Der Fall „Rohrleitungsschäden in Holsterhausen“ wirft Fragen auf und offenbart Lückenhaftes und Widersprüchliches im aktuellen Regelwerk zu Trinkwasser-Installationen. Jetzt sind die Verbände gefordert, eindeutige Regelungen zu schaffen.
Holsterhausen und die Konsequenzen
Der Fall „Rohrleitungsschäden in Holsterhausen“ wirft Fragen auf und offenbart Lückenhaftes und Widersprüchliches im aktuellen Regelwerk zu Trinkwasser-Installationen. Jetzt sind die Verbände gefordert, eindeutige Regelungen zu schaffen.
Die unendliche Geschichte von Holsterhausen steht exemplarisch für gewisse Ungereimtheiten in der Trinkwasserversorgung. Kurz zur Erinnerung: Das Oberlandesgericht Hamm bestätigte das Urteil des Landgerichts Essen, wonach das SHK-Unternehmen Grefer GmbH die Korrosionsschäden an halbharten Kupferrohren im St. Laurentius-Seniorenheim in Dorsten zu beheben habe. Das Unternehmen dagegen sieht im Wasser einen Mitschuldigen. Durch die normgerecht installierten Leitungen fließe nun mal Wasser mit Inhibitoren und Verunreinigungen. Das SanitärJournal veröffentlichte dazu hier einen ausführlichen Fachbeitrag.
Die Gerichte verfolgten diese Spur jedoch nicht weiter, da Beweise für korrosive Eigenschaften des Wassers fehlten. Wasseranalysen aus der Zeit des Einbaus dokumentierten lediglich die seinerzeit gemessenen Parameter der Trinkwasserverordnung. Die beziehen sich allerdings nur auf die Hygiene, nicht auf mögliche Wirkungen auf den Werkstoff. Konsequenterweise fordern daher Fachleute, zusätzlich zu den hygienischen auch korrosionsrelevante Parameter zu definieren. Offensichtlich gebe es Risiko-Faktoren für die Trinkwasser-Installation, die derzeit nicht oder höchst ungenügend erfasst werden.
Im konkreten Fall des Seniorenheimes verging zwischen Installation und Inbetriebnahme der Trinkwasseranlage ein halbes Jahr. Deshalb prüfte das SHK-Unternehmen die Dichtigkeit der Installation mit trockener Druckluft gemäß dem entsprechenden ZVSHK-Merkblatt. Das empfiehlt den Einsatz von Druckluft, „wenn eine längere Stillstandzeit von der Dichtheitsprüfung bis zur Inbetriebnahme bei durchschnittlichen Umgebungstemperaturen zu erwarten ist, um mögliches Bakterienwachstum auszuschließen“. Was aber, wenn die Druckluft so „trocken“ nicht ist und sich bei der Dichtheitsprüfung Kondenswasser in den Leitungen niederschlägt? Und sich in diesem Restwasser potentiell gefährliche Bakterien-Kolonien und korrosive Elemente bilden?
Der Gutachter Wolfgang Peglow empfahl vor dem OLG Hamm, „dass kurz nach der Druckprüfung gespült wird. Das war hier nicht der Fall. Der Zeitraum zwischen der Dichtheitskontrolle und dem Spülen beziehungsweise der Inbetriebnahme war hier sehr lang.“ Im Gegensatz dazu rät der ZVSHK gerade wegen des vorhersehbaren langen Zeitraums zwischen Druckprüfung und Inbetriebnahme davon ab, mit Wasser zu spülen oder Druck und Dichtheit zu prüfen.
Vor diesem undurchschaubaren Stand der Technik und den wenig harmonisierten Regelwerken kapitulierten wohl die Richter. Und begründeten das Urteil gegen das SHK-Unternehmen mit dem Verbraucherschutz (Schadenssumme: 110.000 Euro).
Wie spülen wir denn jetzt? Trocken oder nass? Trocken plus nass? Trocken plus wiederkehrendes Nassspülen bis Inbetriebnahme? ZVSHK und DVGW sind hier gefordert, eindeutige Regelungen herauszugeben. Ob der DVGW noch die Interessen des ganzen Wasserfachs vertritt, wird in diesem Blog-Beitrag diskutiert.
Mittwoch, 15.08.2018