Neuerungen für die Trinkwasser-Installation in Gebäuden

Für die Länder der Europäischen Union ist am 12. Januar 2021 eine neue EU-Trinkwasserrichtlinie erschienen (2020/2184), deren Inhalte bis zum 12. Januar 2023 in nationales Recht umgesetzt werden müssen, wobei in den einzelnen Artikeln der Richtlinie den Ländern Spielraum für eigene Entscheidungen eingeräumt wird.

Eine komplett neu ausgearbeitete Richtlinie war längst überfällig, die ursprüngliche Richtlinie 98/83/EG nochmals zu aktualisieren wäre zu aufwendig gewesen, von daher hat sich die EU für einen komplett neuen Text entschieden – der Schritt ist sehr zu begrüßen.

Im Folgenden werden nicht alle Artikel der Richtlinie betrachtet und erläutert, sondern nur die wesentlichen, hygienerelevanten Änderungen, die für Planer, Installateure und Betreiber von Trinkwasser-Installationen innerhalb von Gebäuden wichtig sind.

Im Folgenden werden nicht alle Artikel der Richtlinie betrachtet und erläutert, sondern nur die wesentlichen, hygienerelevanten Änderungen, die für Planer, Installateure und Betreiber von Trinkwasser-Installationen innerhalb von Gebäuden wichtig sind.

Grundsätzliche Änderungen und Neuerungen

Es gibt in der neuen Richtlinie einige gravierende Änderungen und Neuerungen. Parameter in den Anlagen der Richtlinie wurden ergänzt und neue hinzugefügt. Die für die Hausinstallation wichtigen Parameter werden weiter unten erläutert.

▪ Beobachtungsliste

Die von der Kommission zu erstellende Liste ist ein neues Instrument der Richtlinie, in der neu nachgewiesene Stoffe aufgenommen werden, die Einfluss auf die menschliche Gesundheit haben könnten (Artikel 13). Damit erhofft sich die EU-Kommission, schneller als früher auf neue Substanzen zu reagieren. Diese Stoffe werden gegebenenfalls aus der Beobachtungsliste in die Richtlinie eingebracht. Als Beispiele werden Substanzen mit endokriner Wirkung, Mikroplastik im Trinkwasser oder auch Arzneimittel genannt.

▪ Risikobasierter Ansatz

Das Konzept des „Wassersicherheitsplans“ (Water-Safety-Plan) kommt sowohl für die Wasserversorger als auch für die Hausinstallation zur Anwendung (Artikel 9 für Wasserversorger, Artikel 10 für die Hausinstallationen). Bereits 2015 wurde für die Wasserversorger dieser Ansatz mit der EU-Richtlinie 2015/1787 eingeführt. Neu ist, dass es eine Risikobewertung auch für die Trinkwasser-Installation in Gebäuden geben wird.

▪ Information der Öffentlichkeit

Die Aufforderung, die Öffentlichkeit und die Verbraucher zu informieren, ist nicht neu. Den Verbrauchern müssen allerdings umfangreichere Informationen auf verschiedenen Wegen zur Verfügung gestellt werden: über die Qualität des Wassers, Wasserpreis, verbrauchte Wassermenge, Vergleichswerte bzgl. des jährlichen Wasserverbrauchs (Artikel 17).

▪ Zulassungssysteme für Materialien und Werkstoffe

Die EU hat mit der Festlegung von harmonisierten Mindesthygieneanforderungen für die Materialien und Werkstoffe versucht, einheitliche Standards festzulegen, sodass in allen EU-Ländern konforme Produkte hergestellt und eingebaut werden.

▪ Zugang zu Wasser für den menschlichen Gebrauch

Der Artikel 16 ist neu in der Richtlinie und soll benachteiligten Gruppen bzw. Menschen am Rand der Gesellschaft einen Zugang zu Wasser ermöglichen. Die EU-Staaten sind zunächst aufgefordert, diese Gruppen zu ermitteln, Möglichkeiten der Verbesserung zu prüfen, diese Menschen zu informieren und Maßnahmen zu treffen. Die Aufgaben müssen die einzelnen EU-Mitgliedsstaaten bis zum 12. Januar 2023 umgesetzt haben.

▪ Wasserverluste

Die Mitgliedstaaten müssen bis 2026 eine Bewertung der Wasserverluste und Verbesserungen zur Reduzierung von Wasserverlusten vorlegen. Wasser wird zunehmend auch in Europa in einigen Regionen zum knappen Gut. Die einzelnen Nationen sind aufgefordert, mehr in die Wasserinfrastruktur zu investieren und das Bewusstsein in der Bevölkerung zu sensibilisieren (Artikel 4). Diese Forderung ist neu, auch in Deutschland gab es in einigen Regionen in den Sommermonaten der vergangenen Jahre eine Wasserknappheit. Die Bundesländer sind sich dessen bewusst. Einige haben bereits Initiativen zur Erneuerung der Rohrleitungen, die vom Wasserversorger zu den Verbrauchern führen, ergriffen, um Städte und Gemeinden finanziell dabei zu unterstützen.

Begriffsbestimmungen

Die Anzahl der definierten Begriffe ist überschaubar. Bei der Auflistung gibt es zwei Begriffe, die auffällig sind. Der Begriff „prioritäre Örtlichkeiten“ ist neu und fand sich bisher in keinem anderen Regelwerk oder einer Richtlinie, oftmals wurde dafür der Ausdruck „Hygienerelevante Gebäude“ verwendet. In dem Begründungstext zur neuen Richtlinie werden Beispiele genannt: „Krankenhäuser, Gesundheitseinrichtungen, Gebäude mit Unterkunftsmöglichkeiten, Restaurants, Bars, Sport- und Einkaufszentren, Freizeit-, Erholungs- und Ausstellungseinrichtungen, Strafvollzugsanstalten und Campingplätzen“. Die Auflistung ist nicht vollständig, die wesentlichen Gebäude sind aber genannt, die in der Vergangenheit hygienisch auffällig waren.

Der Begriff der „Hausinstallation“ ist unglücklich gewählt. Leider hat man sich für diesen Begriff entschieden und nicht für die Bezeichnung „Trinkwasser-Installation“. Hausinstallationen umfassen wesentlich mehr, zum Beispiel die gesamte Elektroinstallation, Klimageräte und Anlagen. Der Anwendungsbereich der Richtlinie betrifft aber die Wasserversorgung und die Trinkwasser-Installation innerhalb eines Gebäudes. Es bleibt abzuwarten, ob der Begriff bei der Überarbeitung in die deutsche Trinkwasserverordnung übernommen wird.

Es gibt jetzt die Unterscheidung von Gefährdung und Gefährdungsereignis. Eine Gefährdung kann durch einen biologischen, chemischen, physikalischen oder radiologischen Stoff erfolgen, der die menschliche Gesundheit beeinträchtigt. Das Gefährdungsereignis ist der konkrete Fall, der zu einer Gefährdung führt.

Risiko wird als eine Kombination aus Wahrscheinlichkeit des Eintretens und des Schadensausmaßes definiert.

Parameter

Bei den Parametern im Anhang wurden neue Substanzen aufgenommen (zum Beispiel Bisphenol A und Microcystin-LR) und es gab Korrekturen. Für die Hausinstallation sind folgende Parameter zu beachten:

Risikobasierter Ansatz von Hausinstallationen

Eine der wesentlichen Neuerungen ist die Risikobewertung von Hausinstallationen (Artikel 10). Die WHO hat seit längerer Zeit das Konzept des Water-Safety-Plans auch für die Trinkwasser-Installation in Gebäuden vorgeschlagen, das nun (endlich) ausführlicher in der Trinkwasserrichtlinie der EU enthalten ist.

Diese Risikoanalyse – nicht zu verwechseln mit der Gefährdungsanalyse laut Trinkwasserverordnung – besteht aus einer allgemeinen Analyse und einer Überwachung der Parameter Legionellen und Blei, wie es im Teil D des Anhangs aufgeführt ist. In der allgemeinen Analyse sollen die verwendeten Produkte, Materialien und Werkstoffe analysiert werden, ob diese eine Gefahr für die menschliche Gesundheit sind. Diese Analyse umfasst keine einzelnen Objekte. Die Analyse auf Legionellen und/oder Blei wird dagegen auf Objekte angewendet. Diese Parameter können vorwiegend bei prioritären Örtlichkeiten untersucht werden, sofern die Mitgliedsstaaten dies beschließen. Das Ein- und Zweifamilienhaus steht damit zunächst nicht im Fokus. Auch bei den Maßnahmen zur Einhaltung sind die EU-Staaten frei in der Festlegung. Die vorgeschlagenen Maßnahmen der einzelnen Mitglieder beschränken sich zunächst auf die prioritären Örtlichkeiten.

Allerdings sind im Absatz 3 des Artikels 10 wichtige Maßnahmen gefordert:

Im Artikel 7 ist als Datum für die erstmalige Durchführung der Risikobewertung der Hausinstallation der 12. Januar 2029 genannt.

Hygieneanforderungen für Materialien

Bisher gab es keine einheitlichen Anforderungen bzgl. der Hygiene an Materialien und Werkstoffen, fast jedes EU-Mitglied hatte seine eigenen Vorgaben für Produktzulassungen. Für die Verbraucher war es schwierig zu beurteilen, ob ausländische Produkte eingebaut werden dürfen, für die Hersteller war es erschwert, ihre Produkte in anderen EU-Ländern zu verkaufen. Die neue EU-Trinkwasserrichtlinie trägt entscheidend dazu bei, dass in den EU-Ländern nur konforme Produkte verkauft und eingebaut werden.

Dieses Ziel soll erreicht werden, indem die Kommission sogenannte Durchführungsrechtsakte zu einzelnen Themen erlässt. Im Wesentlichen sind es folgende drei Rechtsakte:

In der Richtlinie sind noch weitere Anforderungen beschrieben. Die europäischen Positivlisten können auch Übergangsbestimmungen enthalten, und das gesamte Verfahren soll bis zum 12. Januar 2032 überprüft werden. Eine erste Überprüfung der Positivlisten soll 15 Jahre nach Annahme der ersten europäischen Positivliste erfolgen.

Fazit

Diese Richtlinie enthält wesentliche Änderungen und einige neue Themen. Hervorzuheben sind die Positivlisten, die Einführung der Beobachtungsliste und der risikobasierte Ansatz für die Hausinstallation in Gebäuden. Mit Letzterem wird viel zum vorbeugenden Gesundheitsschutz beigetragen. Die Harmonisierungen waren längst überfällig und sind zu begrüßen. Allerdings stellen die genannten Zeiten bis zur Umsetzung sehr große Zeiträume dar. Bei einigen Themen, zum Beispiel dem Water-Safety-Plan, hätte man sich eine schnellere Umsetzung gewünscht.

Montag, 27.12.2021