Trotz einer wachsenden Anzahl an Richtlinien und zahlreichen bekannten Fällen von Nichteinhaltung hygienischer Vorschriften...
Trotz einer wachsenden Anzahl an Richtlinien und zahlreichen bekannten Fällen von Nichteinhaltung hygienischer Vorschriften...
...wird die Thematik „Trinkwasserhygiene“ weiterhin in vielen Situationen eher zweitrangig behandelt. Planer und Betreiber fokussieren vorrangig die hydraulische Funktionalität einer Trinkwasseranlage, um jede Zapfstelle mit den nötigen Wassermengen und -drücken zu versorgen. Dabei werden Maßnahmen zum Erhalt der Trinkwasserhygiene oftmals vernachlässigt.
Stetig steigende Fallzahlen der im Rahmen der Meldepflicht erfassten Erkrankungen durch Legionellen bestätigen diesen Kontext jedenfalls in Teilen [1]. Daher ist eine frühzeitige Einbeziehung von präventiven Maßnahmen zur Einhaltung der Trinkwasserhygiene ein entscheidender Faktor, um die Trinkwasseranlage gemäß normativer Vorgaben bestimmungsgemäß zu betreiben. Dazu gehört, dass die Temperaturen des Trinkwassers innerhalb der vorgeschriebenen Grenzen einschlägiger Regelwerke bleiben. Durch verschiedene Einflüsse und bauliche Konstellationen ist dieser Forderung häufig nur schwierig nachzukommen.
Während technische und organisatorische Lösungen mit teilweise hohem Wasserverbrauch die Forderungen nach regelwerkskonformen Temperaturen bedienen, können zirkulierende Systeme ebenso gut einen bestimmungsgemäßen Betrieb ermöglichen, ohne dass ein hoher Wasserverbrauch notwendig wird. Für die Dimensionierung eines solchen Systems ist es nötig, die grundsätzlichen Informationen für die Auslegung zusammenzutragen und realistische Parameter für einen sicheren Betrieb zu finden. Mit Zirkulationssystemen soll der bestimmungsgemäße Betrieb von Kaltwassernetzen sichergestellt werden, indem die aufgenommene Wärme über einen Wärmeübertrager abtransportiert wird, sodass es zu keinen unzulässigen Temperaturveränderungen kommt.
In einer Abschlussarbeit an der FH Münster wurde 2018 ein tabellengestütztes Dimensionierungsverfahren für Kaltwasser-Zirkulationssysteme entwickelt, um errichtungsfähige Anlagen planen zu können. Bei der Erstellung dieses Tools lag daher eine erhöhte Aufmerksamkeit auf der Findung von praxisnahen Parametern, die den Wärmeeintrag in das System beschreiben. Ebenso von Bedeutung war die hydraulische Einregulierung des Systems, womit besonders in hydraulisch ungünstigen Fließwegen die Einhaltung der Temperaturvorgaben sichergestellt werden soll. In dem vorliegenden Artikel liegt der Fokus auf den für eine erfolgreiche Dimensionierung notwendigen Parametern, um das Risiko eines ungewollten Temperaturanstiegs in Kaltwasserleitungen kontrolliert zu reduzieren.
Die Nichteinhaltung normativer Vorgaben zu Temperaturgrenzen sowie mikrobiologischer Anforderungen kann zur Vermehrung von im Trinkwasser vorkommenden Krankheitserregern führen [2]. Enorm risikoreiche Temperaturbereiche, die das Wachstum von Legionellen begünstigen, liegen zwischen 25 und 42 °C; die optimale Wachstumstemperatur beträgt in etwa 35 °C [3]. Bei Temperaturen oberhalb von 55 °C wird das Wachstum gehemmt und ab 60 °C kommt es zum Absterben der Mikroorganismen. Ein Überleben der Keime im Kaltwasser unterhalb von 20 °C ist generell möglich, wobei es jedoch nicht zu einer nennenswerten Vermehrung kommen kann [4].
Krankenhäuser, Pflegeheime, Sanatorien und Arztpraxen gelten dabei als besonders sensibel für fakultative Infektionsquellen. In diesen Einrichtungen können Krankheiten auf zahlreichen Wegen übertragen oder ausgelöst werden; besonders folgenschwer können die ausgelösten Infektionen bei immunsupprimierten Menschen verlaufen. Im Fall von Legionellen geschieht dies am häufigsten durch die Inhalation von legionellenhaltigen Luft-Wasser-Gemischen [5]. Die Temperaturveränderung des Trinkwassers ist daher eine der maßgeblichen Größen für die Beurteilung der Trinkwasserhygiene. Verschiedene bauliche und physikalische Gründe führen zu einer Veränderung der Trinkwassertemperatur, darunter die Leitungsverlegung in:
Zwischendecken (nahe Einbaulampen, warmgehenden Leitungen etc.),
Räumen mit hohen Temperaturen (z. B. Technikräume),
Räumen mit niedrigen Temperaturen (z. B. Tiefgaragen),
Installationsschächten (dichte Belegung gemeinsam mit warmgehenden Leitungen).
Kommt es infolge von nichtbestimmungsgemäßem Betrieb zum längeren Stillstand innerhalb der Trinkwasser-Installation, findet eine Temperaturveränderung statt, bei der das Trinkwasser entweder abkühlt oder erwärmt wird. Dieser Umstand fußt auf dem Prozess, bei dem Wärme – also die Energie aufgrund eines Temperaturunterschiedes – stets von Orten höherer Temperatur zu Orten mit niedrigerer Temperatur übergeht [6]. Abbildung 1 zeigt die Temperaturveränderung für verschiedene, 100%-gedämmte Rohrleitungen. Bei der Berechnung wurde davon ausgegangen, dass das Wasser nicht in Bewegung ist, während eine konstante Umgebungstemperatur von 30 °C herrscht.
Aus Abbildung 1 geht hervor, dass stagnierendes Trinkwasser trotz normativ ausgeführter Rohrdämmung einer relativ schnellen Temperaturveränderung unterliegt. Zur Lösung der Problematik kommen Spülsysteme zum Einsatz, mit denen ein bestimmungsgemäßer Betrieb durch regelmäßig ausgelöste Entnahmen erreicht wird, wobei das Trinkwasser in den meisten Fällen ungenutzt in das Abwassersystem gelangt. In großen Gebäudekomplexen finden sich zudem eine Vielzahl dieser Spülsysteme, wodurch die Menge des ungenutzten Trinkwassers und somit die Betriebskosten proportional zunehmen können. Ein Temperaturabfall beziehungsweise -anstieg kann ebenso durch zirkulierendes Trinkwasser verzögert werden. Warmwassererwärmer führen dem Warmwasser kontinuierlich Wärmeenergie zu, wodurch ein Abkühlen verhindert werden kann. In einem Kaltwasser-Zirkulationssystem kann eine äquivalente Temperaturhaltung durch eine Zirkulationspumpe, einen Wärmeübertrager und eine daran angeschlossene Kälteanlage erzielt werden. Dabei besteht der erste Schritt der Anlagenplanung darin, sinnvolle und praxisorientierte Berechnungsparameter festzulegen.
Für die Beurteilung des Wärmeeintrags in ein Kaltwassersystem ist zunächst der in Richtung der Kaltwasserleitung fließende Wärmestrom durch externe Wärmequellen die maßgebliche Größe. Dieser Wärmestrom wird mittels Formel (1) bestimmt und in der Einheit [W] ausgedrückt.
Kann der Wärmestrom nicht direkt beziffert werden, wird zuvor der spezifische Wärmeeintrag mit Formel (2) bestimmt. Der spezifische Wärmedurchgangskoeffizient kR kann per differenzierter Berechnung gemäß DVGW Arbeitsblatt W 553 ermittelt werden [7]. Eine differenzierte Berechnung verschiedener Rohrgrößen führt auf geringfügig voneinander abweichende Wärmedurchgangskoeffizienten, wie Abbildung 2 zu entnehmen ist. Daher kann für die Berechnung des spezifischen Wärmeeintrags der in DVGW W 553 empfohlene Wert von 0,2 W/mK verwendet werden [7].
Für die zusätzliche Bestimmung der Temperaturdifferenz ϑ zwischen Umgebungstemperatur und Trinkwassertemperatur muss zunächst die erhöhte Temperatur der Umgebung festgestellt werden. Die sich aufgrund von Wärme-quellen einstellende Ausgleichstemperatur der umgebenden Luft ϑ∞ hängt von den Massen der warmgehenden Medien und dem umgebenden Luftvolumen ab und kann mit Formel (3) berechnet werden. Anschließend lässt sich der Wärmestrom aufgrund der erhöhten Umgebungstemperatur mit den zuvor genannten Schritten berechnen.
Die aus der Berechnung erhaltenen Werte gelten für eine unendlich lange Zeit, bei der ein Temperaturausgleich zwischen den Wassermassen und der umgebenden Luft erfolgt ist. Für einen Raum mit 60 m3 Luftvolumen, der zum Zeitpunkt t = 0 eine Temperatur von 20 °C hatte, stellen sich nach unendlicher Zeit die in Abbildung 3 aufgeführten Ausgleichstemperaturen ein. Eine natürliche Schichtung aufgrund des Dichteunterschiedes der Luft wurde dabei vernachlässigt, ebenso wie die wärmespeichernde Wirkung der Bausubstanz, da diese Eigenschaften hochdynamischen Vorgängen unterliegen und nur schwer zu erfassen sind.
Für die Ermittlung des Wärmestroms wurden die Ausgleichstemperaturen der in Abbildung 3 dargestellten Kombinationen in Räumen bis 100 m³ berechnet. Dabei wurde deutlich, dass die Masse des warmen Wassers einen großen Einfluss auf die sich einstellende Umgebungstemperatur hat. Folglich tragen Rohrleitungskombinationen warmgehender Medien umso mehr zu einer Temperaturerhöhung des Kaltwassers bei, desto größer das von ihnen transportierte Volumen ist. Per logarithmischer Mittelung der Resultate und Umrechnung in einen Wärmestrom mittels Formel (2) ergeben sich für die nachstehend aufgeführten Gebäudebereiche folgende, gerundete Berechnungsgrößen [8]:
Kellerbereich (unbeheizt):
2,0 W/m (Verlegung neben Warmwasserleitungen)
4,0 W/m (Verlegung neben Heizungs- und Warmwasserleitungen)
Versorgungsschacht- und Wohnbereich:
4,0 W/m (Verlegung neben Warmwasserleitungen)
6,0 W/m (Verlegung neben Heizungs- und Warmwasserleitungen)
Mit den spezifischen Wärmeströmen und den zugehörigen Längen der Kaltwasserleitungen kann der Gesamtwärmeeintrag in das System über Formel (1) ermittelt werden. Anschließend wird mit Formel (4) der zum Abtransport der aufgenommenen Wärme notwendige Pumpenvolumenstrom ermittelt:
Der steuerbare Einflussfaktor für den Pumpenvolumenstrom während der Dimensionierungs-Phase ist die Temperaturdifferenz ∆ϑ zwischen Kaltwasser und erwärmten Kaltwasser. Denn die Pumpenleistung fällt insgesamt umso kleiner aus, je größer die Temperaturdifferenz gewählt wird. Bei der Festlegung der Auslegungstemperaturen ist zu berücksichtigen, dass die Kaltwassertemperatur am Berechnungspunkt aufgrund verschiedener Faktoren, wie zum Beispiel der herrschenden Außentemperatur, Schwankungen unterliegen kann. Daher sollte die gemäß DIN 1988-200 vorgeschriebene Höchsttemperatur für Kaltwasser von 25 °C für die Berechnung zugrunde gelegt werden [9].
Möglichst große Temperaturdifferenzen zwischen Kaltwasser und erwärmtem Kaltwasser bei der Planung anstreben.
Anschließend werden die Wärmeeinträge entlang der Kaltwasser-Fließwege an den Knotenpunkten aufgeteilt. Alle bereits betrachteten Wärmeeinträge werden am aktuellen Knotenpunkt subtrahiert und die verbleibenden Wärmeströme in den Abgang (Index a) sowie in den Durchgang (Index d) in einer Tabelle übernommen. Abbildung 4 dient als Orientierung, um die in den Teilstrecken notwendigen Volumenströme mittels der Formeln (5) und (6) berechnen zu können.
Die anschließende, auf Grundlage der bereits errechneten Volumenströme, durchzuführende Rohrnetzberechnung erfolgt in Abhängigkeit der Fließgeschwindigkeit und kann mittels Tabellenkalkulation durchgeführt werden.
Dabei sollte die Fließgeschwindigkeit nicht mehr als 0,5 m/s betragen, um mögliche Erosionskorrosionen nicht zu beschleunigen und um große Druckverluste zu vermeiden. Mit Formel (7) lässt sich die Fließgeschwindigkeit v bei ausgewählter Kaltwasser-Zirkulationsleitung bestimmen:
Maximale Fließgeschwindigkeit im Zirkulationssystem: V!SUB(max)SUB! = 0,5 m/s
Der Rohrauswahl folgt eine differenzierte, nach DIN 1988-300 entsprechende, Druckverlustberechnung des gewählten Rohrnetzes. Mit dem Gesamtdruckverlust aus Rohrnetz, Wärmeübertrager und Rückschlagventil sowie dem bereits ermittelten Pumpenvolumenstrom kann eine für das System passende Umwälzpumpe ausgewählt werden. Abschließend werden die erforderlichen Druckverluste der zum Abgleich des Systems benötigten Drosselarmaturen nach Formel (8) berechnet. Diese ergeben sich aus dem Gesamtdruckverlust, den Druckverlusten der Teilstrecke sowie den summierten Druckverlusten des betrachteten Fließweges. Die Anwendung dieser Formel auf jeden Fließweg sorgt dafür, dass eine Gleichverteilung der Volumenströme innerhalb des Systems erfolgt.
Die Auswahl der passenden Regulierventile wird idealerweise anhand von kV-Werten entsprechend Formel (9) durchgeführt. Dieser Wert beschreibt die Durchflusskapazität eines Ventils und dient zum Vergleich sowie zur Auslegung von Ventilen
Bei der darauffolgenden Auswahl der statischen Regulierventile sind folgende Hinweise zu beachten:
Führt der Hersteller den berechneten kV-Wert nicht auf, so ist der nächstgrößere kV-Wert zu wählen. Ist der berechnete kV-Wert zu groß für ein gewünschtes Ventil, muss die nächstgrößere Dimension ausgewählt werden.
Ist der kV-Wert zu klein für das gewählte Ventil, muss die nächstkleinere Dimension ausgewählt werden, um den berechneten kV-Wert zu erreichen.
Der fachgerechte Abgleich des Systems durch die Ermittlung und Einstellung notwendiger Druckverluste ist unverzichtbar und sorgt für einen sicheren Betriebszustand. Die berechneten Druckdifferenzen innerhalb der Stränge sorgen dafür, dass an jeder Stelle des Systems die zum Abtransport der eingetragenen Wärme benötigten Volumenströme fließen. Die Ungleichverteilung der Volumenströme in diesem Diagramm ist auf verschieden große Wärmemengen zurückzuführen, die aufgrund variierter Auslegungsparameter auf die Installation einwirken. Zusätzlich enthält die Abbildung einen Temperaturverlauf, welcher die Wassertemperatur an den Knotenpunkten des Kaltwasser- und Zirkulationssystems aufführt.
An dieser Stelle bezeichnet der Vorlauf das Kaltwassersystem, während mit dem Rücklauf die zurückführende Zirkulationsleitung gemeint ist. Entsprechend des Fließweges wird zunächst der Temperaturverlauf des Kaltwassernetzes (grün) von links nach rechts gelesen, bis der Knotenpunkt erreicht ist. Von dieser Stelle wird anschließend der Temperaturverlauf des Zirkulationssystems (blau) vom Knotenpunkt ausgehend nach links verfolgt. Liegt die Systemtemperatur am Punkt vor Wiedereintritt in den Wärmeübertrager unter der zu Beginn festgelegten Auslegungstemperatur, so kann das System als hydraulisch abgeglichen und funktionstauglich betrachtet werden.
Um die Frage nach den Betriebsparametern von Umwälzpumpe und Regulierventilen, sowie Wärmeübertrager und Kältekreislauf zu beantworten, wird im Folgenden die Dimensionierung eines Kaltwasser-Zirkulationssystems durchgeführt. Für die schrittweise Berechnung wird ein fiktives Pflegeheim mit 128 Sanitärobjekten, verteilt auf 5 Obergeschosse und 1 Kellergeschoss, verwendet. Dieses Gebäude ist für die demonstrative Berechnung insofern geeignet, als dass es einen hohen hygienischen Anspruch an das Trinkwassersystem fordert, der für Objekte dieser Art üblich ist. Zudem lassen sich durch das mäßig verzweigte Trinkwassernetz mögliche Einsatzgrenzen für ein Kaltwasser-Zirkulationsnetz feststellen.
Für die Dimensionierung der Zirkulationsanlage wird davon ausgegangen, dass alle Sanitärobjekte im Kellergeschoss, Erdgeschoss und den Obergeschossen 1 bis 3 über Ringleitungen versorgt werden. Im letzten Geschoss werden alle Sanitärobjekte über eine Reihenleitung versorgt, wodurch an der letzten Teilstrecke ein Anschluss an die geplante Zirkulationsleitung möglich wird. Die Steigstränge 1 und 10 sind gemeinsam mit warmgehenden Leitungen verlegt (6 W/m), während die Steigstränge 2 bis 9 in separaten Schächten verlegt werden (4 W/m). Die im Keller verlegten Teilstrecken sind mit 2 W/m in der Aufstellung berücksichtigt. Die rechnerisch ermittelten Wärmelasten der Steig-, Verteil- und Sammelleitungen können Abbildung 5 entnommen werden.
Mit einer Kaltwassereintrittstemperatur von 17 °C und einer Höchsttemperatur von 25 °C ergibt sich ein rechnerischer Wärmeeintrag von 3.751 W. Davon entfallen 3.645 W auf die Steigstränge und 106 W auf die Leitungen des Kellergeschosses. Dieser enorme Unterschied in der Verteilung ist zum einen auf die an den jeweiligen Orten herrschende Temperaturdifferenz gegenüber dem Kaltwasser und zum anderen auf unterschiedliche Leitungslängen zurückzuführen. Die anschließende, differenzierte Rohrnetzberechnung liefert die Rohrgrößen DN 12 bis DN 20, welche, abhängig von der Fließgeschwindigkeit ausgewählt, einen Gesamtdruckverlust von 103 hPa ergeben. Mit den bis dahin ermittelten Daten kann im Anschluss eine Umwälzpumpe (Biral „AX 20-4 120 Blue“) ausgewählt werden, die den erforderlichen Volumenstrom von 0,4 m3/h aufbringt und den im System entstehenden Differenzdruck für den hydraulisch ungünstigsten Fließweg von 256 hPa überwindet.
Dieser Differenzdruck berücksichtigt den Druckverlust des Wärmeübertragers (ca. 120 hPa) und den des Rückschlagventils (ca. 50 hPa) [8]. Dem Aufbau des Rohrnetzes folgt der hydraulische Abgleich des Zirkulationssystems. Mit handelsüblichen Regulierventilen (Danfoss „LENO MSV-DB“) können die berechneten kV-Werte eingestellt und somit die benötigten Volumenströme in den Zirkulationssträngen verteilt werden. Die sich infolge des simulierten Abgleichs einstellenden Temperaturen können dem unteren Diagramm aus Abbildung 5 entnommen werden.
Das Diagramm zeigt auf, dass die gewählten Ventileinstellungen zu einer Temperaturerhöhung von etwa 5 °C führen, wodurch sich eine Systemhöchsttemperatur von etwa 22 °C einstellt. Das obere Diagramm in Abbildung 5 enthält die aus der Rohrnetzberechnung ermittelten Differenzdrücke und Volumenströme der Teilstrecken. Hohe Volumenströme, wie beispielsweise in den Strängen 02, 05, 08 und 09 können auf hohe Wärmeeinträge in langen Etagenleitungen zurückgeführt werden. Zum Abtransport der Wärmeeinträge kommt ein Gegenstrom-Plattenwärmeübertrager (Danfoss „XB 06“) zum Einsatz. Dieser zählt mit einer Wärmeübertragerfläche von 0,18 m2, verteilt auf 10 Platten, zu verhältnismäßig kleinen Wärmeübertragern in der Gebäudetechnik. Bei der Auswahl von Bauteilen zur Einregulierung und Wärmeübertragung sollte zwingend auf die Einsatzfähigkeit in Trinkwasser-Installationen geachtet werden.
Die Trinkwassertemperatur ist ein entscheidender Faktor, der bei Nichteinhaltung der normativen Vorgaben ein erhebliches Potential für mikrobielles Wachstum bergen kann. Verschiedene Einflüsse sorgen dafür, dass die Trinkwassertemperatur Werte annimmt, in denen die Vermehrung von Bakterien enorm begünstigt wird. Um die Trinkwassertemperaturen innerhalb ihrer vorgesehenen Bereiche zu halten, kann mit einem Zirkulationssystem eine Kreislaufbewegung des Wassers erzeugt werden, wodurch zunächst eine Stagnation vermieden wird. Zusätzlich wird an einer zentralen Stelle des Systems die aufgenommene Wärmeenergie durch eine angeschlossene Kälteanlage wieder abgeführt. Auf diese Weise lässt sich ein Risiko durch unzulässige Temperaturen und eine Gefährdung des Netzes durch stagnierendes Trinkwasser deutlich minimieren.
Aus der analytischen Untersuchung verschiedener, praxisorientierter Rohrleitungskombinationen konnte die aufgenommene Wärmeenergie auf wenige Werte beziffert werden, womit die differenzierte Berechnung eines Kaltwasser-Zirkulationssystems möglich wird. Daraus entstand ein am Arbeitsblatt DVGW W 553 orientiertes Verfahren mit angepassten Bilanzgrenzen und Berechnungsparametern. Zusätzlich wurden Dimensionierungsgrundsätze festgelegt, durch die eine sichere Planung errichtungsfähiger Anlagen möglich wird.
Der Betrieb einer Kaltwasser-Zirkulation erfolgt ohne manuelles oder automatisiertes Spülen, sodass kein Trinkwasser ungenutzt in das Abwassersystem geleitet werden muss. Somit erfüllt ein Kaltwasser-Zirkulationssystem das Gebot an einen rücksichtsvollen Umgang mit der Ressource Trinkwasser. Ein bestimmungsgemäß betriebenes Trinkwassernetz ist für den Betreiber zusätzlich dann nutzbringend, wenn er nicht aktiv in den Betriebsablauf eingreifen muss und das System eigenständig funktioniert. Aus technischer Sicht kann daher die Auswahl an Methoden zum Erhalt der Trinkwassergüte um das System „Kaltwasser-Zirkulation“ erweitert werden. Damit stehen dem Fachplaner und dem Fachbetrieb zusätzliche Möglichkeiten zur Verfügung, um hygienisch wirksame und kostengünstige Betriebszustände innerhalb von Trinkwasser-Installationen zu schaffen.
Zukünftig ist die Berechnung der Betriebsparameter von Kaltwasser-Zirkulationssystemen durch Planungs-Softwares denkbar. Darin könnten Rechenschritte verfeinert und mit Herstellerangaben ergänzt werden. Eine Implementierung in bereits bestehende Gebäudetechnik-Software würde die Möglichkeit liefern, ganzheitliche Dimensionierungskonzepte zu erstellen, mit deren Hilfe bereits in der Planungsphase hygienische Probleme ausgeschlossen werden könnten. Darüber hinaus würde ein Arbeitsblatt oder nationales Regelwerk aufkommende Fragen der Fachwelt detailliert beantworten, indem Betriebsparameter und Vorschriften sowie Hinweise landeseinheitlich festgelegt wären.
Literatur:
[1] Robert-Koch-Institut (2015): Epidemiologisches Bulletin Nr. 13: Legionärskrankheit in Deutschland.
[2] VDI ZRE Publikationen (2015): Kurzanalyse Nr. 11.
[3] Fields et al. (2002): Legionella and Legionnaires Disease, Clinical Microbiology Reviews.
[4] RKI (2013): Ratgeber Legionellose.
[5] Behling (2004): Legionellenproblematik im Trinkwasser: Vorkommen, Infektion, Gefahrenpotential, Prävention und Sanierung.
[6] Baehr et al. (2016): Thermodynamik, 16. Auflage, Springer Verlag.
[7] DVGW Arbeitsblatt W 553: Bemessung von Zirkulationssystemen in zentralen Trinkwassererwärmungsanlagen.
[8] Röser (2018): Erarbeitung eines tabellengestützten Auslegungsverfahrens für Kaltwasserzirkulationen zur Aufrechterhaltung der Trinkwasserhygiene.
[9] DIN 1988-200: Abschnitt Betriebstemperatur.
Montag, 23.11.2020