Digitalisierung, einfachere Installation und ganz viel Kundennutzen – die ISH 2019 hatte ihre Trends. Vor allem aber: so geht international!
Digitalisierung, einfachere Installation und ganz viel Kundennutzen – die ISH 2019 hatte ihre Trends. Vor allem aber: so geht international!
Fünf Messetage – erstmals ohne Samstag, dafür mit einem eher beschaulich beginnenden Montag; dazu ein neues Flächen-Konzept – dank der neu errichteten Halle 12; und rund 190.000 Besucher – also nur ein klein wenig weniger als vor zwei Jahren (198.810), das war die ISH 2019. Also die Weltleitmesse der Sanitär-, Heizungs-, Lüftungs- und Klimabranche – aufs Faktische reduziert. Ganz bewusst so weit zurückgenommen, denn irgendwie hat sich in der Nachbetrachtung gerade solcher Messe-Ereignisse dieses Zahlen-Daten-Fakten-basierte Betrachten und Bewerten mittlerweile fast schon institutionalisiert.
Freimütig eingeräumt: Das geschieht nicht ganz grundlos, denn Jahr für Jahr werden beispielsweise von den Veranstaltern neue Rekordbesucherzahlen gemeldet, die so gar nicht passen wollen zum eigenen Eindruck vom Geschehen. Was in gewisser Weise in diesem Jahr auch in Frankfurt am Main der Fall war. Natürlich ist es schwierig, Hallenbelegung und Besucherdichte pro Quadratmeter zur Hauptstoßzeit objektiv mit den Ergebnissen der Vorjahre zu vergleichen, wenn die Ausstellungsfläche um 33.600 m² steigt und damit ein neues Belegungskonzept verbunden ist. „Die neue Halle 12 trägt zu einem eingängigen Geländekonzept auf der ISH bei“, hatten die Veranstalter versprochen. Das war zweifellos richtig, denn erstmals präsentierte sich die internationale Leitmesse der SHK-Branche tatsächlich als Zwei-Klassen-Gesellschaft: Diesseits der markanten Nord-Süd-Achse, gebildet durch die Emser-Brücke, präsentierten sich die schönen Bade-und Wellness-Welten inklusive der zugehörigen Technik in und hinter der Wand (oder meinethalben auch im Estrich), jenseits davon und weg von den schillernden Schönheiten des Seins, die energetische Zukunft unserer Welt. „Let´s go west“ hieß es diesmal und heißt es fürderhin auf dem Messegelände in Frankfurt am Main für alle jene, deren Interesse auf mehr Energieeffizienz und Kälte/Klima/Lüftung, Gebäudeautomation oder Abgastechnik, Wärmeverteilung oder Steuer-, Mess- und Regeltechnik liegt.
Das ist nur konsequent und macht auch Sinn, teilt aber – siehe oben – die Besucherströme augenscheinlich deutlich auf und verschiebt so den quantitativen Eindruck. Was insofern aber letztlich auch ohne Belang ist, alldieweil die Qualität der Besucher, die fachliche Tiefe der Gespräche für die mehr als 2.500 Aussteller ohnehin entscheidender ist. Und da waren alle Gesprächspartner voll des Lobes, selbst am eher besucherschwachen Montag. Vor allem jene Gesprächspartner, die für international aufgestellte Unternehmen zur ISH 2019 gekommen waren, denn der hohe Anteil ausländischer Besucher bedeutete einen Rekordwert.
Fast 48 Prozent der Gäste, also nahezu jeder zweite, kam aus China, Italien, Niederlande, Frankreich, Schweiz, Großbritannien, Polen, Belgien, Österreich oder der Tschechischen Republik – so geht international, kann man da nur sagen. Und das ist gut so, unterstreicht dieses Interesse doch zugleich eindrucksvoll den hohen Innovationsrang, der der ISH und ihren annähernd 900, also ein Drittel deutschen Ausstellern zugeordnet wird.
Womit die Steilvorlage zum zweiten Lieblingsstichwort in der Messe-Nachlese schon gegeben wäre. Was gab es denn eigentlich Neues, auf der ISH 2019? Die Frage trägt den philosophischen Kern schon in sich selbst: Was ist angesichts des mittlerweile unglaublichen Entwicklungstempos eigentlich tatsächlich neu, und was sind – nicht minder interessante und wichtige – Weiterentwicklungen? Um es vorweg zu nehmen: Letzteres war mit weitem, weitem Abstand dominierend. Was irgendwie auch wieder folgerichtig ist, da der allgemein dominierende Trend der ISH die Digitalisierung war. Und auf dem Technologiefeld hat es in den vergangenen Jahren so viele Neuentwicklungen gegeben, dass jetzt im Sinne einer automatisierten Haustechnik deren Zusammenführung zu abgestimmten Systemen dringend angesagt war. Das ist erkennbar geschehen. In der energetisch dominierten technischen Gebäudeausrüstung mit ihrer raumübergreifenden Sensorik und Aktorik genauso wie beispielsweise bei Fragen der Luftqualität (IAQ) oder dem Erhalt der Trinkwassergüte, wie die diversen digital vernetzten Trinkwasser-Management-Systeme nachdrücklich belegten.
Dort, wo vor zwei und vor vier Jahren noch lediglich Modelle, Skizzen, vor allem aber beeindruckend farbig laufende Grafiken oder (manipulierte) AR-Brillen Visionen skizzierten, herrschte diesmal gewissermaßen steckerfertiger Pragmatismus. Hier die Aufgabenstellung, dort die Installationskomponenten, dazwischen möglichst nur noch eine Funkstrecke und für den Fachhandwerker möglichst wenig Systemintegrationsaufwand – so sieht die Zukunft der durchdigitalisierten Haustechnik aus. Der Streit der konkurrierenden, nicht abgestimmten Systeme ist darüber zwar nicht weniger geworden, aber die Hersteller haben die Herausforderungen des Marktes verstanden und bemühen sich zu liefern, dann eben entsprechend systemübergreifend offen.
Die zukunftsorientierte Fachhandwerkerschaft wird das zweifellos zu honorieren wissen, konnte aber auf der ISH dazu leider nicht in repräsentativer Breite befragt werden: Gefühlt lag der Anteil der Männer (und Frauen) unter den Besuchern, die tatsächlich noch mit der Wasserpumpe am Arm arbeiten, im niedrigen zweistelligen Prozentbereich. Die Gründe dafür sind vielfältig. Die vollen Auftragsbücher spielen sicherlich eine entscheidende Rolle, der im Vergleich zu Regionalmessen (2018 in Essen: 44.000, in Nürnberg: 40.500) eher unüberschaubare Rahmen mit entsprechendem Aufwand bei der Informationsbeschaffung eine weitere. Und last, but not least: Immer mehr Hersteller nutzen die ISH auch zum Antesten von Neuentwicklungen oder zum Vorstellen von Prototypen. Das kommt bei den Handwerkern nicht besonders gut an, war immer wieder zu hören. „Wenn wir uns hier informieren, wollen wir unseren Kunden ab morgen auch etwas Neues vorstellen und einbauen können“, so ein Firmenchef, der extra aus dem niedersächsischen Hannover für einen dreitägigen (Messe)Besuch in die Stadt am Main angereist war: „Die ganzen Neuheiten, die erst ab Herbst lieferbar sind, sind deswegen für mich vollkommen uninteressant.“
Zumindest konnte aber auch dieser Kollege die ISH 2019 immerhin für eine Standortbestimmung nutzen. Wohin geht die Reise, beispielsweise im Bad? Einen Megatrend, wie die Digitalisierung in der Wärmetechnik, gibt es da zwar nicht zu vermelden. Aber problemlos ließ sich erkennen, dass es künftig wieder mehr Farbe im Bad gibt – rund um das Revival der lebensfroh harten Schwarz-Weiß-Kombination… Und Duschrinnen, Duschrinnen gibt es auch. Noch breiter oder schmaler. Noch länger oder kürzer. Noch konfektionierter oder individuell anpassbarer. Es gibt nichts mehr, was es nicht gibt – und das spiegelt letztlich auch die Realitäten auf der Baustelle wider, die immer individueller, nach Kundenwünschen immer ausdifferenzierter werden. Bis hin übrigens zu ausgesprochen interessanten Unikaten, die dank neuer Fertigungsverfahren speziell beim Guss sowie mit Additiv Manufacturing (AM) möglich sind. Bis hin zu limitierten Armaturen-Sonderserien ungewöhnlichster Formgebung, die dann für einen hohen vierstelligen Betrag über die Theke des Fachgroßhandels gehen werden.
Für die Sanitär- und Heizungstechnik übergreifend aber galt ansonsten generell: Die neuen Produkte und Systeme haben fast durchweg ein neues Maß an Installationsfreundlichkeit erreicht. Die im Kontext der Digitalisierung bereits angesprochene „steckerfertige Montage“ findet ihr gleichwertiges Gegenstück genauso in Split Mounting-Konzepten für besonders transport- und montagefreundliche Wärmepumpen und Heizkessel genauso wie in der werkstoffunabhängigen Pressverbindungstechnik für Rohrleitungsinstallationen, in Klicksystemen für Vorwandinstallationen, die früher mühsam geschraubt werden mussten oder in immer einfacher zu installierenden Brandschutzlösungen für Lüftungskanäle. Es sind nur ein paar willkürlich ausgewählte Beispiele, die Liste ließe sich nahezu endlos fortsetzen und wird auch die Berichterstattung im HeizungsJournal / SanitärJournal in den kommenden Monaten begleiten, wenn wir die Fülle an Neuheiten und Weiterentwicklungen noch im Detail und kontextbezogen vorstellen…
Eines aber darf, zur Komplettierung der Rückschau auf die ISH, an dieser Stelle jedoch trotzdem nicht fehlen – und das ist die Phrase der Weltleitmesse 2019! Es ist ein Satz, der fünf Tage lang wie ein buddhistisches Mantra über den weit- und weltläufigen Messehallen zwischen Tor- und Portalhaus, CongressCentrum und Messe-Turm hing. Ein Satz, der uns alle von der schreibenden Zunft begleitete wie der Termindruck durch die unzähligen Pressekonferenzen, die vielen Dutzend Tassen Kaffee bei den vielen besuchten Ausstellern und die ungezählten olfaktorischen Wechselbäder, die uns auf den Laufbändern der Via durch die bunte Welt der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik begleitete. Und dieser Satz lautet:
„Wir haben uns bei unserer Entwicklung vom Kundennutzen leiten lassen!“
Ein Satz, der in seinem grammatikalischen und inhaltlichen Aufbau an Klarheit kaum zu überbieten ist. Aber dafür sei, an dieser Stelle und ausdrücklich, auch einmal Danke gesagt. Im Namen der Handwerker, die die neuen Produkte einbauen müssen, und im Namen der Investoren oder Häus´lebauer, die für die neuen Produkte und Systeme häufig eine ganze Menge Geld auf den Tisch des Hauses legen…
Denn vielleicht ist es gerade dieser an fünf Messe-Tagen zur Phrase, zur Binse verkommene Satz, der den wahren Kern des Erfolgs der Weltleitmesse ISH in Frankfurt am Main ausmacht: Hier messen sich im direkten Nebeneinander mehr als 2.500 Hersteller aus aller Welt, die alle einen sehr eng umrissenen Markt bespielen, nämlich letztlich die Technische Gebäudeausrüstung plus ihre Peripherie (wie Energiegewinnung etc.). Dieser Wettbewerb, dieser Antrieb, dieser Druck, besser zu sein als der direkte Nachbar mit nahezu demselben Produkt und einem vergleichbaren System, ist die wohl beste Motivation, sich nie mit dem Erreichten zufrieden zu geben – und mit dem Kundennutzen als Maßstab einen konkreten Beitrag dazu zu leisten, die begrenzten Ressourcen Wasser, Energie und Luft zum Wohle aller noch viel bewusster zu nutzen, als dies in der Vergangenheit der Fall war…
Dienstag, 30.04.2019