Nachverdichten, Deregulieren und Kosten senken – so wollen Verbände den Absturz im Wohnungsbau verhindern.
14. Wohnungsbautag mit konkreten Forderungen
Nachverdichten, Deregulieren und Kosten senken – so wollen Verbände den Absturz im Wohnungsbau verhindern.
Neben dem Ruf nach der helfenden Hand von Vater Staat entwickelten die Experten auf dem 14. Wohnungsbautag im April ’23 in Karlsruhe weitere Forderungen und Vorschläge zur Linderung des Wohndesasters in Deutschland. Eine Idee: Potenziale im Bestand nutzen. Zu prüfen seien mögliche Erweiterungen mit Aufstockungen und Dachausbauten, Nachverdichtungen im Quartier und die Umwandlung von Büro- und Gewerbeimmobilien in bezahlbaren Wohnraum. Modellrechnungen hätten ergeben, dass allein eine Erhöhung der baulichen Dichte in Ballungszentren den Mietpreis pro Quadratmeter um 20 Prozent und mehr senken könne. Beispielsweise durch das Anheben der Geschossflächenzahl GFZ von 1,0 auf 2,0.
Wichtig sei zudem, deutliche Abstriche bei baulichen Auflagen zu machen, fordert das Bündnis. Besonders im Visier ist hierbei der Energieeffizienzhaus-Standard. Das zeige die Studie des Wohnungs-und Bauforschungs-Instituts ARGE (Kiel): „Mit einer zukünftigen Orientierung auf einen Standard von EEH 55 oder EEH 40 für den Neubau und von deutlich unter EEH 115 für den Wohnungsbestand sind ein wirtschaftlicher Aufwand sowie eine Mietbelastung verbunden, bei der die Realisierung von bezahlbarem Wohnraum für mittlere Einkommensgruppen ohne ausreichende Förderungen nicht mehr möglich ist. Auch angesichts des drastisch gestiegenen Zinsniveaus ist daher eine Förderung von bezahlbarem Mietwohnungsbau für Haushalte erforderlich, die zwar oberhalb des sozialen Wohnungsbaus liegen, für die aber frei finanzierter Wohnraum derzeit nicht erschwinglich ist“, so das Bündnis. Die Studie belegt das mit konkreten Zahlen: Die von der ARGE ermittelten Kosten für den Neubau von Mietwohnungen in großen Städten liegen aktuell bei knapp 5.000,- Euro pro Quadratmeter. Kommunen und Bund haben daran einen Anteil von 570,- Euro. Der Staat drehe eifrig an der Preisspirale, beispielsweise beim Schall- und Brandschutz, durch Vorgaben bei Stellplätzen, für Außenanlagen und beim Material für Gebäudefassaden. Daher sei eine konsequente Überprüfung von Gesetzen, Normen und Verordnungen notwendig. „Es geht darum, Kostentreiber drastisch zu reduzieren und Standards zu senken“, so ARGE-Institutsleiter Prof. Dietmar Walberg. Deutlich auch Katharina Metzger, Präsidentin des Bundesverbands Deutscher Baustoff-Fachhandel: „Wenn die Kosten fürs Klima den Wohnungsbau killen, ist keinem geholfen: weder den Menschen noch dem Klima.“
Zudem warnt der Wohnungsbau-Tag vor einer „Weiter-so-Politik“: Die führe unweigerlich zum Abbau von Baukapazitäten. „Der Beschäftigungsabbau geht rasend schnell. Er läuft auf dem Bau sechs Mal schneller als der Personal-Aufbau. Geht der Bau jetzt in die Knie, dann dauert es Jahrzehnte, bis er wieder auf die Beine kommt und das Niveau erreicht, das er bis heute mit Mühen aufgebaut hat: 920.000 Beschäftigte im Bauhauptgewerbe“, so Studienleiter Walberg. Plus die 667.000 im Ausbaugewerbe Tätigen, zu denen die SHK-Branche zählt. Die für den Wohnungsbau fatale „Weiter-so-Politik“ zeigt übrigens „Wirkung“: In den ersten vier Monaten des Jahres sanken die Einnahmen aus der Grunderwerbssteuer um sagenhafte 33 Prozent! Weil keiner mehr bauen will, also auch nicht kauft …
Nicht zuletzt adressiert das Bündnis den Elefanten im Raum: „Deutschland verzeichnet in 2022 die größte Zuwanderung der letzten Dekade mit 1,5 Mio. Menschen, von denen 60 Prozent eine Wohn- und Beschäftigungsperspektive in Deutschland suchen. Der durch Fachkräftemangel geprägte Arbeitsmarkt benötigt dringend eine qualifizierte Zuwanderung. Voraussetzung dafür, dass diese Menschen sich für Deutschland entscheiden, ist, dass sie bezahlbar und arbeitsplatznah wohnen können.“ Das SanitärJournal berichtet auch hier über den 14. Wohnungsbautag 2023.
Montag, 05.06.2023