISFH, untersucht, welche Standzeiten in den Kaltwasser- und Warmwasserleitungen mit potenziell kritischen Temperaturen zwischen 25 und 50 °C auftreten. Dabei verglichen die Forscher vier Varianten mit jeweils thermischer Trennung zwischen Kaltwasser und Warmwasserleitung und Anbindung der Zapfstellen mit Warmwasser von oben. Erstens: die klassische T-Stück-Installation. Zweitens: Die Durchschleif-Reihen-Installation, bei der die Kaltwasser- und Warmwasserzapfstellen in Reihe geschaltet sind. Drit-tens: Die Durchschleif-Ring-Installation, bei der die Kaltwasser- und Warmwasserzapfstellen im Ring verschaltet sind. Viertens: Eine Mischvariante aus T-Stück-Installation in der Warmwasserleitung und Ringinstallation in der Kaltwasserleitung.
In der Simulationsstudie für das Warmwasser-Lastprofil „junges Paar“ zeigte sich, dass die klassische T-Stück-Installation und die Mischvariante für die Trinkwasserhygiene bezüglich der Standzeiten im kritischen Temperaturbereich besser sind als Ring- oder Reihenschaltungen. Für Kaltwasser hilft ein häufiger Wasserwechsel, unter 25 °C zu bleiben, während beim Warmwasser die Anzahl der beteiligten Rohre minimiert werden sollte, insbesondere bei 45 °C. Dabei hatte es für die Standzeiten zwischen 25 und 50 °C in den Kaltwasser- und Warmwasserleitungen so gut wie keinen Einfluss, ob die Vorlauftemperatur 60 °C oder 45 °C betrug. Peter Pärisch weist darauf hin, dass die Übertragbarkeit der Ergebnisse durch weitere Simulationen hergestellt und vor allem auch durch Laborexperimente zum Legionellenwachstum validiert werden sollte. Dies soll in einer zweiten Projektphase in repräsentativen Demonstrationsgebäuden geschehen. Das Projektziel ist die Erarbeitung eines Leitfadens, der bei der Auswahl geeigneter Niedertemperatursysteme zur hygienischen Trinkwassererwärmung helfen soll und der im kommenden Jahr erscheinen soll. Egal ob im Neubau oder in der Bestandsanierung: Mit einer sorgfältigen Planung lässt sich die für das jeweilige Gebäude beste Heizungslösung finden und die Frage nach der dezentralen oder zentralen Trinkwarmwasserbereitung beantworten. Dabei unterstützt der Hersteller Taconova Planer im gesamten Planungsprozess von der Ermittlung der Grundlagen, über die Auswahl der Technik bis hin zur Inbetriebnahme und späteren Wartung. Taconova-Experten stehen den Planenden von Anfang an mit persönlicher Beratung zur Seite.
Quellenangabe [1] Peter Pärisch, Mark Distelhoff, Jonas Keuler, Carsten Lampe, Christopher Graf, Anna Cadenbach, Mul-ti-criteria comparison of various drinking water installations for low-temperature supply systems in apartments, Tagungsbeitrag CISBAT 2023.
Donnerstag, 26.10.2023